llemiasci.
V^onn ich auch iii den Schliisshemerkungen noch etwas näher auf die Formen der llemiasci
eingehen werde, so möchte ich doch schon zu Anfang dieser Untersnchungeii meine Ansichten über
diese Gruppe ■N'on Fadenpilzen, welche die sporangien- und conidientragenden Phycomyeeten mit den
tvpisclien Ascomvceten verbinden soll, genauer darlegen.
Die Hemiascus-Formen sind nach Brefeld „Zwischenformen“, deren ans septirten Hyphen
bestehendes Mycelium in ascenähnlichen Bildungen, welche nach Form, Grosse und Sporenzalil
variiren, reproductiv wird.
es bewiesen wäre, dass der Ascus der Asconiyceten von dem Sporangium der Algen-
iiilze abzuleiten ist, so müssten diese Formen, die sich aus Merkmalen beider zusammeiisetzeii, als
phylogenetische IMittelforinen betrachtet werden.
Die richtige Deutung der Hemiascus-Formen steht also in unmittelbarer Verbindung mit
der Frage der phylogenetischen Werthbestimmung des Ascns.Ö Aber die Erklärung des ursprünglichen
Zusammenhanges zweier morphologischer Gebilde wird immer eine unvollständige sein, da ja die
vergleichende IMorphologie von vornherein auf unsichere Schlussfolgerungen angewiesen ist, weil
man bei den Pilzen nie feststellen kann, welche Gruppen thatsächlich die ursprünglichen waren,
denn die Palaeontologie lässt uns hier ganz im Stich, und auch mit den besten Cultuniiethoden
lässt sich die Richtigkeit der aufgestellten Hyiiothesen experimentell nicht nachweisen.
Dass der Ascus und das Sporangium analoge, nach dem gleichen Typus gebaute Gebilde
sind, welche die gleichen Functionen vollziehen, unterliegt keinem Zweifel, aber ob sie homolog
sind, und ob ihnen ein gleicher morphologischer Werth zukommt, ist eine Frage, die bis jetzt
keine genügende Beantwortung gefunden hat, und deshalb sind wir nicht im Stande, Rechenschaft
über die phylogenetische Reihenfolge zu geben. Alles was über Urformen gesagt werden kann,
1) Zopf, der einige „kritische Bemerkungen“ (Beiträge zur Physiologie und iVForpliologic niederer Organismen,
drittes Heft, 1 8 9 3 , p. 1) über diese neue Gruppe geäussert hat, hebt nicht hervor, dass allein eine richtige Bcurtlioilung
der Bozielumg dieser zwe i extremen Fructificationen — Sporangiinn und Ascus — zu einander die Frage über die
systematische Stellung der llem ia sc i entscheiden Icann. ‘Wenn der Ascus die höhere, typiscE gewordene Form des
Sporangiunis dai-stellt, so müssen mit logischer Nothwendigkoit Zwischenformen entweder bestehen oder bestanden haiien.
beruht auf Siwculationen, die uns nicht weiter helfen, und alle vermemtlicheii Erklärungen in dieser
Richtung müssen als Illusionen betrachtet werden.
Wenn ieh deiimach die llemiasci als Zwischen- oder Mittelformen bezeichne, so verknüpfe
ich damit doch keinen phylogenetischen Begriff. Aus rein praktischen, systematiseh(!ii Gründen
müssen wir diese neue Gruppe beibehaltcn, weil wir ihre Vertreter sonst nicht unterzubringen
wissen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Pilze nach äusseren Merkmalen zusarameii-
zustellen. Und solange wir nichts über die innere Verwandtschaft der Formen aussagen können,
dürfen wir wohl praktische Rücksichten massgebend sein lassen.
Die Zahl der zu den llemiasci gerechneten Pilze ist bis jetzt sehr beschränkt, es sind
dies nämlich: Protomyces, Thelebolus, Ascoidea, Dipodascus und Monascus.Ü Diesen bekannten
Formen füge ich hinzu: Oscarbrefeldia, Conidiascus und Ascoidea saprolegnioides.
