- Wahrscheinlich sind die Infusionstierchen, die im Meerwasser sowohl, all
im süfsen stehenden, wenn gleich nicht in solcher Manniclifaltiglceit Vorkommen,
die Nahrung der Sertularien, in deren Nähe sie sich besonders gern aufzuhalten
scheinen. Sehr schön sieht man diefs an den, mit Kelchen versehenen
Sertularien, 'wenn man das von ihnen verschluckte Wasser , was in den Kelchen
lange aufbewahrt wird, unter das Mikroskop bringt- Hier erblickt man eine
Menge jener Wesen darin umherwimmeln, wie ich an seinem Ort weiter zeigen
werde. Andre Insekten, wenn gleich klein genug, tscheipen ihnen nicht zur
Speise zu dienen: wenigstens sähe ich oft-einen, von M ü lle r zu dem Genrifs
C y th e re gerechneten Monokulus nicht allein ungestraft zwischen den Organen
umherwimmeln, sondern auch längs den Tentackeln hinschlüpfen, an denen er,
wenn er sie verliefs, durch etwas klebrigen Schleim zurückgehalten zu werden
schien. ' . ,;£
Von diesen Versuchen geleitet, stellte ich mehrere an : Ich brachte einen
kleinen Ast der Sertularie in einem concaven GJase mit Wasser unter das Mikro-
skop, wo ich denn bald sähe, wie der Körper der Organe sich verkürzte, zusam-
menzog, und indem er den Mund öffnete, einen Schleim ausspie, der eine unendliche
Menge gestaltloser Stückchen, wahrscheinlich die zerdrückten Speisen, enthielt.
Als ich darauf mit einer Lanzette den Bauch aufschnitt, zog sich zwar
seine Haut zusammen , allein diefs verhinderte mich doch nicht, denselben
Schleim mit eben solchen Stückchen darin zu entdecken.^ und hervorzuziehen.
Ich habe indessen noch nichts über die Sensilität, und den genauem Bau
dieser Organe gesagt. , In der That sind sie weit weniger fühlend, als man glauben
sollte. Die Organe der Gorgonie und zumal der Millepore übertreffen sie
hierin bey weitem, und es scheint, dafs sie in dieser Hinsicht den Thieren der
Madreporen näher kommen. Wenn man sie reizt, so ziehen sie sich zwar zusammen,
und kriechen in sich selbst zurück, aber nicht mit jener Schnelligkeit und
Kraft, und es scheint dafs die Natur sie deswegen so eingerichtet hat, weil sie
keine Schaale oder Zelle haben, in der sie sich verbergen könnten ;idenn alle
Organe die 'mit dergleichen .Behältnissen versehen sind, besitzen auch einen weit
höhern Grad von Sensilität.
Was den innern Bau dieser Organe betrifft, so scheint es sich mit ihnen eben
so zu verhalten, wie mit den Würmern überhaupt : sie bestehen aus einem einfachen,
durchsichtigen und muskulösen Gewebe, was indessen sehr dünn: ist.
Auch die Tentacken-erscheinen, durch das Mikroskop betrachtet, von ähnlicher
Struktur, und man bemerkt ausserdem an ihnen nur jene Einschnitte, und ein
eignes körniges Wesen auf der Oberfläche. Weil man letzteres auch am Sumpfpolypen
gefunden hat, so meinte jemand, jedes Korn sey vielleicht ein Thier,
der Polyp aber nur ein Aggregat einzelner Thiere, so dafs also die Reproduktion
nur von dem Leben dieser Thiere abhange.
Betrachtet man den Stamm und die Aeste unsrer Sertularie unter dem
Mikroskop, so sieht man, wegen ihrer Durchsichtigkeit, besonders an den
zarten, weifsen Extremitäten, das Maul, wie in einem hörnernen Bchältnifs
eingeschlossen; doch erscheint es nicht, wie bey den kleinern, fast vollkommen
durchsichtigen, Sertularien körnig, obwol es, nach den Beobachtungen an dem
Sumpfpolypen und den Gattungsverwandten, gewifs von solcher Beschaffenheit ist.
Gegen Ende des Junius, und während des ganzen Julius ist die Fortpflnn-
aungszeit dieser Sertularie. Die Eyer entstehen in einem Sacke*), der mit einem
kurzen Stiele, unterhalb des Körpers der Organe, an dem Diskus, von dem die
Tentakeln ausgehen, ansitzt. An jedem Organe entstehen ein oder zwey solcher
Säcke, die bisweilen zu gleicher Zeit reif werden ; öfter aber entsteht der Eine
erst während der andre schon reift. Ein solches Ovarium ist von elliptischer
Form, an der Basis breiter, als an der Spitze, und durch 4 ziemlich erhabene
Rippen in eben so viel Ebenen oder Flächen getheilt; von dem Stiele ausgegangen,
erstrecken sich diese Rippen bis zur Spitze, wo sie aufhören, sich zu runden,
und in der Mitte eine nabelähnliche Vertiefung, wie man sie von den
Quitten bemerkt, bilden. Im Anfänge sind diese Ovarien von blafsblauer Farbe,
die sich aber, bey herannahender Reife in ein blasses Rosenroth verwandelt; die
Rippen aber zeigen in ihrem Innern einen unterbrochenen dunkelfarbigen oder
röthlichen Streifen, und wenn das Ovarium sich seiner Reife nähert, so gehen
von ihnen einige unregelmäfsige Linien aus, welche die Sprünge anzugreifen
scheinen', die durch die Vergröfserung der enthaltenen Eyer entstehen sollen.
Ueberdiefs pflegt das Ovarium um diese Zeit höckerig und knotig zu werden,
je nachdem sich die Eyer unter der weichen umgebenden Haut aüsdehnen, und
alsdann fängt am obern Ende die Spitze einer schwarzen Säule an hervorzusprossen,
welche ich sogleich näher beschreiben werde.
Als ich ein solches Ovarium in dieser Zeit unter dem Mikroskope mittelst
der Lanzette, einschnitt, quoll zuerst ein Haufen blafsrother, aneinander gedrückter
Eyer, c, c, c,**), hervor, und als ich dieselben beyseite geschafft hatte, erschien
ein langer Schwarzer Körper b, der für die an ihn angereiheten Eyer das Geschäft
des Mutterkuchens vertritt, wie das Säulchen (columella) in den Kapseln der Landpflanzen.
Bey genauerer Betrachtung fand ich diese Säule unten dick, oben
zusammengedrückt, und also spindelförmig, übrigens aber, da die Eyer nur an
ihr eingedrückt liegen, glatt und von weicher, elastischer Beschaffenheit, wie
eine, mit halbflüfsiger Materie angefüllte Blase. Am Boden des Ovariums ist sie
angewachsen, und oben kommt sie durch die Oeffnung hervor, durch welche
die Eyer herausgehen sollen. Als ich sie mit der Spitze der Lanzette einrifs,
quoll eine mehr teigige als flüfsige Masse hervor.
Die Eyer sind nun, Eins dicht an dem andern, um diese Säule her ange-
jreiht, ausgenommen an ihrer Basis, wo sie durch das Ovarium durchscheint;
übrigens sind sie von ziemlich ovaler Form, aber oft höckrig, und machen wegen
ihrer rosenrothen Farbe einen artigen Abstich mit der schwarzen Säule. Als
weiche Blasen, voll Flüssigkeit erscheinend, nehmen sie wahrscheinlich durch
W FiS- 4- **; Fig- 5.