Lassen die Gattungen sieh nur schlecht definiren, so ist das in noch liöhereni Grade mit
den verschiedenen Arten der Fall.
In den Tropen iinden sich Arten mit allen niögliclien Abstufungen zwischen Ideinen, unverzweigten,
stielförmigcn und grossen blattförmigen Fruelitkörpern.
Die Farbe ist nicht minder Avecbselvoll und bietet alle Scbattirungen von einem bescbei-
denen Grauweiss bis zu einem satten Citronen- oder Chromgelb.
Die Dacrjomyceten Avaren in allen von mir besuchten tropischen Gegenden zalilreieh vertreten.
Eine ganz besonders reiche Abwechselung der Formen fand ieh in der Nähe von Ivandy
auf Ceylon und in der Umgebung A'on Sokaboomi und Tjibodas auf JaA'a. Ich habe diese Formen-
gru])pe in den Tropen mit dem grössten Interesse verfolgt, nicht allein, Aveil die Culturversuche
zu den schönsten geboren, die ich ansführte, sondern auch, Aveil es vielleiclit im ganzen Piianzen-
reicb keine so grosse Gruppe giebt, deren Familien und Arten einander so iiabe kommen, bald
durch vereinzelte, mittlere Bildungen, Ijald cliu‘eb Reihen von stnfenAveise oder allmäblieli ineinander
übergebenden Yerbiudungsgliedern.
Die VerAvaiidtscbaft der F o rmen f a llt nirgends so s ta rk ins A u g e Avie liie r, avo Avir an
lebenden Zeugen Avahrnebmen k ö n n en , da ss die A r te n n ie b t ab so lu t a-oii e inander A-erscbieden sind,
u n d da ss sie folglich re ch t avoIiI einen gemeinsamen Lirsprung b ab en können.
Dacryomyces.
(Siehe Figur 1 3 — 2 5 Tafel VII.)
le b habe auf Java, auf Ceylon und in Borneo eine grosse Anzahl von Formen gefunden,
die zu der Gattung Dacryomyces gehören.
Die kleinen, gelben oder brünnlieben, grauen oder rötblicben Fruchtkörper brachen in der
Regenzeit als kleine Scbeil)en aus totem Holz hervor, oder lagen flach auf dem Substrat ausgebreitet.
Sie bewohnten alle vorzugsweise abgefallene modernde ZAA-eigstückc. Sobald die Witterung-
trocken wurde, verloren sie ihr normales Aussehen; sie schrumpften ein, indem die gallertartigen
Fruelitkörper ihr Wasser durch Verdunstung abgaben. Die Basidien waren, Avie bei den anderen
Genera dieser Familie, gabelig getheilt und über die ganze Oberfläche des Fruchtkörpers ans-
gebreitet. Es fanden sieb immer reicblicli Sporen; diese sassen, wie bei vielen Tremellineen, bei
ihrer Reife nickend an der Spitze des Sterigmas. Bei vielen Formen Avaren die noeb nielit ali-
gcAvorfenen Sporen durcb QuerAvände getheilt, bei anderen tra t die Tlieilung erst nach der Aussaat
in feuchter Luft oder auf Nährsubstrat ein. Brefeld giebt an, dass die Sporen der Daeryomyceten
sich bei der Keimung in mindestens vier Theilzellen theilen. Bei den tropischen Formen ist dies
dureliaus nicht der F all; die Sporen theilen sich zwar immer, aber oft nur in 2 — 3 Theilzellen.
