
schöpfe. In den Mittheilungen ans dem Königlich zoologischen Museum zu Dresden II. Heft
1877 befindet sich ein Aufsatz des Dr. A. B. Meyer über die in erwähnter Sammlung
befindlichen Anthropomorphen. Ausser der vielbesprochenen Aeffin Mafuca werden
daselbst O r a n g -U ta n , G ibb on , C him pan se und G o r illa hinsichtlich ihres A eu ss e r en
und ihres S k e le te s behandelt. Als Anhang zu diesem Aufsatz dient eine Arbeit
T h. L. Wi v. Bischoff's über die E in g ew e id e und das Gehirn der Mafuca.
II. Die äussere Körpergestalt des Gorilla, Chimpanse n. s. w.
Bei wenigen Thieren treten in der ganzen Körpergestalt die U n te r s c h ie d e des
A lte r s und des G e sc h le ch te s so sehr in den Vordergrund, wie beim G o r illa . Die
V e r s ch ied en h e iten im A eu sse r en zwischen einem ju ng en und einem a lten M ännchen,
einem a lten Männchen und einem a lten W eibchen, einem ju n g en und einem a lten
W eibchen sind höchst auffallende.
Betrachten wir hier zunächst das a lt e Männchen. An diesem hat sich die gewaltige
Orista sagittalis des S ch ä d e ls entwickelt, in Folge dessen der Scheitel sich in
der Mittellinie firstenartig erhebt. Mit der Orista sagittalis kreuzt sich im Hinterhauptsbereiche
des S ch ä d e ls die Orista lambdoidea. An dieser Kreuzungsstelle erhebt sich
der H irn sch ä d e l stark nach hinten und in die Quere. Dieser Theil des K o p fe s steigt
also steil empor, wogegen die Stirngegend allmählich eng wird und nach vorn und unten
abfallt. In Folge davon erscheint der Kopf hinten höher als vorn. Zugleich erheben sich
die Dornfortsätze der H .—VIT. Halswirbel nach hinten und oben. Diese Theile sind mit
einem dicken Belag von Nackenmuskeln versehen, welche an der tief nach abwärts und
vorwärts gesenkten Hinterhauptschüppe sich ansetzen und einen mächtigen, nach der Halsmitte
hin an Dicke zunehmenden Wulst bilden, über dessen oberes Ende die Orista
lambdoidea sich noch etwas hinüberdacht.1
Das Gesicht ragt stark prognath nach vom und unten hervor. Breit, hoch und
-dick wölben sich die mit sehr entwickelter knöcherner Grundlage versehenen Augenhöhlenbögen,
welche die pechschwarze, runzlige Haut bekleidet. An den Augenhöhlenbögen
findet sich ein breiter Busch nicht dicht stehender, ungleich langer, bis zu 40 Mm. Länge
erreichender tiefschwarzer Augenbrauen.1 2 Die Augen haben einen nicht sehr grossen
1 Vergl. Taf. I dieses Werkes. Ferner: J. GeoffröY St, Hilaire 1. s. c. PI. I—III, VI. Weniger
deutlich lässt sich dies Verhalten auf PI. I von Owen’s „Me/moir on the Gorilla“ erkennen.
2 Darwin führt mit Recht an, dass man irrthümlicherweise dem Affen „Augenbrauen“ a b g e sp r o ch en
habe, (Gesammelte Werke, deutsch von V. Carus, I, S. 197.) Ich selbst fand diese Haarbildung bei allen
A f fen a r t en , zwar nicht in Form eines zusammenhängenden Haatsaumes wie bei uns, sondern vielmehr nur
in Gestalt von aus borstenformigen Haaren verschiedener Länge gebildeten, hauptsächlich den medialen Abschnitt
des Augenhöhlenbogens (Arcus supraorbitalis) einnehmenden Büscheln. Eine ähnliche ru d im en tä r e
A u g en b r a u en b ild u n g findet sich auch bei anderen Säugethieren, z. B. selbst bei Raubthieren und Wiederkäuern,
d eu tlic h v e r tr e ten .
