Ein Theil dieses Ueberzuges, der hangen geblieben war, hatte sich wieder fest
angelegt und den Kegel B gebildet, der, genau abgeschnitten, und wie au? einer
Basis darauf haftend an den, aus seinen Hügeln hervortretenden Organen das
vollkommenste Leben zeigte. Der beschriebene Theil des Ueberzuges A, hatte
sich auf der Seite, die in der Abbildung vom Stamme bedeckt wird, ausgebreitet
und in die Höhe gezogen, um das entblöfste Skelett zu bedecken. Dafs diefs ein
neues Gebilde war, erkannte man" sowol an seiner Zartheit, die das.dunkle Skelett
durchscheinen liefs, als an der kleinen Zahl von Wärzchen für die Organe, und
an seinem wellenförmigen und geschwollenen Rande;, den der Schnitt nicht-so
hätte machen können. Auf der Vorderseite fand sich aber über diesem Stück
des Ueberzuges eine tiefe Aushölung L , die durch einen, an dieser Stelle abgelösten
Ast verursacht, und geblieben war, wie sie vorher war. Der ganze'entblöfste
Theil des Stammes von B bis L , hatte seine natürliche Farbe in ein
mattes Grün verändert, und war mit einem Samrat bedeckt, der sich, bey genauer
Betrachtung, als ein Gewebe von kleinen Sertularien von der Art derer mit nackten
Blüthen, auf Fucis und dergleichen gewöhnlich vorkommender zu erkennen gab.
Der in C anfangende Ast hatte seinen Ueherzug an dieser Stelle ungefähr um
2 Linien verlängert, und sein beschältes Ende D hatte sich wieder mit einem
Ueberzuge bedeckt, der so zart war, dafs man das dunkle Skelett darunter, liegen
sähe. An der Stelle E sähe man den Anfang einer ähnlichen Wiedereizeugung;•
nebst einigen Wärzchen, die rings um den Stamm her, aus dem Ueberzuge hervorquollen.
An den Punkten wo der Stamm grade abgeschnitten war I, I, fand
sich ebenfalls die Bekleidung von den erwähnten Sertularien. Aehnliche Erscheinungen
bemerkte man an dem linken Aste bey F ; hier war der Schnitt von F
nach S. so geführt worden , dafs ein Theil des Ueberzuges und des Skeletts
zusammen weggenommen war : der übrige Theil des Ueberzuges hatte sich vom
Skelett getrennt, welches aber ganz unverändert geblieben war. Der flache
Streifen-Ueberzug hatte sich mit seinen Rändern geschlossen, und so einen
Cylinder gebildet, vegetirte aber vollkommen, so wie auch das kleine Stückchen H
am Ende des einen Astes.
Die reproduzirten Theile des Ueberzuges waren so durchsichtig, dafs ich
sie unter das Mikroskop bringen konnte : die Längsfasern , deren ich oben
erwähnte, erschienen hier noch nicht ganz ausgebildet, und das Ganze war mit
Gruppen kleiner Kalkkörner angefüllt*).
An denen Gorgonien, deren Stamm oder Aeste wirklich verstümmelt worden
waren, bemerkte man gar nichts mehr von dieser Operation, dfenn der Ueberzug
hatte sich ausgebreitet, und die Wunden bedeckt; öffnete man letztere aber
wieder, so fand man an den Aesten auf dem Ende des Skeletts einen kleinen
Auswuchs in Form eines kegelförmigen Knöpföhens von weisser Farbe, wie man
es bey den verstümmelten Regenwürmern zu bemerken pflegt; am Stamme selbst
zeigte sich jedoch nichts dergleichen ; der junge Ueberzug gab sich überall durch
seine Durchsichtigkeit zu erkennen. — Mit gleichem Erfolge hat auch Hr. Spal-
lanzani diesen Versuch an den Aesten der Gorgonie angestellt.
Der Ausgang dieses Versuches verlangte aber nothwendig einen andern.
Wenn bey der Gorgonie der Ueberzug allein die Lebensfunktionen ausübt, und
folglich ausschliefslich im Besitz des Lebens ist, sollte er dann nicht auch ohne
das hornige Skelett existiren können ? Zu einer andern Zeit hätte mir diefs ein
metaphysisches Problem geschienen, weil ich glaubte, dafs zur Idee eines vollkommenen
Thieres, ein Beysammenseyn aller Theile erfordert würde. Wir haben
aber gesehen, dafs der Ueberzug mit dem Skelett durch ein Zellgewebe verbunden
ist, welches dem von'Gruve beschriebenen zwischen dem Holz und der Rinde
der Pflanzen befindlichen, ähnlich, auch eben so leicht zu trennen ist, wie das
an den Sträuchern im März und August. Ich nahm also im Meere selbst eine
Gorgonie, schnitt sie zu kleinen Stücken, machte einen Längsschnitt in den
Ueberzug, und rieb sie dann so zwischen den Fingern, dafs jener sich ablöste;
dann nahm ich das Stück Skelett heraus, worauf die Längsränder sich sogleich
wieder zusammenlegten. Die, auf diese Weise erhaltenen Röhrchen umwand
ich mit einem zarten-Faden, reihete sie an eine Schnur, und, ohne sie im geringsten
der .Luft ausgesetzt zu haben, befestigte ich sie so im Meere. Diefs war
am loten Junius.
Am aiten desselben Monats nahm ich die Schnur wieder aus dem Meere,
und bemerkte mit Erstaunen, dafs jene Stückchen des thierischen Ueberzuges*)
ihre natürliche Farbe durchaus nicht verändert, die Wunden gänzlich vernarbt,
und sich auf mancherley Weise gedrehet hatten. Aus ihren halbgeschlossenen
Wärzchen, sähe man die Spitzen der polypenförmigen Organe hervorragen, die
auch diesen Tag über so blieben. Die bedeutenden Affektionen, die dieser Polyp
erlitten, hatten ihm die Kräfte geraubt, welcher die Natur zu ihren nothwendigen
Verrichtungen bedarf..
Aber, was fand sich innerhalb dieses Ueberzuges ? hatte sich das hornige
Skelett schon wieder erzeugt ? Keinesweges : Die Röhrchen waren zwar solide
geworden und hatten sich ausgefüllt, aber noch unterschied man nichts von dem
Skelett, was sich hier wieder erzeugte.
Die Auflösung dieser Probleme gab indessen Gelegenheit zu neuen : Was
würde wohl geschehen seyn, Wenn ich den Ueberzug nicht der Länge nach aufgeschlitzt,
sondern nach zweyen Zirkelschnitten vom Skelett abgezogen hätte?
Sollte die Heilung vielleicht schneller von statten gegangen seyn? oder, wenn
man anstatt des Skeletts ein rundes Hölzchen hinein gesteckt hätte? oder endlich,
wenn man den Ueberzug umgekehrt, auf einem solchen Hölzchen ausgespannt,
und dann fest gebunden hätte? Wenn ich diese Fragen auch nicht alle beantwortet
habe, so glaube ich doch so viel ausgemacht zu haben, dafs man aue
diesem auf das Uebrige mit Gewifsheit schliefsen kann.