VII. Zustand der Agricultur.
I. Boden, Feldbau.
Als die ersten Ansiedler nach Cypern kamen, hatten
sie Noth ein Fleckchen Erde zu finden, wo sie sich niederlassen
und den Boden mit Getreide bebauen konnten. Die
ganze Insel war, die Felsen ausgenommen, mit Bäumen bedeckt.
Wie überall so geschah es auch hier, dass der Wald dem
Felde weichen musste, und dies erfolgte um so leichter und
rascher, als die insulare Beschaffenheit des Landes Holz zum
Baue der Schiffe bedurfte und die entdeckten Kupferminen
zum Abbau derselben, so wie zur Ausbringung des Me-
talles gleichfalls eine nicht geringe Menge Holz erheischten.
So verschwand nach und nach zuerst am Saume der Insel,
dann in den ebenen Gegenden des inneren Landes der Wald,
so wurden später die Hügel und Vorberge des Gebirges
von ihrem natürlichen Schmucke entblösst, und endlich blieb
derselbe nur mehr auf das Hochgebirge eingeschränkt, wo er
in unzugänglichen Schluchten und auf unerreichbaren Kuppen
noch gegenwärtig in seiner ursprünglichen Schönheit und Kraft
als indigener Beherrscher des Bodens erscheint. Hier ragen
seine Stämme noch als schlanke Masten in die blauen Lüfte
und spotten des Menschen, der die vernichtende Axt bis
hieher — und nicht weiter zu tragen vermochte.
Aber wie es allgemein die Erfahrung lehrt, ist die Vernichtung
des Waldes nicht ein eben so grösser Gewinn für
die Area des Feldbaues. Nur ein Theil des Bodens eignet
sich in der Regel nach Abtreibung des Waldes für denselben,
ein anderer Theil bleibt seiner Unproductivität wegen zu
diesem Zwecke fast immer untauglich und ist daher nur mit
Schaden aus dem Bereiche des Waldes gezogen worden;
denn die Wiedererzeugung des Waldes auf solchen Stellen,
wo er ganz und gar weggefegt wurde, ist, wenn nicht ganz
unmöglich, doch eine Sache, die sich in südlichen Ländern
auf Jahrhunderte hinauszieht.
So sehen wir denn auch auf dieser Insel neben dem
eingeschränkten Walde nur einen Theil seines früheren Bodens
dem Feldbau zugewiesen, der bei weitem grössere Theil
als unfruchtbar und der Cultur unfähig, spielt nun die Rolle
des Gestrüppes und des ganz unproductiven Landes, das nur
herumirrenden Herden von Schafen und Ziegen eine spärliche
Nahrung gewährt.
Leider gilt es auch für Cypern, dass der Wald, wie im
ganzen Orient, mit Feuer und Schwert verfolgt wird. An Gestrüppbränden
fehlt es auch hier nicht, ja selbst junge Wäldchen
der Seestrandskiefer — die Hoffnung, kommender
Geschlechter — müssen der verheerenden Flamme weichen,
um eine spärliche Asche zurückzulassen, von der durch ein
paar Jahre einige Cerealien kümmerlich ihr Dasein zu fristen
vermögen. Solche Brandstätten, schaudervolle Bilder! sahen
wir in weiter Verbreitung über Berg und Thal auf dem Wege
von Pisuri nach Kuklia, und auf dem Vorgebirge Akamas
hat dies Schicksal streckenweise die schönsten Kieferwäldchen
erreicht.
Nehmen wir das Culturland etwa 350.000 Joch an, so
beträgt der unproductive Boden sicherlich doppelt so viel,
wobei die felsigen, von Natur aus niemals bewaldeten Strecken
überdies noch ausgeschlossen sind. Man ersieht sonach, dass
mehr a l s die Häl f t e der I n se l ge g enwä r t i g eine Wü s
tene i ist, die, indem sie für das Erträgniss des Bodens keinen
Werth hat, überdies auf die klimatischen Zustände ungünstig