
Wichtige Nachrichten über den Tulpenhandel verdanken wir T h .
S c h r e v e l * und N. de Wa s s e n a e r ; * besonders des Ers teren Da rstellung
ist zur Ergänzung des G a e r g o e d t und W a e r m o n d t unentbehrlich,
doch sind diese Autoren erst in neuester Zeit durch S a u t y n -
K l u y t als Quellen herangezogen worden. Sonst kommt noch A. M u n t
i n g* in Betracht, der zwar selbst auf W a e r m o n d t und G a e r g o e d t
fusst, aber doch einige Notizen aus eigener Erfahrung hinzufügt. Und
eine einzige der allbekannten Anekdoten, die von dem Ma tro s en , der
eine kostbare Tulpenzwiebel zu einem ihm Vorgesetzten Hering verspeiste,
so dass sein Frühs tück dem Besitzer derselben so theuer kam,
als habe er den Prinzen von Oranien bewirthet, wird zuerst von J. B.
S c h u p p i u s , * als Jugenderinnerung von seinem Aufenthalt in Holland
her, erzählt. Eine andere von dem Eng lände r, der, wegen Diebstahls
von Zwiebeln angeklagt, sich vor Gericht in Harlem vertheidigte, gehört
gar nicht dahin, da sie nahezu 100 J a h re jünge r ist. Auf sie wird
weiterhin noch zurückzukommen sein.
Nach alledem sieht man ein, dass die Haupt- und Urquelle, auf
der unsere Kenntniss jener Geistesverwirrung fus s t, der W a e r m o n d t
und G a e r g o e d t ist, wie dies auch S a u t y n - K l u y t bereits gebührend
hervorgehoben hat. Eine aus demselben geschöpfte Darstellung wurde
in den Meteranus novus, eine wichtige und verbreitete Chronik, a u f genommen,
und aus diesem bei Ma r q u a r d u s * reproducirt. Und diese
beiden Bücher sind es, auf welche bis in die neueste Zeit die Autoren
fussen, im Fall sie sich nicht begnügen, einfach von einander abzuschreiben.
Neuerdings ist dann in Holland der Gegenstand wieder einige Male
besprochen worden. Sehr unbedeutend sind die Arbeiten von P. W.
L o t h e s * 1840, und von H. W. T. T i j d ema n . * Viel besser, besonders
wegen der Heranziehung bisher nicht beachteter Quellenwerke, erweist
sich die Abhandlung von S a u t y n - K l u y t , * und an sie schliesst sich
als wichtige Ergänzung und Verbesserung eine Kritik im Ned. Spectator
seitens eines ungenannten Autors, Anon.* an.
Die grosse Werthschätzung der fremden orientalischen Prachtblumen,
die nicht n u r in den Niederlanden, sondern auch im Reich, in F ra n k reich
und Italien um die Wende des 16. J ah rh u n d e rts h e rrsch te , ist
allbekannt. Wir haben oben gesehen, dass C l u s i u s selbst diese Gewächse
nicht n u r verbreitet, dass er auch aus ihrem Verkauf be trä ch tlichen
Nutzen gezogen hat. Und da die Liebhaber in der Regel reiche
Leute waren, die ihre Mussestunden bei den Blumen zu verbringen
pflegten, so ist es begreiflich, dass neue und schöne Sorten sehr begehrt
wurden und stark im Preise stiegen, genau so wie es in unserem
Zeitalter mit alten Möbeln und mannigfaltigem Hausrath, wie es n eu e r dings
mit den an sich absolut werthlosen Briefmarken der Fall gewesen
ist. Hohe Preise, die für eine Tulpenzwiebel bezahlt wurden, siud desswegen
an sich noch durchaus kein Zeichen für die Schwindelperiode, die
man sich als die Zeit der Tulipomanie zu bezeichnen gewöhnt hat. Es
fällt diese Periode erst in die dreissiger J ah re des 17. J a h rh u n d e rts ;
exorbitante Preise sind ab e r, wie aus Wa s s e n a e r , * 1623, Fol. 36%
hervorgeht, schon viel früher von einem begüterten Liebhaber an den
anderen bezahlt worden. Es heisst da: „Man h a t gesehen, dass für
zehn von diesen Zwiebeln 12 000 fl. geboten wurden und dass doch kein
Kauf zu Stande kam.“ — Und anderen Orts (Aprilis 1625, Fol. 9®):
,,und h a t man für zwei Zwiebeln 3000 fl. geboten, aber der Eigen-
thümer konnte sich noch nicht zum Verkauf entschliessen, indem er so
speculirte; seine Waare, die doch Niemand sonst hat, werde zu gering
geachtet, und da man sie doch nirgends als bei einer Person, die nicht
verkaufen will, bekommen k a n n , so solle man sie hoch schätzen.“
Welcher Art Leute es waren, die sich der Blumenpflege widmeten, zeigt
ferner folgende Stelle desselben Buches (1623, deel V, fol. 35*’) : „ I n
dem Herrensitz Heemstede (dicht bei Harlem gelegen), der einer der
schönsten Plätze in Holland ist u n d dessen Besitz u n d Titel je tzt
Dr. A d r i a n P a a u w , Pensionaris der Stadt Amsterdam, hat, h a b e ic h
einen Hof voll von vielen verschiedenen Tulpen gesehen, in dessen Mitte
ein ringsum mit Spiegeln versehenes Cabinet war, in welchem alle diese
Blumen so zierlich ih r Bild refiectirten, dass es ein königlicher Sitz zu
sein schien.“
Bei der Leichtigkeit, mit welcher sich eine gegebene Tulpensorte
aus ihren Seitenzwiebeln vermehren lä s s t; bei der Jedermann vor Augen
liegenden Möglichkeit, aus Samen neue Sorten zu erhalten, mussten nun
solche Preise na türlich auf das Gärtnereigeschäft einwirken. Gar mancher
Gärtner wird sich, in der Hoffnung reich zu werden, auf die Tulpenzucht
geworfen h ah e n ; manch’ neuer Garten wird zu diesem Zweck angelegt
worden sein. Sagt doch Wa s s e n a e r , * V, 1623, Fol. 35®, ausdrücklich:
,,Unter vielen von diesen kostbaren Blumen, die auch mit Namen betitelt
sind, wie Laprock, Coornheert, Switser, ist e in e , ihre r Schönheit
halber Semper Augustus genannt, dieses J a h r die vornehmste gewesen;
ihre Farbe ist weiss mit lackroth, von dem blauen Grund aus gegen
oben auf gleichartige Weise geflammt; niemals sah ein Blumist schönere
als diese, keine Tulpe ist in grösserer Werthschätzung gewesen, man
h a t eine davon für 1000 fl. verkauft, und dabei war der Verkäufer, wie
er sagte, noch zu kurz gekommen, da er nämlich beim Aufnehmen
merkte, dass sie zwei Seitenzwiebeln hatte, die im nächsten J a h re zwei
Blumenknospen hervorgebracht h ä tten , und so war er um 2000 11. verkürz
t ; diese Setzzwiebelu siud die Rente, die sie geben, ohne das Capital
zu schädigen, das sind die Reichthümer, die man dabei so hoch pre is t“ ,
und weiterhin: „Eine Zwiebel vou 60 fl. h a t durch ihre Ahlegerzwiebeln
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