Willens, nicht der Materie. Zum Beweise ‘dieser Wahrheit sey es mir erlaubt
zwey Thatsachen anzuführen, die genau mit unsrer jetzigen Betrachtung Zusammenhängen.
Ich will nämlich zwey Seeprodukte beschreiben, die man bis jetzt
immer für Thiere hielt, da sie doch wahre Pflanzen sind: das Auran'tium mari-.
num viride und die Yermilaria retusa des Imperato; dann werde ich noch einiges,
über die Spongien hinzufügen, durch deren Beobachtung ein neuerer Naturforscher
sich zum Vegetabilismus gewandt hat.
Sehr häufig findet sich an den Klippen der Gajola und von Nisita ein Produkt,
welches unsre Fischer M e e r -B a l l (palla, marina) nennen, und was im Winter
oft an den Strand geworfen wird. Linne' und Pallas hielt es für ein Älcyoniüm,
und gaben ihm, von seiner Gestalt den Namen : bursa; Marsilli bildete es ab.
Als ein runder., zusammengedrückter Beutel von dunkelgrüner Farbe, wächst es
in kleinen Gruppen an den Felsen, an die es, wie alle-Seegewächse, mittelst einer
ausgebreiteten Basis, angeheftet ist. Nimmt man diese S e e -P om e ran z e (ein
von Imperato eingeführter Name) aus dem Meere, und legt sie in einen Napf mit
Wasser, so findet man ihre ganze Oberfläche mit erhabenen Körnchen besäet, fast
nach Art des Plüsch’s; ausser diesem körnigen Wesen bemerkt man aher noch
einen äufserst feinen -Flaum von grüner Farbe, womit die Oberfläche ebenfalls
bedeckt ist, und der sich, wenn man die Pomeranze aus dem Wasser nimmt
in Flocken auf ihr anlegt. Schneidet man sie durch, so sieht,man zwey hole
Halbkugeln, deren äusserer Umfang aus einer, etwa'einer Linie starken Haut
bestehet; ihr ganzer übriger Inhalt ist mit einer doppelten Reihe von Fäden
durchzogen, zwischen denen sich eine Menge Wassers befindet; beyde ziehen
sich sogleich mit Ungestümm zusammen, so dafs sich aus jeder von ihnen eine
Art von Düte oder Patrone bildet. Diese Erscheinung machte nun, dafs Imperato
jene Bewegung für willkührlich haltend, der Pomeranze einen Platz unter den
Thieren anwiefs1), und dafs Pallas sie, als er sie im Jahre 1762, am Strande von
Sussex, lebendig beobachtete, zu den Alcyonien rechnete, indem er jene Körner
auf der Oberfläche für die Köpfe der polypenförmigen Organe, und den Pflaum
für ihre Tentakeln nahm; in der That konnte ich mich, als ich diefs las;, kaum
überzeugen, dafs ein Naturforscher wie Pallas im achtzehnten Jahrhundert noch
so irrige Meinungen haben sollte, als Imperato in seinen Zeiten; zumal da der
häutige und bauchige Bau dieses Erzeugnisses so offenbar auf seine vegetabilische
Natur hinführt.
Bey besondrer Untersuchung der Theile dieser Pomeranze, findet man sie,
nach Art andrer Wasserpflanzen, blos häutig, nicht aber weich und glutinös,, wie
die der Polypen. Die kugliche Rinde besteht aus unendlich vielen kleinen, dicht
nebeneinander liegenden Röhren, deren jede an der äusäern Seite mit zwey Fäden
1) Die grüne Meerpomeranze ist von der runden Gestalt einer macht man aber eine Oeffnung in ihren Körper, so- rollt sie sicghew vöohnn lnicehueenm Pzoumsaemramnezne,, ltihnide rivscehreeinn iTgth esiilce.h , Hailsst . wNenatn. psi.e 7G50ef,ühl und, Zusammenziehungs-Kraft hesälse , wie die
an der einen ebenfalls mit einigen feinen Fortsätzen versehen is t* ); jene bilden
den Flaum auf der Oberfläplie,, diese durchziehen die Hole der Kugel selbst.