1) Protomyces 1) lebt parasitisch auf anderen Pflanzen. Bis jetzt sind nur zwei Arten nälicr untersucht worden,
nämlich P. macrosporus, der auf Umbclliferen und P. paehydonnus, der auf Cichoriacoeu zu finden ist. liebe r die
systematische Stellung d ie ses Genus sind die Forscher lange in Zweifel gewesen. D(! Bary 2) stellte e s erst zu den
Ascomyceton, als einfachste Form unter diesen, nachträglich aber neben die Ustilaginoen, indem er jedoch ausdrücklieli
bomcrkt, dafs die P ilz e vereinzelt im System dastelion. Diese v ie l hin und her geworfene Gattung verwies Brefeld
schliesslich zu den llemiasc i. Die P ilz e hestchon aus einem fadenförmigen, verzweigten Mycelium, Die Gliedorzellen
des Hyplms quollen später auf und bilden zahlreiche Dauersporen von ungleicher Grösse, oder richtiger ausgedrückt,
Chlamydosporen, die reihoiiAveise neben einander liegen. Sie keimen unter starker Anschwellung, das Exosporium
wird gesprengt, und das Endosporiura sprosst als ein hyaliner, blascnförmiger Keimschlaucli, dessen Plasma bald in
zahlreiche Meine Sporen zerfällt, hervor, Die Sporen beider Arten erzeugen in geeigneter Nälirlösung liefeförmige
Bildungen. D ie Zahl der Sporen und die Grösse der sogenannten Sporangien ist bedeutenden Schwanlcungen unterworfen.
Thelebolus®) kommt in Gestalt kleiner gelblicher Punkte auf dem Mist vor. Die Fruclitanlageii entstehen als
Vcrknäuelungen von Hyphen, innerhalb welcher sich das Sporangium zeigt. Dasselbe hat eine mehr oder weniger
unbestimmte Form und bildet eine nach dessen Grösse wechselnde Anzahl von Sporen. D ie Sporen keimen leicht aus,
ergeben aber niemals eine andere Fruchtform als Sporangien.
Dipodascus ist eine sehr bomerkenswerthe, von Lagerheimü in Ecuadoi aufgefundene Gattung. Bis jetzt ist
nur die eine Art, Dipodascus albiclus, bekannt. Sie fand sich in einem weisslichen Schleim, der aus dem verwundeten
Stamm einer Bromeliacee herausquoll.
Der P ilz besass ein ve rzweigtes und septh'tes Mycel, das zahh-eiche Sporenschläuche bildete; diese entstanden
ausnahmslos durcli Fusion von zwei Zellen (Lagorheiin bemerkt ausdrücklich, dass von dieser E eg e l keine Ausnahme
gefunden wurde). Sonst fand sich keine Verschmelzung oder Anastomose der Hyphen. Nach der Ausbildung einer
Anzahl von Sporangien und nach entsprechender Grössenzunahme des Mycels entwickelte der P ilz auch Oidien. Die
reifen Sporangien besasscn eine langgestreckte, kegelförmige Gestalt mit einem stumpfen Kopf. Die Grösse der
Sporangien war nach den äusseren Umständen sehr verschieden, ebenso die Anzahl ihrer Sporen.
Vor Kurzem ist eine neue Ilemiascusforin von ‘VVent®) näher beschrieben worden, nämlich Monascus purpureus.
Den P ilz entdeckte D i\ Vordermann in Batavia, .der auch die Güte hatte, meine Aufmerksamkeit auf diese Porm zu
lenken. Der P ilz findet sich als Bestandtheil des chinesischen Ang -q u a c , oder rothen R e ises, den mau in den Läden
auf Java leicht kaufen kann, da er als Färbemittel für Fische allgemein Anwendung findet. Durclischneidet man die
1) Sieho B re fe ld s U n te rsu c h , IX p. 109.
2) Do B a r y , Yerg lo ich o n d e Morphologie u n d Biologie d e r P ilz e p. 185.
3) Siolio B re fe ld s U n te rsu c h . IX p. 113.
4) r rin g s lie im s .la lirb ü o h o r Bd. 2-1 p. 549.
5) Ami. dos sc ien c es n a tu re lle s 8" Se rie Tome 1 p. J.