ausrotten möchte. Doch dazu bemerkt man wenig Lust, es
sei denn für die Cultur des Weinstockes, der weniger Pflege
bedarf. Auch an Obst würde es nicht fehlen, wenn man
sorgsamer in der Pflanzung der Fruchtbäume wäre. Zwar
kommt in dieser Höhe weder der Oelbaum noch der Granatapfel
mehr fort, doch sind Birnen, Aepfel, Kirschen, Aprikosen,
Mandeln, Mispeln, Maulbeeren und Wallnüsse wie zu Hause,
und es fehlt nur, dass dieselben vervielfältiget werden. Auch
die Kartoffel findet in Prodromo einen gedeihlichen Boden,
aber auch dieses Manna der Armen wird hier gleichsam nur
versuchsweise angebaut und befriediget keineswegs selbst
die bescheidensten Wünsche der spärlichen Bevölkerung.
Allein was wir in diesem Gebirgsdorfe sicherlich zu
finden hofften, aber auch nicht trafen, war Milch, Butter und
Schmalz. Letztere sind ganz unbekannte Dinge, und was
die erstere betrifft, so hätten wir sie allerdings haben können,
wenn uns der Weg zur nächsten Mandra von 2—3 Stunden
nicht zu weit gewesen wäre. Der Mangel an Weiden in der
Nähe des Dorfes nöthiget die Hirten entfernte Gegenden
zu suchen.
Im Ganzen scheint die Bevölkerung ruhig und stille zu
leben und selbst mit den nächsten Anwohnern wenig zu verkehren,
aber desshalb keineswegs aller Rohheit baar zu sein,
wie wir dies an uns selbst erfuhren, denn es ist gewiss kein
Zeichen von Humanität, wenn man Hunde auf denjenigen
hetzt, dessen Gefälligkeit und Wohlwollen man früher in
Anspruch genommen hat.
Für die geringe Anzahl der Bewohner des Dorfes sind
die zwei Kirchen, wovon eine freilich schon sehr baufällig
zu sein scheint*), und nur in ungewöhnlichen Fällen benützt
wird, offenbar zu viel. Dazu sind fünf Papas bestellt, die
aber auch statt den Boden zu bebauen, sich lieber auf die
faule Haut legen. Dies steht vollkommen in Einklang mit
dem einzigen Vergnügen, das die Leute hier kennen, näm-
* ) Man sehe die Radirung den Gebirgsstock im Westen von Prodromo
darstellend.
lieh dem Wallfahren. Sowohl Trooditissa als ein anderes
fürchterliches Felsennest Kikko auf einer beinahe unzugäng-
liehen Bergspitze hingebaut, geben vielfältige Gelegenheit zu
dergleichen Wanderschaften, die aber auch auf Entfernungen
von 2—3 Tage ausgedehnt werden. Dass dabei die Hausund
Feldwirtschaft nicht sonderlich Fortschritte machen
kann, liegt auf der Hand. Dass aber die Mönche diesen
christlichen Müssiggang unterstützen ist begreiflich, weil sie
davon leben und ihren grössten Nutzen ziehen. —
Indess kann ich von dem kleinen Gebirgsdorfe nicht
scheiden, ohne nicht auch seine, poetische Seite hervorzuheben,
wenn sie gleich nichts weniger als originell ist.
Wenige Schritte ausser dem Dorfe befindet sich die Quelle,
die den Bewohnern desselben das Trinkwasser liefert. Unter
hohen Bäumen und an der Seite eines schattigen Laubganges
quillt sie spärlich hervor, ist aber durch die niedere Temperatur
(9-7ü R.) und durch ihre Reinheit zum Genüsse ganz
vorzüglich geeignet. In dem Jahre 1819 hat ein Verehrer
derselben sie in Marmor gefasst und mit einer poetisch klingenden
Widmung versehen.
Der sechszeilige Vers wird von nicht weniger kunstvoll
gemeiselten Rosen umsäumt und gleicht diesen in Gedanken
und Ausführung. Der hier ausgedrückte Vergleich mit dem
Hirschen passt schon darum nicht, weil Hirschen der Insel
fremd sind, wenn nicht, wie Plinius behauptet, dieselben zuweilen
von Cilicien herüberschwimmen.