Es ist Bi’cfrld iiidit khiv, dass die Acste überhaupt niebt zu Merkmalen des Sporangiums
geluiren. Denn bei Tlianmidinni sind alle Mycelenden, sie mögen eine Hanptaxe oder einen Seitenzweig
abscldiessen, im Stande ein Sporangium zu bilden. Die Hanptaxe erliidt reieldicbe und deren
Seitenäste spärliclie Nalirung, deslialb finden wir dieses Yerlialten iu den Ernälmmgsmodificatioiien
des Sporangiums ausgedriickt. — M'äre die Brefcld’sclie Auffassung riclitig, dann könnten wir
ebensogut bei vielen höheren Pflanzen von einer „Spaltung in ztvei Formen“ reden, wenn wir
z. B. die Bliithen der Hanptaxe bol Ilu ta ffintzählig und die Seitenbliitlien vierzählig finden.
Der näeliste Pilz, den wir etwas nälier bespreehcn wollen, ist Tliamiiidiuin chaetoeladioides.
Der Pilz ist liier in Europa iiid it seiten; ganz besonders sdiöne Exemplare fand ich auf Elepbanten-
niist in Xuwara Elya im Innern von Ceylon.
Die Aeste sind niclit gabdig, sondern monopodial qnirlartig verzweigt. Die Axen ersten,
zweiten und dritten Grades laufen in eine lange Spitze aus. Auf dem natnrlidieii Standort fand
Brefeld, dass die Hauptaxeii der Soiteiiäste ersten und zweiten Grades immer steil waren und in
eine lange pfriemeiiförmige Spitze ansgingeii. Die Hanptaxe trug ein Sporangium, im Uebrigen
fand Brefeld aber „keine anderen Fruclitträger als soldie mit kleinen Sporangiolen II. imd
III. Grades“, welche also in pfriemenfornnge Spitzen endigen. Die Form, die ich auf Ceylon faud,
vcrliielt sich iu dieser Beziehung anders. Alle Spitzen der Scitenaxeii trugen typische Sporangien,
und „die jeweiligen Gipfelsporangien“. von welchen Brefeld spricht, waren hier, auf dem natiirliclicn
Substrat, nicht abortirt. In dem Arbeitszimmer von Dr. Trimen, das mir von dem vertretenden
Director des botanischen Gartens zu Paradenia, Mr. Xoek, freundlichst zur Verfügung gestellt
•wurde, liatte ich reiche Gelegenheit Culturversuclie mit dieser Modification anzustellen. Es gelang
mir leiclit, durch Aussaen vieler Sjioren in sehr verdünnter Nährlösung Variationen zu erzielen,
die ganz denjenigen eiitspraclien, die Brefeld auf dem natiu-liohen Standort vorfaiid.
Brefeld gelang es durch geeignete Cultur, die steilen Spitzen in Sporangien umziiwandehi.
D ie B ild u n g e n , d ie a lso B re fe ld a u f dem iia tü rlic h o ii S t a n d o r t fa n d , b r a c h te ic h in
d e r C u ltu r zu S ta n d e , u n d d ie B ild u n g e n , d ie B re fe ld d u rc h C u ltu r e rzo g en , fa n d e n
s ich in C ey lo n sclio n in d e r N a tu r.
Phylogenetisch lässt sich dieses Verhalten der Sporangien nicht verwenden, denn es handelt
sich überall um unmittelbare Folgen äusserer Ursachen, um Folgen, die nicht erblich fixirt sind.
Aul dem iiatürliclieii Standort kommen liier Formen mit .sterilen, dort mit fertilen Axen
vor. "Weil man in Münster in der Natur keine oder sehr selten terminale Sporangien nachweisen
kann, dürfen wir nacli meiner oben erwähnten Betraclitung, docli niclit aniielimen, dass die apicalen
Sporangien bei Tliaiiinidium ch. allniälilicli im Verscliwiuden begriffen sind, und dass die Sporangiolen-
bihliing überhand nimmt. Es liandelt sicli aucli hier um eine Erscheinung, die nicht die geringste
Fixiriing zeigt. Sie liört sofort mit der bewirkenden Ursaclie auf. Is t das Substrat günstig, so
entwickeln die Sporangien sicli üppig; ist es weniger zweckmässig, so kommen sie niclit zum
Vorscliein oder werden nur rudimentär oder treten als Sporangiolen auf.
