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allzu grosse Wahrscheinlichkeit bietet. Wir würden es alsdann nicht
mit einem Rückschlag nach einer alten Stammform, sondern n u r mit
dem nach den E lte rn einer B a sta rdve rbindung zu th u n haben. Da aber
Vi lmo r i n das gleiche Resultat auch bei den Nachkommen einer ganz
anderen Kreuzung zwischen Triticum vulgare (blé Seigle) und Triticum
turgidum (blé Buisson) erhalten h a t , so müsste doch, wenn diese E r klärungsweise
die richtige sein sollte, ein geradezu wunderbarer Zufall
im Spiel gewesen sein. Vi lmo r i n sagt diesbezüglich S. 359: „De ce pied
sont sortis cette année des blés de toute so rte, b arbus ou sans barbe,
parmi lesquels, chose étrange, on remarque une tendance très marquée
à se rap procher des formes dérivées du Triticum spelta. Voilà donc
des plantes sorties d ’un blé ten d re et d ’un poulard, et q[ui reproduisent
des épeautres, on y trouve même une épeautrc rameuse issue de deux blés
à épis simples.“
Wenn man den im bisherigen begründeten Schlüssen b e itritt, dann
h a t man also in d er E u triticum g ru p p e eine Reihe von Formen verschiedenen
E n tsteh u n g sa lte rs, die sich in folgender Weise g ru p p iren :
Triticum monococcum — Triticum dicoccum — Triticum spelta — Triticum
vulgare, durum, tu rg id um , polonicum. Und das fällt wesentlich mit
B e y e r i n c k ’s Gliederung zusammen. Es ist schon oben erwähnt worden,
dass von ihnen allen mit Sicherheit n u r Triticum monococcum im wilden
Zustand bekannt ist. Von allen übrigen Arten ist es wohl unzweifelhaft,
dass von ih re r Spontane itä t in irgend einem Gebiet, dessen F lo ra bek
an n t ist, g a r n ich t die Rede sein kann. Die dürftigen positiven Angaben
der Reisenden, die mau bei d e Ca n d o l l e * zusammengestellt findet,
haben d o rt schon ihre Würdigung u n d Erled ig u n g gefunden. Schon
L i n k * h a tte ihnen n u r geringes Gewicht beigelegt. Und dass für den
Weizen in allen seinen heutigen C u ltu rlän d e rn ü b e rh au p t g a r nicht die
Möglichkeit e x is tirt, sich ohne Beihülfe des Menschen auch n u r eine
kurze Zeit zu erhalten, dass er also nicht einmal verwildern kann, weil
er an allen diesen Orten dem Wettbewerb d er einheimischen F lo ra nicht
gewachsen ist, gerade wie die Kornblume, die Rade und ande re Acker-
u u k räu te r auch, ist sonnenklar und allbekannt.
Die Id en titä t des cu ltiv irten Triticum monococcum mit dem habituell
etwas abweichenden kleineren und magereren Triticum boeoticum Boi s s .
Diag. (monococcum ß lasiorhachis Boi s s . Fl. or.) dürfte zuerst von
J. G a y festgestellt sein (Bull soc. bot. F r. VII. S. 30). Ich habe
verschiedene Exsiccaten (Balansa 1854, Nr. 137 zwischen Smyrna und
Magnesia; Balansa 1857, Nr. 1340 Ouchak, Phrygien in Weinbergen)
gesehen und ausserdem die von B e y e r i n c k erhaltene Pflanze se it Ja h re n
cultivirt. Griechische, serbische, mesopotamische Exemplare haben mir
nicht Vorgelegen. Ich finde n u r folgende Unterschiede gegenüber der
cultivirten Pflanze: Die B lä tte r sind schm äle r, und zwar locker, aber
ziemlich s ta rk b e h a a rt, die Rispe ist viel sch lan k e r, ih re Spindel ist
mit milchweissen Haaren besetzt, die, ü b erall verbreitet, am oberen Ende
der Glieder besonders entwickelt sind und dichte weisse Büschel bilden ;
die Aehrchen sind viel k le in e r, meist dunkel gefärbt. Alles dies sind
Cha raktere von geringerem Belang. Dazu kommt freilich der Umstand,
dass Triticum boeoticum zweijährig, nicht an n u e ll ist wie unser Triticum
monococcum. Die bezügliche Angabe der F lo ra orientalis is t nicht
richtig, F rü h jah rsau ssa a ten im Stra ssb u rg er G arten waren nie zur Blüthe
zu bringen und bildeten noch im H erbst niedrige und sehr gedrungene
Stöcke. Nur bei Herbstaussaa t wurde normale Entwicklung erzielt.
Indessen lehren uns die Verhältnisse beim R o g g en , dass auch d a rau f
ein übermässiges Gewicht n ich t gelegt werden darf. Denn Secale cereale,
obschon je tz t einjährig, stammt doch ziemlich zweifellos von dem perennen
Secale montanum ab, auf dessen Lebensdauer gelegentliche Rückschläge
hinweisen. K ö r n i c k e * S. 124 s a g t: „An diese Eigenthümlichkeit der
Urform e rin n e rt aber noch unser Roggen, indem er wieder ausschlägt,
wenn die Stoppeln längere Zeit au f dem Felde steh en .“ Und in Südru
sslan d giebt es nach B a t a l i n * eine Roggensorte, die als perennirende
Pflanze cu ltiv irt wird und mehrere J a h re h in te re in an d e r neue Halme
tre ib t.
Was nun die u rsp rü n g lich e Heimath der übrigen n ich t mehr wild
bekannten Formen d e r Gruppe an g eh t, so lag zunächst nichts näher,
als sie eben in den Gegenden zu suchen, in denen das Triticum monococcum
gefunden wird. Das ist denn auch bis in die neueste Zeit gewöhnlich
geschehen. Warum sie dort je tz t th a tsäch lich nicht mehr der
einheimischen F lo ra angehören, blieb in der Regel gänzlich u n e rö rte rt.
Aus seinen Untersuchungen ü ber das Blühen d er Gräser h a t Godron*®
in ganz origineller Weise einen Schluss au f das Klima gezogen, in dem
d er wilde Weizen gelebt haben müsse. E r sagt S. 66: „Cette céréale
ne pouvant non plus être cultivée avec succès dans les pays où les
pluies sont ra re s et p a r conséquent le sol aride, une certaine humidité
du te rra in et une chaleur matinale modérée paraissent indispensables
pour donner à ses fonctions de reproduction l ’activité nécessaire“ , und
meint dann, dass Mesopotamien und Aegypten diese klimatischen Verh
ältnisse in exquisitem Maasse bieten. Eine kurze Darlegung seiner
Auseinandersetzungen d ü rfte h ie r wohl am Platze sein.
Bei allen Grasformen mit äh ren a rtig e r Rispe beginnt die En tfaltu n g
d er Blüthen in d er Mitte der Gesammtinflorescenz, gegen oben und unten
fortschreitend. Dabei eröffnet jedes Einzelährchen dieselben in acro-
p etale r Folge; seine u n te rste Blüthe t r i t t zuerst hervor. Bei zwei-
blüthigen Aehrchen kommt es wohl v o r, dass beide zugleich sich en tfa
lten , so z. B. bei A rrhena terum elatius. Bei allen diesen Gräsern
findet die Eröffnung am frühen Morgen s ta tt u n d wird wesentlich durch
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