Unter dem Mikroskop stellen sich seine Röhren als Cylinder dar, die, an dem
Ende abgerundet, ein wenig unterhalb desselben in zwey dünne, lange, nach
oben gebogene Röhrchen auslaufen; das Ende des Cylinders und die Röhrchen
sind beynahe vollkommen durchsichtig, aber von einer grünen äusserst fern körnigen
Materie, die, gleichsam Saamen darstellend, im Innern der kleinen Röhren,
in besondre Gruppen geordnet, und sö fein, wie der Saamen der Lycoperden ist.
Die gröfsern Cylinder schicken von ihrer Basis noch zwey oder drey andre Röhren
aus, die, wieder in die Basis andrer solcher Cylinder verlaufend, jene so zu einer
festen kuglichen Rinde verbinden, überdiefs aber noch mehrere Aeste in die Hole
der Kugel ausschicken, welche wieder mit den, von den gegenseitigen Cylmdern
Ausveschickten Zusammentreffen und ebenfalls Saamen, in Gestalt zusammenge-
häüfter Körner enthalten. Hieraus geh “ ervor: dafs sowol die grofsen Cylinder,
welche die kugliche Rinde bilden , als die von ihnen nach aussen zur Darstellung
des Flaums ausgescliickten Röhrchen, und die innern, verbindenden Wurzeln,
sämmtlich Saamenbehälter sind. Ausser den beschriebenen wurzelartigen Fäden,
die das Innere durchkreutzen, findet man hier nun noch eine unzählige Menge
der feinsten Fäsern, die von Einem Punkte des innern Umfangs zum andern
laufen, und deren so viele sind, dafs sie die ganze Hole erfüllen. Sie sind übrigens
so fein, dafs sie durch die Linse No. 64. nur wie Haare erscheinen, und so
elastisch, dafs sie es sind, welche die schnelle Zusammenziehung des durchge-
schnittenen Gewächses bewirken, indem dann, das, in einer vollkommenen Kugel,
unter ihnen statt findende Gleichgewicht aufgehoben wird. Die See-Pomeranze
gehört also zu einem neuen, noch zu errichtenden Pflanzengeschlecht, welche»
viel Uebereinstimmendes mit den Lykoperden des festen Landes hat.
Als eine andre Art dieses Geschlechtes ist ein Seeprodukt zu betrachten, das,
allen andern Naturforschern unbekannt, blos von Imperato unter dem Namen
Vermifäria retusa beschrieben, und unsern Fischern unter dem Namen Meer-
N u d e l (maccheroni di niare) bekannt ist. Es wächst sehr häufig auf den Klippen
von Nisita, und kommt besonders in vielen Gruppen an dem Felsen vor der
Mündung der Grotte des Lazareths vor. Von einem gemeinschaftlichen Grunde
erheben sich viele Stämme, (die sich in cylindrische Aeste zertheilen, welche am
obern Ende abgerundet, und so dicht zusammengedrängt sind, dafs die ganze
Gruppe oben Eine Fläche bilde't. Auch diese Pflanze ist, wie die See-Pomeranze,
von dunkelgrüner Farbe, auch erblickt man auf ihr einen eben solchen Flaum,
wie auf dieser. Schneidet man die Aeste ab', und trennt sie in ihre Theile, so
findet man, dafs die ganze Masse der Stämme aus Cylindern besteht, die denen
der Pomeranze1 ganz ähnlich, eben solche Wurzeln ausschicken; auch verbinden
sich diese Wurzeln eben so mit einander, legen sich an die Grundflächen andrer
Cylinder an, und bilden so die Axe des Stammes, so wie sie dort den Inhalt der
#) Tab. IX. Fig. i7> q s