einer Reihe von Jahren bereits, absolut constant, in jedem Frühling
wieder zur Blüthe gekommen. Die Florentiner Tulipa strangulata var.
neglecta dagegen ha t in Strassburg drei Jah re lang in der für sie
charakteristischen strohgelben Farbe geblüht und sich gleichzeitig stark
vermehrt. Im vierten J ah re (1898) aber haben alle Blumen zahlreiche
mehr oder minder ausgedehnte rosige Streifen auf der Aussenseite der
Blumenblätter gezeigt. Auch die Veränderungen, die cultivirte Tulpen
erfahren, wenn sie der gärtnerischen Pflege verlustig gehen, betreffen,
soweit mir b ek an n t, ausschliesslich die Gartentulpen und europäische
Arten unbekannter He rkunft, sogenannte Neotulipae, wie die Tulipa
Didieri eine is t; sind also für unsere Fragestellung ebenfalls kaum verwerthbar,
obschon L e v i e r sie bei seiner Besprechung des Gegenstandes
gleichfalls heraozieht.
Wenn man nun E l w e s * Angaben über seine Tulipa Kolpakowskiana
als sicherstehend acceptiren will, dann kann j a diç Möglichkeit
nicht wohl bes tritten werden, dass unsere Gartentulpen, von einer oder
von einigen reinen wilden Species derivirend, sich von den Mutterformen
auf dem Weg der Variation so weit entfernt haben, dass ein
Zurückfinden der zusammengehörigen Arten und Culturformen jetzt
nicht mehr thunlich ist. Aber wahrscheinlich wird eine solche Ableitung
derselben von einzelnen reinen Species durch die, der Constanz
der zahlreichen übrigen asiatischen in Cultur befindlichen Tulpen isolirt
gegenüberstehende, doch wohl noch nähe r zu prüfende Beobachtung
von E lwe s keineswegs gemacht. Denn wir sehen, dass beinahe alle
übrigen Blumen unserer Gärten, deren Geschichte wir verfolgen
können und die im Lauf der Zeiten eine weitgehende Verbesserung
erfahren habeu hybriden, aus der Kreuzung mehrerer ursprünglicher
Arten entstandenen, Stämmen ihren Ursprung verdanken; dass die mächtige
Steigerung der Variabilität geradeswegs, wenn nicht bestimmte Beweise
des Gegentheils vorliegen, als eine Mitgift der fremdartigen B lu tmischung
angesehen werden darf. Ist es doch erst in allerneuester Zeit
gelungen, ein paa r solcher Fälle weitgehender Verbesserung von C u ltu r blumen
ohne Einfluss der Bastardirung festzulegen, wofür in erster
Linie auf das Cyclamen persicum und seine von T h . D y e r * dargelegte
Geschichte verwiesen werden darf. Man vergleiche dazu auch H i l d e -
b r a n d . * Nach Dy e r ’s® von Anderen freilich bes trittener Ansicht gehören
eben dahin auch die Cinerarien unserer Gärten, die aus der
kleinblüthigen Cineraria cruenta durch blosse conséquente künstliche
Zuchtwahl gewonnen sein sollen. Zuletzt wäre noch an die Reseda odo-
ra ta zu erinnern, bei der der Wohlgeruch, der ihre Hauptzierde bildet,
durch Kreuzung mit den anderen, durchweg geruchlosen Arten gewiss
nicht erhöht werden konnte, woraus ich folgern zu dürfen glaube, dass
bei der Züchtung der zahlreichen, von ih r derivireuden Sorten die
Kreuzung in keiner Weise eine Rolle gespielt haben wird. Aus diesem
Grunde gerade ist mir die Geschichte der Reseda, mit der ich beschäftigt
bin, von besonderem Interesse.
Nach allen diesen Andeutungen wird man es bis zu einem gewissen
Grade berechtigt finden, wenn ich dazu neige, einstweilen bis zur F ü h rung
des gegentheiligen Beweises, an der Ansicht festzuhalten, dass die
Gartentulpe einem oder mehreren Kreuzungsproducten entstammen möge,
in welchen wir weder die Anzahl der Elterformen, noch auch deren
Charaktere mit irgend welcher Sicherheit nachzuweisen im Stande sind.
Auch L e v i e r » scheint sich in seiner späteren Arbeit einer ähnlichen
Ansicht in genere zuzuneigen, wemischou er dort nur von den nachher
zu besprechenden italischen Neotulipae redet, und es vermieden hat,
auf das die Gartentulpe betreffende Problem des Näheren einzugehen.
Die Vielgestaltigkeit selbst der einfachen Bastarde ist bekanntlich in
vielen Fällen eine erstaunliche, sie t r i t t mitunter unmittelbar bei der
Aussaat des aus der Kreuzung erzogenen Samens, in anderen Fällen
wenigstens in der zweiten Generation hervor; es mag auf die vou
R im p a u erzielten Getreidekreuzungeu und die daraus derivirten Cultursorten,
ferner auf L o c k e , * S. 482, verwiesen sein. Wie gefährlich
und precär daher selbst in solchen einfach liegenden Fällen der Rückschluss
aus den Charakteren des Bastards auf seine Mutterarten sein kann,
liegt auf der Hand uud ist Demjenigen, der sich etwas eingehender mit
dergleichen Versuchen beschäftigt hat, stets gegenwärtig. Ich bin seit
lange mit Untersuchungen über das Genus Fuchsia beschäftigt und weiss
daher zu beurtheilen, wie unzuverlässig gar viele Angaben der Litte ra tur
über die Abstammung dieses oder jenes Kreuzuugsproductes sind, zumal
ich sie in einigen Fällen auf dem Weg des directeu Experiments, des
Versuchs der Neuerziehung der betreffenden Sorten, controlirt habe. Und
da dabei immer unzählige mannigfaltige Varianten fallen, so h a t man
OS auch dann n u r einem glücklichen Zufall zu danken, wenn man die
betreffenden Gartensorten unte r seinen Händen von Neuem entstehen
sieht, wie mir dies mit der Fuchsia virgata der Gärten gelungen ist,
die ich aus der Kreuzung der echten reinen Fuchsia coccinea und eben
solcher Fuchsia macrostemma erhielt. Eine solche Untersuchung für
die Gartentulpen zu versuchen, wäre ja an sich sehr verlockend; es ist
auch nicht ausgeschlossen, dass man hier durch ein eingehendes Studium
des Verhaltens der Zwiebel bei den verschiedenen, gelegentlich entstehenden,
atavistischen Sporthildungen gewisse Anhaltspunkte gewinnen
könnte. Allein das setzt zunächst ein gründliches Studium der Zwiebelbildung
in der Gattung Tulipa voraus, für die es leider vorderhand an
dem nothwendigen Material fehlt, da gerade einige der diesbezüglich
wichtigsten Species sich in den europäischen Gärten kaum in Cultur
hefiudon. Nichtsdestoweniger ha tte ich, weil ich von dessen Wichtigkeit