
Einen sechsten rechten und linken oberen Backzahn sah ich ein einziges Mal an
einem vom Ogöwe stammenden Individuum.
Der Schädel des Gorilla, Chimpanse und Orang im Vergleich zimi Menschenschädel.
Dieser Gegenstand ist zwar bereits von Owen, J. Geoffroy St. H dlaire, Duvernoy,
H uxley, Brühl, Aeby, P runer, L ucae, St. George Mtvart, Gig l io u , Bischoff,
V crchow, Broca und Anderen in z. Th. sehr ausgedehnter Weise behandelt worden,
indessen will ich trotzdem nicht verfehlen hier eine Anzahl darauf bezüglicher eigener
Wahrnehmungen mittzutheilen.
Am S ch äde lg ru n d e zeigt sich der Basilartheil des Hinterhauptsbeines in der Mehrzahl
der Fälle steiler nach vorn und oben gerichtet, als bei Gorilla, Chimpanse und Orang.
Dagegen finde ich in Bau und Stellung der Condylen keinen durchgreifenden Unterschied
zwischen Anthropoiden- und Manschen - Schädel. Man hat zwar annehmen wollen, dass
die Langsamen der menschlichen Hinterhauptscondylen vorn unter einem sich, mehr dem
rechten nähernden Winkel convergirten als bei den Anthropoiden. Allein ich finde denn
doch dieses Verhalten bei Menschen verschiedener Individuen und Rassen sehr variirend.
Ich finde ferner, dass bei Gorilla's zwar die vordere Divergenz der Längsaxen der Condylen
eine im Ganzen beträchtlichere ist, dass sich hier die Axen, nach vorn verlängert, unter
spitzerem Winkel schneiden, als durchschnittlich beim Menschen, dass aber auch beim
letzteren innerhalb gewisser Grenzen V a ria tion en Vorkommen. Bei Chimpanses und Orangs
findet hier entschieden eine Annäherung an menschliche Verhältnisse statt. Die Verlängerung
der Fossa condyloidea lateralwärts vom Condylus (S. 116) habe ich auch beim Menschen,
wiewohl nicht häufig und selten in einem annähernd so starken Grade, beobachtet. Ich werde
hierüber im H. Bande meiner „ N ig r it ie r “ (I. Bd. Berlin 1876, 8) ausführlicher berichten.
Processus mastoideus und styloideus sind bei den Anthropoiden vorhanden. Wir haben
die Differenzen bereits kennen gelernt, welche den ersteren dieser Knochenfortsätze unter
Menschen und menschenähnlichen Affen characterisiren. Der Processus styloideus der
letzteren ist ja unzweifelhaft rudimentär: es giebt Fälle, in denen man mit Mühe Spuren
seiner Anwesenheit entdeckt. Häufig ist es nur die Vagina, deren Vorhandensein sich
constatiren lässt. Bekanntlich giebt es auch beim Menschen Fälle, in denen der Processus
styloideus fehlt. I Die über die untere Fläche des Felsentheils von aussen und hinten nach vorn und
medianwärts verlaufende Kante hängt beim Menschen mit der Vagina processus styloidci
zusammen und zieht hart lateralwärts am Foramen caroticum externvm vorüber. Sie ist
zuweilen und zwar an Schädeln verschiedenartigster Rassen sehr entwickelt, allerdings
bei Männern stärker als bei Frauen.' Auch bei den Anthropoiden bildet diese Kante die
vordere Fortsetzung der Vagina des Processus styloideus und endet vorn beim Gorilla und
Orang häufiger, beim Chimpanse seltener, mit, den oben mehrfach beschriebenen zinkenartigen
Fortsätzen. Beim Menschen sah ich von diesem Zinken nur noch hier und da
schwache Andeutungen.
Das Vorderende des Felsentheils ist beim Menschen entschieden und durchgängig
stumpfer als bei den Anthropoiden, bei denen jene sich spitzig in die zwischen grossem
Keilbeinflügel und Basilartheil des Hinterhauptsbeines befindliche Lücke hineinzwängt.
Die Lage des Foramen lacerum anticum wird dabei an den Anthropoiderjschädeln vollständig
verschoben. Denn diese Oeffnung klafft beim Gorilla, und beim Chimpanse seitwärts
von dem oben erwähnten Zinken der Felsentheilkante (S. 41 und S. 117). Beim
Orang dagegen öffnet sie sich, schmal geschlitzt, medianwärts vom Felsentheil und vom
Basilartheil des Hinterhauptsbeines.
Aus den obigen Schilderungen wird nun ersichtlich, dass beim Gorilla das Foramen
ovale häufiger dem Keilbein ausschliesslich angehört und meist noch durch eine breite
Knochenbrücke vom Schläfenbein getrennt wird, wogegen es beim Chimpanse und Orang
schon dem Schläfenbein näher' zu rücken pflegt, liier auch öfter, namentlich beim Orang,
an der Grenze von Keilbein und Schläfenbein befindlich. ist. Beim Menschen ist dies
Loch allermeist auf das Terrain des Keilbeines beschränkt. Es zeigt hier nur geringe
Abweichungen hinsichtlich seiner Lage und seiner Beziehungen zu seinen Nachbartheilen.
Einen Wegfall der zwischen dieser Oeffnung und dem medialen Rande des grossen Flügels
befindlichen Knochenbrücke habe ich unter einem recht beträchtlichen Materiale (etwa
50—60 Specimina) beim Menschen nur zw eima l angemerkt. Man sieht, dass in diesem
vielleicht unbedeutenden Punkte der Unterschied in der Bildung von Menschen und Affen
ein nur geringer ist.
Das Foramen spinosum zeigt sich bei den Anthropoiden so selten wie auch ein wohl
entwickelter Processus spinosus. Ersteres erscheint kaum anders als an der Grenze von
Keilbein und Schläfenbein, fehlt ganz oder es birgt sich, wenn überhaupt vorhanden und
den Processus perforirend, sammt diesem Fortsatz in der Tiefe des Foramen lacerum anticum.
Dies geschieht noch am häufigsten beim Gorilla.
Der von der Vagina' des Processus styloideus ausgehende, quer über die Unterfläche
des Felsentheiles lateralwärts ziehende Knochenkamm, dessen Entwicklung beim Gorilla
sehr stark ist (S. 41), der aber auch, in allerdings schwächerem Grade, beim Chimpanse
und Orang auftritt, findet die beträchtlichste Ausbildung beim männlichen Geschlecht
der erwähnten Anthropoiden.
Das Stirnbein des Menschen zeigt auch bei den niedrigst stehenden Rassen nicht
jenes Zurücktreten wie bei den afrikanischen Anthropoiden und niemals wird man an
einem Menschenschädel jene grosse Annäherung der I/ineae temporales in der Scheitelwölbung
wahrnehmen, wie wir sie bei (weiblichen) Affen erkennen. Denn von der Bildung
einer Orista sagittalis will ich hier ganz absehen, da diese bei einer Vergleichung, wie die
geplante, nicht in Betrachtung gezogen werden darf. Nun zeigt sich aber der Schädel
bei den ä lte ren w e ib lich en und jü n g e ren m än n lich en Thieren der drei in dieser
Arbeit behandelten Anthropoidenarten im Bereiche des Stirnbeines innerhalb des medianen
von den Lineae temporales begrenzten Raumes in sagittaler Richtung von vom nach
hinten gewölbt. Es tritt dies namentlich an jüngeren (selbst männlichen) Orangs hervor.
Eine -solche Stirnwölbung erinnert durchaus an diejenige des Menschen, namentlich