die Spitze immer noch, und bekommt neue Schöfslinge*), so lange es das vor-
geschriebene Wachsthum der Sertularie erlaubt.
So wie aber aus jenen alten Wurzeln immer neue Stämme hervorschiefsen,
so keimen auch beständig mehr Wurzeln hervor, die ebenfalls als Knöpfe**) entstehend,
sich auf der Klippe ausbreiten, und so fest daran haften, als wenn sie
angeleimt wären. Wahrscheinlich geschieht diefs durch eine, in ihnen, selbst abgeschiedene
klebrige Feuchtigkeit, die der ähnlich . seyn mag, wodurch sich die
Fuci an die Klippen anhängen. . Mit dem Wachsthum der Wurzeln verhält es sich
übrigens auf ähnliche Weise wie mit dem der Stämme selbst. Die hornige Röhre
breitet sich zuerst aus, und mit ihr das Mark, welches indefs, wenigstens zum
Theil, nicht mit der Röhre selbst verwachsen ist, so dafs, es sich also, gereizt,
zurückziehen kann. In Figur 6. habe ich ein solches Ende einer neuen Wurzel-
vorgestellt, aus welchem,- wenn ich es mit einer Nadel drückte, das abgelöfste
Mark hervorquoll, ohne dafs die Röhre selbst verletzt war.
So haben wir also, aus mehrere Jahre hindurch fortgesetzten, Beobachtungen
ersehen, dafs die Sertularie allezeit, genau auf der vorigen Stelle der Klippe
wieder entsteht; sie ist also perennirend, oder ihr Leben dauert wenigstens eine
beträchtliche Reihe von Jahren hindurch In Wahrheit kann man aber von einem
•Thiere, welches den ganzen Winter hindurch in einer Art von Erstarrung liegt,
gewifs nicht sagen, dafs es das ganze Jahr lebe; die Einfachheit seiner Theile
übrigens verhindert, dafs nicht so leicht Mifsverhältnifse in denselben entstehen.
'Unsre Sertularien unterscheiden sich also auch in dieser Hinsicht von den Pflanzenarten,
deren einige durch Saamen, andre durch fortkriechende und sprossende
Wurzeln, noch andre durch das Perenniren der letztem, oder durch Knospen sich
fortpflanzen; indem sie sowol durch die Lebenskraft der Wurzeln, als durch
Saamen ihre Art erhalten können, da doch die Pflanzen, deren Wurzeln ausdauern
gewöhnlich die Saamen nicht zur Vollkommenheit bringen. Ob nun aber an drr
Sertularie immer die eigentlichen alten Stammwurzeln, oder blofs die im. letzten
Jahre entstandenen, neue''Schöfslinge treiben, das kann ieh , nicht ausmachen;
gewifs ist es, dafs dieselbe Sertularie, diese ganze Zeit hindurch ihre individuelle
Existenz behaupte, und wenn ich nach der Wahrscheinlichkeit gehen
darf, so möchte ich glauben, dafs sowol die alten, -mehrjährigen, als die neuen
und erst im letzten Jahre entstandenen , zur Hervorbringung neuer Schöfslinge
beytragen. In diesem Sinne verstehe ich den Ausdruck, animalia viväcissima
welchen Linne' von den Würmern gebraucht. — Und diese Wurzel -ist also in
nichts von den Stämmen, oder diese von jener verschieden, da sich doch wechselseitig
das Eine in das Andre verwandelt ? Die Frage schien interessant genu"
und sowol für die innere Struktur des Polypen, als auch für seinen Bezug zu
den Pflanzen höchst wichtig.
Am gten Junius löfste ich unsre Sertularie mit den Wurzeln von ihrer Klippe
ab, setzte sie in einen Napf mit Wasser , und fieng nun an sie zu verstümmeln,
' ) Fig. s. *. **) Fig. i. h, h.
indem ich zuerst durch einen starken Druck alle Organe beschädigte, und dann
mit einer Scheere die Aeste und die Spitze des Stammes abschnitt; aus diesen
einzelnen Stücken und der Wurzel machte ich dann ein Bündel, umschlang dieses
mit einer Schnur, und liefs es, nebst einem Stück Bley in der Grotte der Gajola
ins Meer hinab. Am rüten Junius sah ich darnach. Die zerschnittenen Aeste hatten
auf das Bewunderswürdigste getrieben, und ihre Aeste mehr oder weniger
verlängert, so dafs manche 3 Linien lang, und mit vollkommen entwickelten
Organen besetzt waren; ein besonders auffallender Umstand aber war der, dafs
zwey, aus Einem Punkte entsprungene Aeste, sich am Ende vereinigt hatten,
nur Ein Organ zu tragen ; was wohl blos durch eine Impfung hatte geschehen
können. Die neu entstandenen Organe hatten also in 8 Tagen durchaus ihre
Vollkommenheit in so fern erreicht, dafs sie alle Funktionen gehörig verrichten
konnten. Was die Wurzel, als den entgegengesetzten Theil betrifft, so hatte
sich diese etwas verlängert, und war an dem Ende ein w-enig dicker geworden
wié es zu geschehen pflegt, wenn sie sich an die Klippen angeklammert, ausbreitet;
überdiefs aber waren an mehreren Stellen solche Röhren hervorgeschossen,
wie sich dann zu bilden pflegen, wenn neue Aeste aus, der Wurzel empor-
spriefsen sollen. Diefs machte mich geneigt zu glauben , die Sertularie könne
im freyen Zustande auf beyden Seiten zur Bliithe gelangen, was mich denn
sogleich bewog, den Versuch, und zwar auf längere Zeit zu wiederholen.
Ich hieng also am i7ten Junius in derselben Grotte eine eben so behandelte
Sertularie an, und untersuchte sie nicht eher als aTn ersten Julius. Sie hatte ihre
Aeste verlängert, und man bemerkte auf manchen von diesen 2, auf andern 3
Blüthen; die Spitze hatte ungefähr um eine Linie zugenommen, erschien, so wie
die neu erzeugten Aeste von weifser Farbe, und trug auf ihrer Spitze ein ähnliches
polypenförmiges Organ. Die Wurzel hatte sich um gute 3 Linien verlängert,
und dieser Theil war vollkommen weifs, ganz mit Ringen besetzt, und
auf der Spitze mit einem Organ versehen, was von denen am entgegengesetzten
Theil in nichts sich unterschied ; auch hatte sich zur Seite desselben noch ein
solches entwickelt, zwischen welchem, und dem am Ende das Rudiment eines
dritten erschien. Dafs diefs aber wirklich die Wurzel war, erkannte man deutlich
an ihrer, dem Stamme, und der, nach demselben geneigten Aesten, entgegengesetzten
Richtung. Alle Sertularien, an denen ich diesen Versuch machte, schossen
auf dieselbe Weise ihre neuen Aeste hervor; einige waren indessen durch die
Ligatur in der Mitte so zusammengeschnürt, dafs aus einem Exemplare beynahe
zwey entstanden waren. Hieraus gehet also hervor, dafs die Wurzel an der
Se'rtularie nichts als ein zum Anklammern bestimmter Stamm is t, der, freygeworden,
sich als ein andrer entgegengesetzter Stamm offenbart.
Immer behält indessen diese Wurzel ihren Trieb sich anzuklammern bey,
und sie scheint durchs Gefühl den Körper zu unterscheiden, an dem sie ankle-
ben will So hatte eine unsrer Sertularien eine grofse, zweygespaltene Wurzel
ausgeschickt, die sich oben angelegt, und so fest an die Schnur, mit der sie