Schlitz, aber längsgefaltete Lider mit gut entwickelter Bewimperung des oberen, mit etwas
schwächer entwickelter des unteren Bandes. Der innere Augenwinkel mit ausgebildeter
Thränenwarze schneidet etwas schräg ab- und medianwärts in den Nasenrücken hinein.
I)er Augapfel hat eine dunkelbraune Bindehaut, deren Pigmentirung noch gesättigter umbra-
farben ist,1 als die bei diesen Thieren heller gelbbräunliche Iris. Die Augenbrauenbögen
berühren einander mit ihren medialen Ausläufern oder gehen noch häufiger direct in einander
über. Die genannten Bögen ragen schildförmig oberhalb der Augen und der Nasenwurzel
hervor, Runzlige, dem kräftigen Museulus sphincter oculi aufliegende, mit diesem und der
knöchernen Grundlage einen. dicken Wulst bildende Haut bedeckt jede dieser Gegenden.
Zwischen den Augen beginnt ein (je nach der Individualität) bald breiter, bald schmaler, hier
erhabener dort niedriger, 7Ö—80 Mm. langer Nasenrücken und geht in den hohen und breiten
Spitzen- sowie Flügeltheil der Nase über. Dieser Theil ragt wie ein flacher, breiter Zapfen,
oder wie eine gesonderte K ap p e am Antlitz hervor, und ist durch eine sattelförmige
Einschnürung, in deren Tiefe sich längere und kürzere, bald näher bald entfernter voneinander
befindliche ParaHelfalten zeigen, abg eg renzt.Die Nasenspitze ist etwa gleichseitig
dreieckig gestaltet. Die äüsserste unterste Spitze selbst geht in die vorn nur schwach
eingebuchtete Scheidewand ^^ber, welche letztere sich in einer wohl wahrnehmbaren
medianen Wulstung nach abwärts bis an den oberen Lippenrand fortsetzt. Der Spitzen-
theil der Nase zeigt eine mediane Längsfurche. Vom oberen Abschnitt derselben ziehen
die lateralen Ränder der kappenartig hervorwachsenden Flügelknorpel stark bogenförmig
geschweift nach aussen und unten. Hier erreichen sie fast den Rand der Oberlippe.
Daher macht es ganz den Eindruck, als ob die flache, breite Nasenpartie samrnt den Flügeln
ungefähr d ie s e lb e Breite wie der zwischen den Eckzähnen gelegene mittlere Abschnitt
der Oberlippe zeige. (Vergl. Holzschnitt No. II). Die laterale schärfere Abgrenzung
wird noch dadurch bestimmter, dass die furchtbaren Eckzähne pfeilerartig nach unten
und zugleich etwas lateralwärts vorspringen und dass zwischen ihnen die Oberlippe sich
flach und horizontal ausdehnt. Die Wangen sind oben unter den Augen breit und voll,
nach unten fallen sie hinter der Nase und Oberlippe ein. Wie das ganze Gesicht, so
sind auch sie mit dunkelschwarzer etwas glänzender Haut bekleidet. Diese zeigt hier
und da Haar- und Drüsenwärzchen, an den Wangen, unterhalb der unteren Lider unregelmässige,
nach unten sich ausbiegende Querfalten, während die warzen- und quaddelnreiche
Oberlippe mit median- und abwärts gerichteten Falten durchzogen ist. Der Lippenrand
ist dickfaltig und schmutzig-bräunlich-roth gefärbt.
Am Schädel des a lten m ännlichen G o r illa wendet sich das direct in die rahmenartig
gebildeten Umgrenzungen der Augenhöhlen übergehende Jochbein breit Und platt
nach vorn. Hierdurch wird das Antlitz in gewisser distincter Weise umsäumt. Diese
ganze Umsäumungspartie besitzt bei alten Männchen über den Masseteren einen wulstigen
Belag von fettreichem Bindegewebe, letzterer eine tiefere mit dem Periöst der Malarknochen
1 So fand ich es selbst an den noch im Balge eines alten männlichen Gorilla haftenden, eingetrockneten
Augen', welche in einer Mischung von Alkohol, Glycerin und 35°/0 Natronlauge 10 Minuten lang gekocht,
wieder aufquollen und so der Untersuchung anheimfielen.
R. H artmann, Gorilla.