U m die Ab leitu n g d e r Conidie vom Sporangium endgültig zn beAveisen, Averden besonders
Cliaetücladinm Jo n e sii un d Cli. Fre sen ii angeführt. W ie b e k a n n t, findet sieh bei Chaetocladium
n ur eine F ru e litfo rm , nämlich die seitlich gestellten C'onidien; die ITauptenden laufen alle in
sterile Spitzen aus.
C haetocladium Fre sen ii Avirft hei der Ke im u n g die W a n d ah, Avährend C.'haetoeladium Jonesii
diese E ig en th ü in lieh k eit n ich t besitzt. Die Spore b leib t auch bei d e r Keim u n g m it der W an d
verAvacliscn u n d tre ib t u nm itte lb ar einen Sehlaueh aus.
Bei dem erstgenannten soll n u n — du rch AbAverfen des Ex o sp u rium bei der Keimung —
der morpliologisclie W e rth d e r Conidie noch e rk en n b ar sein, aber bei ('h a e to clad ium Jo nesii Avird
die UmAA'andlung des Sporangium s zu r Conidie als A'ollendet gedeutet, b
W ir h ab en also gesehen, Avie Brefeld in dem U m s tan d , dass die Sporangien u n d die
sogenannten Sporangiolen bei T h anm id ium du rch alle donkliaron ZAvischenformen in einander ü b ergehen,
einen BcAveis d a fü r s ieh t, dass die Conidie vom Sporangium abgeleitet A\-erden muss. Da.s
Sporangium Avird also als die in-imäre Fructifieatiomsform aufgefasst, u n d die Conidien sind n u r
einsporigo Sporangien.
Andererseits haben Avir jedoch bei C'onidiasciis gesehen, dass Conidien, die du rch mehrere
Generationen ih ren typischen C'harakter lieAAiihrt h ab en , doch d u rch eine Aenderung des S u b s tra ts
zur Sporenliildung geb ra ch t Avnrden, indem ih r P ro to p la sm a sich in keimnngsfähige Sporen
differenzirte. A u s diesem F a c tum k ö nnen Avir unsererseits m it demselben K e e h t Avie Brefeld den
um gekehrten S chluss ziehen, d ass das Sporangium n u r eine m eh r differenzirte Conidie ist.
Die F ra g e, Avelche Fructifieationsform A'on beiden als die ältere anznsehcn sei, ist fü r das
Brefeld’schc System von AA’c ittragender theoretischer Bi-deiitimg. Den n au f die — Avie gezeigt
grundlose — B eh au p tu n g , dass das Sporangium als die p rimäre un d die ('o n id ie als die abgeleitete
F o rm anzusehen sei, grü n d ete Brefeld sein System , demzufolge das ganze Pilzreich au f die
Phycomyceten, die n u r Sporangien besitzen, zu rückgeführt Avird.
A u f G ru n d einer morphologischen BcAveisführnng Avird diese F ra g e n ich t erledigt Averden
können. U n d solange n ich t geologische Urk u n d en beigebraeht AA'crden, Avird man n ich t einmal zur
K la rh e it d a rü b e r kommen, inwieAA-eit diese Fruetifieationsformen vielleicht als Parallelbildungeii
aufgefasst Averden können.
E s ist au ch keine A u s s ich t A-orhaiiden, dass diese Fo rm b ild u n g en sieh als monophyletiseh
crAveisen Avcrden, dass m an sie also aus einer gemeinsamen Stamm fo rm wird ableiten können.
D ie Conidien koimen Avir als sieh ablösende, regeneratiA-e E n d zeilen bezeichnen. In
dem U m s ta n d , dass sie sich ahlöscn, liegt die neue und eh arak teristiseh e Eigenschaft der
Conidien; denn sd h s ts täiid ig e R egencrationsfähigkeit besitzen gCAviss die Endzeilen bei allen Pilz-
1) "Wir liiulon es überflüssig, auf die Interpretationen, zn denen die Sporangien und Conidien bei Peronospora
Golegenheit gegeben liabeii, naher einzngeben, da die Bemerkungen, die -wir über die Homologie zwischen Conidien
und Sporangien im Allgemeinen machen werden, auch auf Peronospora ihre AnAvenduiig finden.