in kurzer Zeit 20 Procent Avance gegeben, das Stück nur zu einem
Schilling gerechnet. Das ist das Oraculum.“
Der Spott über solche Leidenschaft blieb na türlich nicht aus, man
findet ihn bereits vor 1620 in R o eme r V i s s c h e r ’s* Zinnepoppen,
wo, wie S a u t y n -K l u y t , * S. 22, schreibt, auf einer Kupfertafel zwei
Tulpen und zwei Tulpenzwiebeln abgebildet und mit folgendem Versehen
begleitet sind: ,,De lust kost seker veel. Dees tuylige (unverständige)
bloemisten om een so teeder (zart) waer, hun herde geldt verquisten
(verschwenden).“ Es scheint ab e r, dass sie schliesslich noch dadurch
gesteigert wurde, dass, wie Mu n t i i i g * berichtet, und wie auch R o e me
r Vi s s c h e r * nach S a u t y n - K l u y t , * S. 25, andeuten soll, bei der
Frauenwelt in Paris die Mode aufkam, diese Blumen zu Toilettenzwecken
zu verwenden und mit ausgeschnittenen Kleidern an der Brust
zu tragen. Man beschenkte seine Maitresseii mit solchen und wie es
in dergleichen Fällen zu gehen pflegt, waren die theuersten als Ro-
nommirstücke am gesuchtesten.
Das gab denn wiederum einen weiteren Sporn zur Ausbreitung des
Tulpeiigeschäftcs. Und die aussergewöhnlich lange Dauer der Blumenmode
ermöglichte es den Züchtern, sich in verhältnissmässig kurzer Zeit
zu bereichern, lii der Tha t gehörte dazu nichts als sorgfältige Cultur
und die Chance, dass man aus den aus Samen erzogenen Muttertulpeu
gelegentlich durch Parangoniren neue, schöne Sorten erzielte, die dann
stillschweigend vermehrt, und nach und nach in kleinen Posten auf den
Markt gebracht werden mussten. Eine grosse Capitalanlage war durchaus
nicht nöthig, ein Gärtchen und der Ankauf einiger einfarbigen
Tulpen, die nicht so viel kosteten, waren alles, dessen man bedurfte.
Allerdings war das ganze Geschäft auf gegenseitiges Vertrauen basirt,
da es ga r nicht controlirbar war, und man weder der gekauften Zwiebel
ansehen konnte, was für eine Blume sie bringen würde , noch auch iu
allen Fällen direct Betrug behaupten durfte, wenn letztere schlecht aus fiel,
weil j a Jedermann wusste, dass die Zwiebeln mitunter ohne e r sichtlichen
Grund zur Einfarbigkeit zurückkehren (vergl. G a e r g o e d t -
W a e r m o n d t , III, S. 68, 76, 86).
Es wäre ein Wunder gewesen, wenn solch’ ein bequemes und einträgliches
Geschäft nicht Auklang bei Leuten, die- gern reich werden
wollten, gefunden hätte. In steigender Anzahl wandten sich solche der
Blumenzucht und dem Blumenhandel zu, die selbst die dazu nöthige geringe
Anlage nur durch Verkauf ihres Geschäftes oder Handwerkzeugs, durch
übermässige hypothekarische Belastung ih re r Häuser aufbringen konnten.
Die erzielten Gewinne, so speculirte man, sollten bald alles repariren.
Damit begann alsbald die Speculationsperiode und mit dieser der erste
Keim des Tulpenschwindels. S a u t y n - K l u y t , * S. 65, e rz äh lt, dass
noch im Anfang des Jahrhunde rts , nahe bei der Stadt Ha r lem, eine
Anzahl winziger Gärtchen bes tanden, die aus jener Zeit sich erhalten
hatten. Wie mir He rr K r e l a g e mittheilt, befanden sich diese gerade
in der Gegend, in der je tzt sein Haus und Etablissement gelegen ist.
Anfänglich h a t man seine Zwiebeln sicherlich zu der Zeit gehandelt,
wo sie lieferbar wa ren, von Ende Jun i ab , wo sie aus dem Boden genommen
werden könneu, bis zum September, wo sie wieder eingepflanzt
werden müssen. Dann wird sich das Geschäft allmählich auf das ganze
J a h r ausgedehnt haben, und nun natürlich auf Lieferungsfrist im Sommertermin
geschlossen worden sein. Da nun, je nach der Nachfrage, sich
Differenzen in den gebotenen Preisen einstellten, so lag je tz t das Differenzgeschäft
auf der H a n d ; Geldspeculanteu bemächtigten sich des
Tulpenhaiidels, als einer geeigneten Unterlage für ihre Zwecke; die
Zwiebeln als solche tra ten in den Hinte rgrund und die Sache arte te
zum reinen Börsenspiel aus. Kennt doch G a e r g o e d t , III, S. 83, von
vielen Tulpen, mit denen er h an d e lt, nur eben die Namen und weiss
überhaupt nicht, wie deren Blumen aussehen. Dass eben diese Auffassung
schon damals bei den Behörden in Holland maassgebend war,
geht unmittelbar aus den gegen den Tulpenschwiudel getroffenen Maassnahmen
der Stadtverwaltung von Harlem und aus dem bezüglichen
Berichte des Bürgermeisters vou Harlem an den Hof von Holland h e r vor,
in welchem nämlich vor Allem auf ein Verbot des Tulpenhaiidels
auf Lieferungstermin gedrungen wird, oder vielmehr die Bestätigung
des in der Stadt bereits am 7. März erlassenen Verbotes Anon.®»,®®,®*,®®,
erbeten wird.
Es sind ferner die Zwiebeln, die doch in jedem J a h r nur eine
Blume gehen k ö n n e n , ursprünglich gewiss ausschliesslich stückweise
verkauft worden. Als aber dann die Geschäfte auf Lieferuiigszeit Platz
griffen, musste das für den Verkäufer ungünstig werden, da man ja
nicht wissen k o n n te , ob die in der Erde befindliche Zwiebel n u r eine
oder mehrere Seitenkiiospeu produciren werde. Man vergleiche dazu
die S. 77 abgedruckte Stelle aus Wa s s e n a e r * . Man ging desshalb zum
Verkauf nach dem Gewicht über und notirte das Gewicht der einzelnen
Zwiebel, bevor mau sie einpflanzte. Das hatte mehrfache Vortheile,
denn einmal ermöglichte es den Verkauf noch junger, nicht blühbarer
Nebenzwiebeln zu entsprechenden P re isen , und auf der anderen Seite
kounten starke Zwiebeln, die die Chance reichlicher Nachkommenschaft
in höherem Grade boten, u nte r günstigeren Bedingungen abgesetzt werden.
Auch der Käufer konnte seine Chancen übersehen; sein Risico bestand
in der Ungewissheit, wieviel solcher Nebenzwiebeln im Laufe der Wachs-
tliumsperiode gebildet wurden, deren jede bei den feineren Tulpensorten
je ein kleines Capital repräsentirte. Man suchte dem gelegentlich
Rechnung zu tr a g e n , indem man in den Kaufcontracten den l i ei s für
bestimmte Gewichtsmengen normirte und dann der Zahlung das Gewicht
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