Arten von Polypen1 i) **) sowol als auch unsrer Gorgonie einen gelegenen Wohnplata
darbietet; letztere wächst sehr häufig in dieser Grotte, und zwar in so geringer
TiefO unter dem Wasser, dafs man sie aus dem Kahne mit der Hand, oder dem
Haken womit man die Austern losmacht, sehr bequem ergreifen kann. Doch
erhebt sie sich hier nicht zu der Gröfse.*- die sie sonst wohl auf dem Meeresgründe
erlangt;,sey es nun, dafs es die Lage des Ortes so mit sich bringt, oder dafs der
beständige Verkehr von Kähnen und Tauchern sie nicht so grofs werden lä&t.
Hatte ich nun in dieser Grotte eine Gorgonie, ohne sie zu verletzen, bekommen,
(was am besten geschieht, wenn man den oberwähnten Haken, oder den
Meissei, dessen die Taucher sich zum Ablösen der Austern bedienen, unter ihrer
Basis ansetzt,) so brachte ich sie, ohne sie aus dem Meere zu nehmen , in ein
Gefäfs von weifsem Glase, mit weiter Mündung5), welches jemand aus dem
Kahne unter das Wasser hielt, nahm dann das Gefäfs heraus, und hatte so die
Gorgonie, ohne dafs sie im Geringsten aus ihrem Elemente gekommen zu seyn
schien.
Ehe ich mich aber auf die Beschreibung der einzelnen Phänomene einlasse,
die sich nun dem Beobachter darbieten, werde ich die Gestalt, und die Lage dieser
Gorgonie im Meere angeben. Sie erhebt sich immer perpendikulär auf dem
Boden, auf dem sie wächst, so dafs sie auf dem Meeresgründe wirklich perpendikulär,
auf den senkrechten Wänden der Grotten aber horizontal steht. Wie
alle Meerpolypen wächst sie, ohne Unterschied, auf jedem Körper; nicht allein.
l) Alle Meerpolypen wohnen gern an Orten, wohin nic^t geradezu die Sonnenstrahlen gelangen
können: Eine gewifse Tiefe im Meere, die Wände der Holen in den Klippen, die
Nordseiten der im Meere befindlichen Felsen, und vorzüglich die Grotten die von Norden
nach Süden gehen, und folglich von der aufgehenden Sonne nicht beschienen werden,
sind die gelegensten Wohnungen der Polypen. In der That scheint diefs'.ihrem zarten
weichen Bau angemessen , der von überflüssiger Wärme, oder auch schon von dem Einflüsse
der blofsen Sonnenstrahlen leicht angegriffen werden könnte. Das Gegentheil trift
sich aber beym Sumpfpolypen j der das unmittelbare Licht so sehr liebt, dafs er in den
Gräben, oder in Gefäfsen, worin man ihn aufbewahrt, lange Wege zurücklegt, um an
hellere Orte zu kommen: Allein dieser Polyp ist auch von einem weit härtern Bau als
alle seine Gattungsverwandten, wie dies schon aus seiner Gefräfsigkeit, seiner Fruchtbarkeit,
und seinem Reproduktionsvermögen hervorgeht; .und da ausserdem die kleinen
Wasserinsekten seine Nahrung äiusmachen « und diese sich besonders an den erleuchteten
Stellen aufhalten, so ist er schon durch den Hunger gezwungen, sich auch dahin zu
begehen. Unter den Holen unsers Kessels, sind besonders 2 so fruchtbar an Polypen, dafs
ich sie Schatzgruben nennen möchte , die das Auge des Forschers noch nicht entdeckte ;
die eine ist die angeführte Grotte des Lazareths bey Nisita, die andre, die ebenfalls 2
Mündungen h a t , befindet 8ich am linken Arme des Mare morto bey Miseno ; ferner
gehören auch hieher die vielen Grotten an der Klippe, die als Vorgebürge vor Alters
einen Tempel der Venus trug, und von Statins E u p lo e a genannt, jetzt la Jo la .h e if s t ;
so auch die Holen um Capo di Miseno, und auf der benachbarten Insel Procida, und
endlich die unter den Felsen von ^Vico equense und Sorrento,
Solcher Gefäfse, die die Franzosen poudriers nennen, habe ich jjnmer 4 bn Kahne mit
mir geführt, indem ich sie in eine Art von Flaschenfutter setzte.