Während die europäiseboii Formen in Wasser leicht auskeinien, ergaben die tropischen bei den
Keiinungsversueben in Wasser oft ein negatives Resultat. In fi'uebter Luft erzielte ich dagegen
leiclit den erwünsebten Erfolg. Auf geeignetem Nährsubstrat entfalteten die Sporen sämmtlicber
Formen eine grossartige Conidien- und Mycelhildimg.^)
Im Ganzen habe ich 23 versebiedene Modifieationeii gefunden und eiiltivirt. Es liefanden
sieb darunter Variationen mit der verschiedenartigsten Ausbildung der Fruelitkörper; aber, moeliten
diese nun gebirnartig gcAvundene Falten besitzen oder iiacli aiisgebrcitet sein, gesellig oder allein
Vorkommen, gelatinös oder knorpelig erscheinen, durcb runde oder niercnförmige Sporen ausge-
zeiclmet sein, so gingen sie doch alle in einander über. Auch die Keimiingsersclieinuiigen der
Sporen zeigten keine Avesentliclien Unterschiede. In einzelnen Fällen konnten Avobl in überAvie-
geiider Anzalil eigenartige Mödificatiouen in der A rt der Keimung A-orkommen, aber bei der Diircb-
miisterimg der Culturen fanden sieb immer Üebergänge zu den normalen Erscbeinungen.
Am Schluss meiner Untersiicbiiiigen kam ich zu dem Resultat, dass eigentlich alle diese
äusserlieb oft so verschiedenartigen Formen in eine Species einzuordneii sind. Ich lasse nun die
Beschreibung einiger der initersuchten Formen folgen.
D a c ry om y c e s lu r id u s iioa-. sp. Der Pilz, der sieb in Buitenzorg und in Tjiliodas fand,
beAvobnte gern vermodernde Bambiisstöeke. Die Fruelitkörper zeigten schon gleich Ijci ihrem E rscheinen
die gebiniartigen Faltungen, Avie sie in Figur 20 Tafel V I I dargestellt sind. Sie erreichten
bei einigen Exemplaren die Grösse eines Pfennigs, bei anderen Avaren sie kaum grösser als ein
Stecknadelkopf; ihre Farbe Avar schmutzig gelb und ihre Consistenz knorpelig.
Das Hymenium zeigte die zAA-eiarmigen Basidien, zwischen denen die noch nicht differen-
zirten Fadenenden des bymenialen GcAvebes biiiliefen. Die nierenförmigen, gebogenen Sporen
Avurden stets reicblicli gebildet und zeigten 1 — 3 Theihvände, scbon Avenn sie sieb noeb auf den
Sterigmen befanden (siebe Figur 21 Tafel VII). Brefeld bemerkt (Unters. Bd. V I I pag. 145):
„Die Tlieilung der Sporen und die Bildung der Conidien tritt sogleich ein, Avenn die Sporen
ahgefallen sind. le b habe aber niemals eine scbon getbeilte Spore auf einem Sterigma sitzen sehen,
wie sie Tnlasne (bei Daeryomitra) abbildet. Die Sporen sind einzellig, sie theilen sieb erst mit
der Keimung dnrob Aviederbulte ZAveitlieibmg in A-ier Zellen.“ Diese Bemerkung Brcfeld’s trifft
also nicht zu, denn der A'on Tiilasne angegebene Fall ist, AA-ie gesagt, von mir bei vorliegender
Form constatirt AA-orden.
1) ]^oi einer Form, Dacryomyces deliquescens, hat Tnlasne (Ann. sc. Tome XIX) eine oigenthümliclie Erscheinung
nachgewiosen. Es wachsen nämlich auf der Oberfläche der jungen Fruchtkörper oidienartigc Zellen anstatt der
Basidien aus. Brefeld (Unters. Bd. V II p. 1 43) nntcrsuclite diese Sache näher und constatirte, dass solche Fniclitköiqier
im Entwiclchingsgange des P ilz e s dom eigentlichen Hymenium vorausgelicn. Die se eigontliümliche Ei-scheiuung habe
ich bei den A-on mii’ untcj-suchten Formen nicht beobachtet, obsclion mehrere in ihrer äusserer Gestalt dem Dacryo-
mycc s deliquescens naiio kommen. E s finden sich Avohl oft junge sterile Fnichtkörper, aber die Myeelfäden zeigen nie
Bildungen Avie die von Brefeld und Tnlasne beobachteten.