welche ich mitbrachte, liessen den Sachverständigen ersehen,
von welcher Festigkeit das Mauerwerk construirt
war. Unter dem zweiten noch unzerstörten Vertheidigungs-
thurme vertieft sich der Boden zu einer mächtigen Cysterne.
Aber auch ausser dieser deuten zahlreiche rinnenatige
Vertiefungen im Gesteine noch auf das Vorhandensein anderer
Sammelcysternen im Bereiche der Burgmauern, die jedoch
jetzt durch eingestürzten Schutt unkenntlich geworden sind,
denn ohne Sammlung des Wassers in zahlreichen solchen
Vertiefungen wäre ja selbst die Ausführung eines so ausgedehnten
Baues schlechterdings unmöglich gewesen.
Mögen auch die noch weiter gegen die Spitze des Felsens
fortsetzenden Mauern unter sich in einer zugänglichen
Verbindung gestanden haben, gegenwärtig ist man nicht mehr
im Stande auf eine andere Weise die Spitze zu erreichen,
als durch ein halsbrecherisches Klettern in den senkrechten
Felswänden. Da ich die Absicht hatte dieselbe zu erreichen,
schon desshalb um eine Höhenmessung vorzunehmen , liess
ich mir den zu diesem Zwecke von dem Führer mitgenommenen
Strick gutwillig um den Leib schnüren und begann
an diesem Gängelbande das gefährliche Aufwärtsklettern.
Allein ungeachtet aller Anstrengungen vermochte ich es nicht
weiter als um einige Klafter höher zu bringen und musste
mich bescheiden in einer engen Kluft, wo ich mich nicht einmal
umdrehen konnte, hängen zu bleiben, während der gewandte
und kräftige K o ts c h y mit dem Führer glücklich die Höhe
erreichte und wieder zu meiner Station zurückkehrte. Indessen
hatte ich hier mit meinem Hypsometer eine Messung
vorgenommen, welche eine Seehöhe dieses Punktes von 2892
par. Fuss ergab. Nimmt man an, dass diese 'Station etwa
100 Fuss tiefer als die Spitze liegt, so hat man für den obersten
Punct des Castells von BufFavento, der auch durch einen
Thurm gekrönt i s t , nahezu 3000 F u s s , was so ziemlich mit
G a u d ry ’s Messung übereinstimmt, der diese Spitze 3041
Fuss fand.
Dieses Felsenbollwerk führt auch den Namen Castello
della regina, nicht etwa desswegen, weil es eine der Königinnen
des Landes erbaut, sondern vielmehr, weil es ein in
gewisser Beziehung ungewöhnlicher, königlicher Bau ist, und
wie S a k e lla r io s bemerkt, man dieses Epitheton auch ändern
ähnlichen grossartigen- Bauwerken der Insel ertheilte.
Einer Sage zu Folge sollen hier 101 Kammern vorhanden
gewesen sein, was jedoch, wenn man die Ruine überblickt,
nicht möglich ist, und darin seine Erklärung findet, da die
Türken mit dem Ausdrucke yüsch-bir-oda (Hundert und ein
Zimmer) jede mittelalterliche Ruine bezeichnen. Ebenso wird
Maria Molino eine Cypriotin aus edlem Geschlechte — dieselbe
welche sich in St. Chrysostomo die Gruft erbaute ?#- als Gründerin
dieses Adlersitzes bezeichnet, nach der Angabe Einiger,
um sich gegen die Verfolgungen des Templerordens sicher zu
stellen, oder was weniger wahrscheinlich ist, um sich von
der Welt abzuschliessen, weil sie an einem unheilbaren Aussatze
litt. Die Sage erzählt noch weiter, dass sie sich auf den
Rath des Joh. Ch ry s o s tom o s , nach Ändern durch ihren an
demselben Uebel leidenden Schoosshund veranlasst in einem
Wasser badete und dadurch Heilung ihres Leidens fand. Aus
Dankbarkeit erbaute sie über diese Quelle das Kloster Chrysostomo.
L e B ru n (1. c. p. 377) versichert, dass noch zu
seiner Zeit (1700) Kranke diese Quelle besuchten.
Da ich eine Mineralquelle in der Nähe des Klosters nicht
sah, auch hierüber nichts vernahm, so kann es nicht anders
sein, als dass der spärliche Klosterbrunnen, welcher als Trinkwasser
benutzt wird und die umliegenden Gärten und Felder
tränkt, dereinst als Heilquelle diente, im Laufe der Zeiten
aber viel von ihrem Rufe eingebüsst haben mag.
Eine besondere Aufmerksamkeit schenke Ali Bei auf seiner
Reise diesem Felsen-Baue, den er, wie kaum zu begreifen
, für uralt erklärt, obwohl weder er noch Andere über
dessen Entstehung etwas Sicheres in Erfahrung bringen konnten;
ja er geht so weit,' aus dem Baustyle und der Eleganz der
Ausführung auf einen weiblichen Erbauer zu schliessen, den
er der Sage gemäss gleichfalls in der Maria Molino annimmt.
Auf der Tafel XXI seines Werkes gibt er zugleich einen Situationsplan
dieses Schlosses, der jedoch meines Erachtens