können jene ebensogut Bildungen sein, dio höheren Pilzen ¡liren Ursprung verdanken. Diese
Frage lässt sieh jedenfalls vorläuiig nielit entscheiden, und es ist AVillkür, wenn Brefeld (Untcr-
suehungen Bd. ATI], p. 252 — 253) eine phylogenetische „Formsteigerung“ annimmt, ausgehend
von den TomenteUoen und über die Theleplioreeu aufsteigend zu den verschiedensten Familien
der Hydneen, der ITlyporcen und der Agarieineen.
Ueber die systematisclien ATTliältnisso der Filze mag die vergleichende Morphologie uns
viele Erläuterungen geben können, solange es nur gilt, die einzelnen Glieder den verschiedenen
Gm})pen eiiizuordnen. Aber über die verwandtschaftliche Beziehung dieser Gruppen zu einander
kann sie keinen Aufschluss geben.
Aleine mykologisclien Untersuchungen in den Ti-open erstreckten sich auf sämmtliche
Gruppen der Pilze. Im Besonderen achtete ieh auf alle Uebergangsformen, denn ich erwartete
von ihnen Fingerzeige für die A*’crwandtscliaft der verschiedenen Pilzgrappcn. Aber die E n tdeckung
von Formen, die auf den chiheitliehen Ursprung der Pilze hiiigewiesen hätten, gelang nicht.
AATr Averdeii uns einstweilen auf die im vorliegenden AVerke behandelten Gruppen beschränken.
Die Anrlciilarieeii, die Tremellineen, die, Daeryomyceten und die Ilymenomyceten scheinen
alle ganz bestimmte Gruppen zu bilden, die ebenso abgeschlossen sind, wie z. B. die Monocotylen
und Dicotylen unter den Plianerogamen.
Allerdings lassen die Daeryomyceten und die Hynienomyceten bei oberflächlicher Betrachtung
sich scheinbar auf eine einheitliche Form zurückfüliren. AAÜe bekannt, besitzen beide Gruppen
Iiiigetheilte Basidien; aber diese lassen sich ivieder als zwei scharf getrennte Typen unterscheiden;
nämlich 1) als Typus der Formen, deren Sterigmen durch Dichotomie der Basidien entstehen (= Da-
cryomyceten), und 2) als Typus der Formen, deren Sterigmen locale Ausstülpungen der Basidien
sind. Hierin liegt eben der durchgreifende Unterschied dieser beiden Gruppen, und nicht in dem
Umstand, dass bei der einen die Basidien zwei-, bei der anderen viergetbeilt sind; denn zweisporige
Basidien kommen auch bei anderen Arten vor, die nicht zu den Daeryomyceten gehören.*)
Im Uebrigen sollte sclion der Umstand, dass bei den Daeryomyceten ganz specifische Keimungserscheinungen
Vorkommen, die Autoren von pliylogenetischen Speciilationen der angedeiiteten Art
abhalten.
AArir können bei den Basidiomyceten ganz gesonderte Typen unterscheiden, nämlich diejenigen
mit quer-, mit längs-, mit dicliotomisch getheilten und mit nngctheilteii Basidien.^)
1) Eigenthümlichor M’^eise hat bis je tz t Niemand hierauf hingewiesen. Hieraus erklärt sicli aucli, dass mau
glaubte, die beiden Gnippen auf einen einheitlichen Ursprung zurückführen zu können, w e il die Zahl ilircr Stoi'igmcn
in einzelnen Fällen, w ie erwähnt, die gleiche ist.
2) Hoffentlich nimmt bald ein berufener Systematiker Gelegenlieit, gocignotero Bczeiclinungen Inerlür ein zuführen.
