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versiegbaren Kraftmittels noch nicht bedient, und der Quell
sprudelt so frei und unbehindert wie vor 3000 Jahren über
die Felsen seinem nahen Grabe — dem Meere — z u , aber
was er einst so blühend geschaffen, die schönen Bäume,
Sträucher und Blumen, ja selbst die der Aphrodite geweihten
Granatäpfel, sie sind längst verdorrt und ihre verkümmerten
Nachkommen sind zu schwach, sich gegen den Eingriff der
verfachenden Zeit auf diesem heiligen Terrain behaupten zu
können. Einsam stehen hie und da uralte — wohl 600 bis 700
Jahre zählende — Terebinthen, sprechende Zeugen von der nährenden
Kraft der Quelle, die durch alle Gesteinsschichten hindurch
bis zu ihr ihre gewaltigen Wurzeln ausstrecken.
Der freundliche Consul Smi th, hier Landes geboren
und mit seiner Umgebung wohl vertraut, begleitete uns von
da aus nach dem nahen Paphos, und unterliess nicht, uns
über alle wichtigen Gegenstände und Localverhältnisse Auskunft
zu ertheilen.
Pap h o s ist jetzt nur ein Dorf, aber ein breites weit
ausgedehntes, dessen ärmliche Häuser und Hütten zwischen den
verfallenen Kirchen und Palästen, zwischen dem Schutt seiner
ehemaligen Tempel und Prachtgebäude fast verschwinden.
Wir hatten unser Zelt unter einem malerischen Sandsteinfelsen
aufgeschlagen, auf dem sich eine von Terebinthen
beschattete kleine griechische Kapelle erhob. Die Stoppeln
des Ackerfeldes waren der Teppich, auf dem wir ruhten.
Wenn man auch nur die vielen, theils aufrechtstehenden,
theils auf der Oberfläche des Bodens liegenden Granitsäulen
in’s Auge fasst, so muss man staunen, welche Wohlhabenheit,
welcher Luxus einst hier geherrscht h a t, der mit nicht unbedeutenden
Kosten diese prachtvoll gearbeiteten und geschliffenen
Monolithe aus dem fernen Oberägypten hieher
bringen liess *). Berücksichtiget man aber auch die Marmormonumente,
die Säulenschäfte, Kapitaler, Inschriftsteine, die
*) Antike Granitsäulen sah ich auch in Famagosta, Salamis und bei
Episkopi.
zahllos herumliegenden Quadern aus Sandstein, so erlangt
man zugleich eine Idee von der Grösse und der Bevölkerung
der Stadt, die obgleich sie zu Augustus Zeiten durch Erdbeben
zerstört wurde, doch bald herrlicher wieder aus ihren Trümmern
hervorgegangen ist und daher später Augusta genannt wurde.
Man bezeichnet vielleicht nicht mit Unrecht eine hart
am Meere liegende Anhöhe, nicht ferne des von den Genuesen
erbauten Castells, als den Ort, wo das wichtigste Gebäude
der Stadt, der Tempel der Aphrodite stand. Trümmer
von Säulenschäften, Bruchstücke von Mosaik liegen herum
wie nichtige Holzspäne. An der Nordseite derselben nimmt
man zahlreiche Eingänge nach dem Souterrain wahr, mit
Treppen in die Tiefe, die aber durch angehäuften Schutt
gänzlich unzugänglich geworden sind. Besonders erwähnens-
werth sind daselbst die cysternenartigen Vertiefungen, aus
denen Quellwasser! heraufgehoben wurde.
Ein anderes Gebäude mitten in der ehemaligen Stadt,
als das Bad der Aphrodite bezeichnet, aus Quadern von cyklo-
pischem Umfang erbaut, ist später in eine christliche Kirche
und zuletzt der ursprünglichen Bestimmung wieder näher
gerückt — in ein türkisches Bad verwandelt worden. Gegenwärtig
dient es als Kuhstall.
Am nördlichen Ende, wo gewaltige Sandsteinfelsen über
den Boden hervorragen, sind künstliche Erweiterungen der
ursprünglich vorhandenen Höhlen zu Wohnungen benützt
worden, in jenen Zeiten, als die Insel noch ein geschlossener
Wald und-, für das Heiligthum der Liebesgöttin noch kein
Stein herbeigeschafft war. Eine dieser Höhlen, zu deren
Tiefe eine steinerne Treppe hinunterführt, sieht man in eine
einfache allem Anscheine nach primitive Kapelle — jetzt der
heiligen Salomone gewidmet umgewandelt, vielleicht schon
in jenen Zeiten, als der Apostel Paulus hier das Evangelium
predigte und den damaligen Proconsul Sergius zu einem
glaubensfesten Anhänger des Christenthums machte.
Neben daran, ein paar Klafter höher findet sich in derselben
Höhle eine Quelle von süssem Wasser, das somit
wie aus dieser und der früheren Angabe ersichtlich ist, der