wie meistens in unserm Kessel, auf Tufsteinklippen *) sondern auch auf dem
Kalkfelsen, womit der Appenin, der Isola di Capri gegenüber, sich endigt, und
auf den Schalen von allerley Muscheln, wie die Tab. I. Fig. I. abgebildete. Auf
die Art mancher Pflanzen und andrer Meerpolypen, heftet sich unsre Gorgonie
mit einer ausgebreiteten Basis auf den verschiedenen Körpern an, erhebt sich
dann zu einem Stamm, und fängt dann erst kleinere und endlich gröfsere Aeste
an auszubreiten. Diese treiben dann wieder andere, und so entsteht eine Pflanze,
die weil alle ihre Aeste in Einer Fläche liegen, von unsern Fischern Me erp
a lm e (palma marlna)-genannt wird. Die bedeutendste Höhe, die sie zu erreichen
pflegt, ist von zwey bis drittehalb Fufs.
Betrachtet man unsre Gorgonie, in der benannten Grotte, bey ganz ruhigem
Meere, und nachdem man die Oberfläche durch ausgegossenes Oel glatt gemacht
hat, aus dem Kahne, so erscheint sie von einer lebhaften Fleischfarbe, und auf
ihrer ganzen Oberfläche mit kleinen Warzen bedeckt} so viel man sie aber auch
änsieht, kann man weiter nichts daran bemerken. Hat man sie aber auf die angeführte
Weise in ein Glas gebracht, so wird, nachdem das Wasser darin ganz
beruhigt ist, sich das angenehmste Schauspiel dem Auge zeigen , was man nur
sehen kann Aus jenen kleinen Hügeln, mit denen die Oberfläche dieses Zoo-
phyten bedeckt ist, sieht man nämlich eben so viel thierartige Flocken, von durchscheinender
weisser Farbe, mit zerstreuten rothen Punkten geziert, erscheinen.
Diese Organe treten jedes aus der gezähnten Oeffnung -an der Spitze eines jener
Hügel, und sind beynahe von der Gestalt unsres Sumpfpolypen*). Ihr cylindri-
scher Körper trägt um sein Ende 8 ITühlfäden, die in einer senkrechten Kichtung
von der Axe des Cylinders sich ausbreitend, eine breite Krone bilden, und von
der Basis nach der Spitze hin düpner werdend mit kleinen Zähnen verseilen
sind**). Im Mittelpunkte des Endes, wo diese Fäden Zusammenkommen, sieht
man einen dunkeln Körper, der die Idee einer Mundöffnung einflöfst***). Dies
polypenartige Organ windet und krümmt bald die Fühlfäden, bald den Körper,
jetzt bläfst es. sich auf, und dann.dehnt es sich wieder in die Länge. Stöfst,
oder berührt man mit einer Nadel eines dieser Organe ganz leicht, so wird man
sehen, wie es sich sogleich zusammen wickelt, in den Hügel zurückzieht, und
wie dieser durch eine schnelle Schliefsung seiner Oeffnung es verbirgt. Der
Hügel aber ist nur' die Bedeckung der Gorgonie , und so eröffnet sich dem Beobachter
das erste Mpment zur Kenntnifs dieses Pflanzenthiers : die P o ly p e n ,
w e lch e aus der G o rg o n ie h e r v o r t r e t e n , s in d h ie r n ich t s e lb s t s t ä n dig
e T h ie r e , so n d e rn Organe e ines g ro fs e n G an z en , das w ir u n te r
dem Namen G o rg o n ie kenn en.
i ) T u f, (tufa) nennt man in Neapel eine Mischung von Asche und Bimsstein, die von den,
Vulkanen ausgoworfen, sich zu der Consistenz eines leichten und schwachen Gesteins verbunden
haben. Man gebraucht diesen Tuf in Neapel als Baustein, und nicht allein hier,
sondern in der ganzen Campagna felice besteht das Pflaster aus ihm.
A 2