Wie ist es möglich, kräftige Bäume auf solche Weise
zu Grunde zu richten, so frägt man sich, denn dass ein so
verstümmelter Baum nicht mehr lebensfähig ist und in kurzer
Zeit dem Tode und der Fäulniss anheimfällt, ist ja von selbst
klar und verständlich. Warum nimmt man denn nicht auch
den um so viel werthvolleren Stamm , wenn man schon die
Aeste desselben zur Verwendung geeignet gefunden hat? Sollte
man es glauben, dass in allen Fällen hieran nur die äusserst
mangelhaften Werkzeuge, die der Landmann besitzt, die
Schuld sind, und die. ihm wohl das.minder dicke Astwerk
aber nur mit grossen Beschwerden die Stämme der Bäume
gewinnen lassen. Auf der ganzen Insel fehlt die Säge, ja
selbst die Handwerker wie Zimmerleute und Tischler bedienen
sich nur der Blattsäge, und dieser sogar zum Brettermachen.
Zahlreich sind die Stämme der Seestrandkiefer und
der Eichen, die ich am Grunde behackt angetroffen habe;
die Schwierigkeit der vollkommenen Fällung hat es in diesen
Fällen bei dem Versuche bewenden lassen und sich zuletzt
nur mit der Verwerthung der Aeste begnügt. Der Bedarf
des Holzes zum Bau der Häuser und zur Feuerung
ist so mässig und unwählerisch, dass, wo andere Nationen
mit mittelschönen Stämmen kaum auslangen, hier das Astwerk
vollkommen genügt.
Aber auch da, wo der Stamm wirklich gefällt wird, geschieht
es nur seiner Aeste wegen, denn man hält es in der
Regel für zu mühsam, die Aeste vom aufrechtstehenden
Baume, besonders wenn sie hoch oben entspringen, zu
nehmen. Man zieht es vor, den Baum lieber niederzulegen
um zu seinen Aesten zu gelangen, den Stamm selbst aber
als unbezwingbar der Vermoderung Preis zu geben, denn es
kostete das Spalten und Verkleinern desselben so viele Zeit,
dass in der gleichen Zeit ein zweiter und dritter Baum zum
Falle gebracht und ausgebeutet werden kann. So bleibt man
hier in Cypern gleichsam auf der halben Arbeit stehen, und
lässt die Verkleinerung des gefällten Stammes jener Kraft
die zwar langsam aber endlich doch auch die Bande löset und
alles verkleinert, aber leider nicht zum Vortheile des Menschen.
Da der Brennbedarf auf der ganzen Insel fast ausschliesslich
von Gestrüppe hergeholt wird, und die Herbeischaffung
desselben dem zarten Geschlechte, wahrscheinlich
aus übergrosser Zärtlichkeit von Seite des derben Geschlechtes
zusteht, so ist auch dort, wo statt Gestrüpp der Wald Platz
genommen hat, nicht weniger das Weib dazu bestimmt, das
Brennholz zu gewinnen und es auf dem Rücken nach Hause
zu schleppen. Ich kann es ihren zarten Händen darum nicht
verargen, wenn sie statt an einem bereits gefällten Baume
Hand anzulegen, sich lieber über junge 10—15 jährige
Bäumchen hermachen, und diese —s; die Hoffnung und der
Stolz der kommenden Generation — erbarmungslos dem Tode
widmen.
Während man in Europa einen solchen Waldfrevel einst
mit dem Abhauen der verruchten Hand bestrafte, ist das hier
im Lande Kypros gang und gäbe, und Niemanden fällt es
ein zu k lag en , wenn die Umgebung des Dorfes in Kurzem
von allen Waldbäumen entblösst ist, und auch keinen Nachwuchs
mehr zu gewärtigen hat.
Allein dies ist nur eine Geringfügigkeit gegen die
Waldverwüstung, welche in den Hochwäldern der höheren
Gebirge, wo die karamanische Föhre herrscht, stattfindet, wie
ich das oft genug mit eigenen Augen und mit tiefem Ingrimm
über das unwürdige Geschlecht, das diesen Boden betritt,
bemerkt habe: es ist die Waldverwüstung durch H a r z g e w
in n u n g . Ist der verheerende Waldbrand, wo meilenweite
Strecken Waldes in Asche verwandelt werden, ein grosses
Uebel für ein Land, das um so nachhaltigere Folgen nach
sich zieht, je langsamer die Holzproduction vor sich geht,
so ist doch ein Gebahren mit dem Baume, das ihn im besten
Alter schonungslos dem Tode Preis gibt, eine wahre Pest
des Waldes zu nennen, die nicht nur für die Gegenwart,
sondern auch für die Zukunft jeden kräftigen Waldwuchs
vernichtet und den Untergang des Waldes herheiführt.
Es mag nicht uninteressant für alle jen e , denen überhaupt
das Gedeihen der Wälder am Herzen liegt, sein zu erfahren,
in welcher Weise hier zu Lande das Harzen der