rat sehr übel zu, sondern verwüsteten auch die Sertularien selbst so, dafs nichts
andres als die Stämme und einige Rudera von den Aesten übrig blieben. Dieser
Zufall vernichtete nicht allein meine Hoffnung auf den Ausgang dieses Experiments,
sondern nahm mir auch für dieses Jahr die Gelegenheit, es noch einmal )
anzustellen. Ich mufs also meine Leser bitten, sich fiir jetzt an dem genügen
zu lassen, wasicli über diese Verhältnifse bey der folgenden Sertularie sa"en
•werde, im übrigen aber seine Wifsbegier aufs 'nächste Jahr zu versparen. ° .
Alle Sertularien also, mögen sie aus diesjährigen Eyern, oder aus -alten
Wurzeln entstanden seyn, verlieren, sobald die Herbststürme eintrelen, wenn
diese nur leicht sind, wenigstens ihre ganzen Bhithen. Sind sie aber heftiger,
so werden Aeste und Stämme, bis auf die Wurzeln hinab zerbrochen und verwüstet,
und zwar bey dieser weit mehr als bey ihren Gattungsverwandten, die,
wegen der gröfsern Beugsamkeit ihrer hornigen Hülle, dem An dran ge der bewegten
Wasser eher nachgeben können , ohne zu zerbrechen. Während des Winters
besteht also unsre Sertularie in den blofsen Wurzeln ; und da dieser Theil nicht
allein keine zur Annahme von Speisen geschickte Organe hat, sondern überdiefs
auch noch von der hornigen Haut umgeben wird, so ist leicht einzusehen dafs
das Thier m dieser Zeit entweder gar keine Speise, oder doch höchstens nur
Seewasser zu sich nehmen kann. Trembley bemerkte auch von seinem Polypen,
dafs dieser den Winter über so betäubt und unthätig war, dafs er die Speise
aus den Armen fallen liefs, statt daft er im Sommer bisweilen auf Einmal 1 o—
12 Wasserflöhe und 2 — 3 Tausendfüfse Verschluckte, die er dann im Zeiträume
von 12 Stunden verdauete. Was aber diesem Polypen im Winter natürlich war
das konnte Trembley auch im Sommer an dem Seinigen erzwingen, indem er ihn
4 Monate fasten lieft. In der That ist dieses Fasten der Polypen während des
■ ganzen Winters sehr leicht zu erklären: denn wenn wir fast in jeder Thierklasse
selbst bey dem zusammengesetztesten Organismus dergleichen Erscheinungen
von Winterschlaf finden, und diese großenteils aus einer langsamemCirkulatTon
und Respiration, und aus einer verminderten Irritabilität erklärt werden- so
müssen ja diese Funktionen bey den Polypen, wo sie an sich weit schwächer
und weniger wichtig sind, bey weitem eher auf einige Zeit aussetzen können
ohne doch eine Unordnung oder Zerstörung des Organismus selbst nach sich'zn
ziehen.
Kaum aber tritt gegen Ende des Frühjahrs wieder die warme Witterung
des May und Junius ein, so treibt unsre Sertularie, aus den alten an Klippen
oder Seeeicheln haftenden Wurzelstämmen ihre zarten weissen iPflänzchen
hervor. Diese erscheinen jetzt als Röhren, welche, von eben Uem Diameter
als, die erwachsenen Stämme, in ihrer ganzen Länge geringelt sind, und in
denen das tie.er stehende Mark von der hornigen Haut mit in die Höhe vezo^en
* lr„ % hieraus scheint mir hinlänglich hervorzugehen, daft man die hornig
Hülle der Sertularie, als einen organischen Theil betrachten muft, der, wie die
0 Fig. 1. a. a
Klaget und Hörner der Thiere durch eigne Ernährung wächst. Berührt man aber
diese zarten Röhren, so zeigt sich das an der Spitze in ein Wärzchen verlängerte,
und die Seitenwände des Tubus a, a, nicht erreichende Mark., dennoch
empfindlich für diesen Reitz, und die Sertularie ist also selbst so weit sie von
dem fühllosen hornigen Ueberzuge bedeckt wird , nicht ganz unempfindlich.
Das Mark fährt indessen fort zu wachsen, und dringt bald in Gestalt eines
Knöpfchens über die Röhre hervor, deren oberer Rand diesem zur Unterlage dient.
Endlich entsteht dann aus diesem Knöpfchen ein vollkommenes Organ b, das
sich ganz auf der Mündung der Röhre ausbreitet, sich dann verlängert, und um
welches her zuletzt neue Knöpfchen entstehen, um sie zu ähnlichen Organen zu
entwickeln.
Wenn dieses Knöpfchen zuerst entstehet, sey es nun an der Spitze oder den
Seiten, so erscheint es allezeit als ein Kügelchen*), in welchem man einen grofsen
dunkeln, mit dem Marke zusammenhängenden Kern erblickt; nach einiger Zeit
nimmt jenes Kügelchen eine kegelförmige Gestalt an, und bekommt endlich eine
Art von Krone. So lange es indessen noch rund ist, sieht man deutlich, daft
es nichts ist, als das tbierische Mark, welches die hornige Hülle, durch Druck
und Andrang erweiterte, und, weil es sich auch hier eingeengt fühlt, eine ländliche
und dann kugliche Gestalt annimmt. So drückt es immer fort auf die äussere
Haut, diese giebt immer mehr nach, der ganze Körper schwillt mehr an
und bekommt endlich auf der Oberfläche eine Menge, dunkler Flecken, wie man
sie an dem bauchigen Körper des vollkommenen Organes findet.
Hat dieser Knopf sich .nun der kegelförmigen Gestalt genähert, so bildet
sich an seinem untern Theile ein Ring**), der allmälig Zähne bekommt, und
sich in der Folge zu der untern Tentakelnkrone entwickelt; der vordere Theil
aber verwandelt sich in den Körper des Organs, und bekommt bald eine zweyte
Krone, die-sich zu den kurzen mit Knöpfchen versehenen Fühlern gestaltet. Auf
der 5ten Kupfertafel habe ich ,an der dritten Figur aufser zweyen Knöpfchen in
Verschiedenen Zuständen, auch die Rudimente zweyer ganz jungen Spröfslim-e
g, g, \abgebildet. — Die Pflanzen verlängern sich mittelst einer Knospe an der
Spitze des Zweiges, so dafs also eine neue Spitze auf die vorige zu stehen
kommt. Aber bey den Sertularien findet diese Reduktion des äuftersten Theiles
zu einem mittlern nicht statt, sondern der mittlere Theil verlängert sieh, und
drängt den äufsern vor sich her^ so wie das Wachsthum der Thiere, in der angemessenen
Vergröfserung eines jeden Theiles nach allen 3 Dimensionen besteht.
Der Stiel des letzten Organs verlängert sich, und es bildet sich an ihm ein
Schöfsling, der sich bald in eine Blüthe verwandelt; zwischen dieser und dem
Endorgane verlängert sich wiederum der Stiel, es sprofst wieder ein neues Organ
hervor, und so fort. Sowdl an den Aesten als am Stäriime findet dieser Prozefs
beständig statt, und wenn die erstem-schon vollendet sind, so verlängert sich