Kein Beweis kann dafür lieigehraclit iverden, dass, wie Brefeld (Unter-s. Pd. \ 'I I , ]j. 25)
meint, die lo rm cn mit getheilten Basidien die einfacheren sind gegenüber den mit uugetlieilten
Basidien versehenen. Von diesem Gesichtspunkt ans müssen auch die Xamen Proto- und Aiito-
liasidiomyceten als verfehlt bezeichnet v'erden, weil sie, abgesehen von der schematischen Xatur
der Unterscheidungsmerkmale, phylogenetische Begriffe enthalten.
Brefeld ist aber in seinen pliylogenetischen Betrachtungen noch viel iveiter gegangen. Die
Ustilaginoen sind seiner Ansicht nach die phylogenetischen Alittclglieder zwischen den Alucorineen
und den Basidiomyceten. Auch hier zeigt es sich, dass sein System ein rein siibjectives ist; denn
irgend ein Beweis dafür, dass die Alucorineen und Ustilagiueen als Anfangsformen anzuselien sind,
liegt niclit vor. Brefeld stellt es als ein Axiom hin, dass die Pilze mit regelmässigen Bildungen
aus nicht regelmässigen entstanden seien; er nimmt an, die Sehläuche der Ascomvceten seien
typisch und regelmässig gewordene Sporangien, die Basidien der Basidiomyceten seien typisch und
regelmässig gewordene Conidienträger, und unter dieser Vorau.ssetzung werden die llemiasci und
die Ustilagiueen, bei denen die Sporangien resp. die Conidien in der Zahl der Sporen unbestimmt
sind, als die Vorstufen betrachtet. Es ist eine Spielerei mit Alöglichkeiten, wenn man solche rein
morphologische Tliatsaclien für die Phylogeiiie i-erwendet, solange ivir nicht einmal ivissen, wodurch
die Regelmässigkeit bedingt ist.
Einen schlagenden Beweis dafür, wie anscheinend regelmässige Basidienbildung, unter andere
Bedingungen gestellt, ihren Typus verliert, liefert der schon oben erwähnte Polyporus liogo-
riensis. Auf den Fruelitkörpern in der freien Xatur sind zivei- und viersporige Basidien zur
alleinigen Herrschaft gelangt (siehe Figur 2b Tafel IX ), ivalirend in den Culturen ein, zwei, drei
oder vier Sporen Vorkommen. Es ist AArillkür, diese Basidien Conidien zn benennen, weil sie in
unbestimmter Anzahl auftreten. Denn sie zeigen das Verhalten und das Aussehen der Basidiensporen
der Fnichtkörper.
Bei den Aseomyeeten glaubte man die regelmässige Ausbildung der Sporenzalil erklären
zu können. Aber ivie meine PTntcrsiicliuiigen über die Sporenbildung bei Ascoidea sapro-
Icgnioidcs (siehe Figur 9 Tafel I) beweisen, wird auch hier die Frage als uiicntscliiedeu zu betrachten
sein. (ATrgleiche meine Aiisführmigcn im Texte p. 12.)
Die Familien der Basidiomyceten sind unter sich oft nicht genau zu trennen; die Haupt-
gnippen dagegen sind scliarf begrenzt. AArir haben dieses besonders bei den Daeryomyceten nacli-
gcwiesen; bei den Äuricularieen und Tremellineen tritt es nicht so deutlich zu Tage. Bei den
Hymenomyectcn haben wir auf dem jetzigen Standpunkt unseres AATsseiis keine s ic h e re n An-
halt.spiinkte zur Beiirtheilung der vorwandtsehaftliehen Beziehung der Familien. In vorliegender
Arbeit sind aber einige Beobachtungen mitgctlieilt, die auf einen gewissen Zusammenliaiig zwischen
den Agarieincen und Clavarieen hiudcutcn können. Ich mache jedoch im AVraus darauf aufmerksam,
dass ich es dem Leser überlasse, sie phylogenetisch zu deuten oder auf sich beruhen
'‘'■n lassen.
H o lto rm n n u , .Vykol.>j,- Vntorsiiohmigpii. 15