
Einzelheiten der Leisten, welche sich ihrerseits durch sehr scharfe Kanten auszeichnen.
An No. 22 ist die Gegend parabolisch; der Rand erhebt sich in der Mitte und hat
spitzige schwach abgerundete Seitenschenkel. Sonst ist diese Partie defect und die Sculpturen-
reste sind nur wenig deutlich. Bei No. 23 ist die ganze Region stark beschädigt und
sind die Reste nur undeutlich. Bei No. 24 ist die Gegend halbkreisförmig umgrenzt.
Oben findet sich eine dem Lambdakamme fast parallel laufende, nach oben convexe, sich
übrigens hufeisenförmig um den Rand selbst herumkrümmende Vertiefung. Unterhalb der
letzteren ist der Knochen convex.
Die Proeessus mastoidei sind gut ausgebildet, sehr convex an den Schädeln No. 3,
4, 18—24, defect bei No. 17 und 22, schwächer convex bei No. 16.
Hinsichtlich der verschiedenen Grössehverhältnisse dieser Schädel sind die Maasstabellen
nachzusehen. Es soll uns hier mehr auf dass für die äussere Schädelphysionomie
Characteristische ankommen. Die Hinterhauptscondylen zeigen sich bei No. 4 wie mit
der Feile abgeschliffen, bieten aber an den übrigen -Specimina nichts unserer besonderen
Aufmerksamkeit Würdigem dar.
Interessant sind an dieser Schädelreihe die Länge und das Verhalten des Nasenrückens.
Letzteren messe ich von der Mitte der so häufig erwähnten, die Augenhöhlenbögen
mit einander verbindenden Knochenbrücke bis zum Ende der Butura nascdis in gerader
Richtung. Es handelt sich hier also um directe Messung der Höhe des Nasenrückens.
Ist ein solcher stark eingesenkt, so kann er bei verhältnissmässiger Kürze des Bogens
trotzdem eine beträchtliche Höhe darbieten.1 Allein für die physiognomische Characteristik
ist die Betrachtung und Messung der directen Höhe in der Norma facialis am wichtigsten.
Ich habe hier des bequemen Vergleiches wegen gewisse Extreme der Zahl für einen
n ied r ig en (d. h. 60—70 Mm.) und für einen hohen (80—90 Mm.) Nasenrücken festr
gesetzt.2 Hoch ist dieser Theil an No. 3, dabei aber nur wenig eingedrückt, oben d. h.
in der Mitte der Augenhöhlenbögen, da wo die Butura nascdis sich befindet, und unten
d. h. 10—20 Mm. oberhalb der Spitze der Nasenbeinchen, ist er gewölbt. Bei No. 4
erscheint dieser Theil kurz, in der Mitte mit dem in früheren Schädelbeschreibungen
so häufig erwähnten medianen und in der Mitte des Nasenrückens im Bereiche der Bwtnra
nasalis sich entwickelnden longitudinalen, kielförmigen Vorsprung („sagen wir der Kürze
wegen Kiel") versehen, sonst nur wenig eingesenkt, oben gewölbt, unten ganz abgeflacht.
An No. 16 ist dieser Theil sehr defect; trotzdem lässt sich noch erkennen, dass derselbe
niedrig und eingesenkt gewesen sein müsse. Bei No. 17 dagegen ist. derselbe Theil hoch,
tief eingesenkt, oben und unten gewölbt. Bei No. 18 ist er niedrig, eingesenkt, unten
stark gewölbt. No. 19 zeigt dieselbe Gegend zwar beschädigt, indessen scheint, nach
den Resten zu urtheilen, der Nasenrücken hoch, eingesenkt und mit hohem Kiel versehen
gewesen zu sein. An No. 20 ist der Theil niedrig und eingesenkt. Bei No. 21 ist er
niedrig, nur wenig eingesenkt, zeigt einen Kiel, ist oben gewölbt, unten abgeflacht. No. 22 * i
1 So kann z. B. ein in directer Messung 70 Mm. hoher Nasenrücken, in ganzer Längenerstreckung mit
der Einsenkung gemessen, = 75— 80 Mm. lang, ein direct 90 Mm. hoher Rücken kann 100 Mm. lang seinu. s. w.
i Die Höhe des Nasenrückens Bedeutet hier zugleich dessen Längenerstreckung.
ist an dieser Stelle niedrig, stark eingesenkt, oben gewölbt, unten fläch. No. 23 dagegen
zeigt sich daselbst niedrig, mit Kiel ausgestattet oben convex, unten flach. Niedrig, eingesenkt,
in der Mitte mit Kiel versehen, sonst aber ohne Convexität erscheint No. 24.
Die Augenhöhlen sind sehr gross und weit geöffnet bei No. 3 , hoch (35 Mm.) bei
No. 19, niedrig (3 5—40 Mm.) und überhaupt" klein sind sie bei den übrigen, zum
Theil doch sehr alten Schädeln dieser Reihe. Zwar werden hier bei Schätzung der
Höhe und Breite der Orbitae die Maasstabellen erst ein ebenso genaues Bild gewähren
können wie bei der Grössenabschätzung der Aperturae pyriformes der einzelnen Specimina,
indessen will ich doch vornweg noch folgendes, die allgemeine Physionomie der Schädel
Betreffende bemerken:
Die Apertur a pyriformis ist hoch und breit bei No. 3, 16, 18, 21, 23, 25, hoch und
schmal bei 16, 18, 20, breiter und niedriger an den übrigen Schädeln.
Von grossem Interesse dürfte es nun sein, mit Bezugnahme auf das früher über
den allgemeinen Kopf bau des leb en d en Gorilla Gesagte ein Bild der individuellen
Eigenthümlichkeiten der bis jetzt beschriebenen männlichen Schädel zu entwerfen, indem
man sich dieselben mit allen Weichgebilden, ganz als ob sie lebendig wären, versehen
dächte. Es muss hierbei zuin Voraus noch bemerkt werden, dass Thiere mit sehr hohen
Hinterhauptskämmen auch durchweg eine beträchtliche Höhenentwicklung der Dornfortsätze,
zunächst der Halswirbel, zeigen. Solche Thiere haben allemal ein gewaltiges, muskulöses
Nackenpolstêr mit stark gebildeten knöchernen Grundlagen. Verschmälert sich dann
zugleich der Kopf beträchtlich nach vom, so gewinnt der ganze physiognomische Habitus
des Individuums ètwas besonders wild Thierisches. Unterwerfen wir die vor uns liegende
Reihe von alten männlichen Schädeln einer derartigen Betrachtung, so stellt sich etwa
folgendes heraus : !
No. 2 gehörte einem Thiere mit hinten steil hervorragendem Kopfe, mächtigem Nacken,
verschmälerter Schnauzenpartie und mässig breitem, etwas verschmälerten Nasenknorpel1
an. Zwischen Augen und Nase war kein beträchtlicher Abstand.
No. 3 war dagegen ein Individuum mit langem, hohen, in der Wangengegend breiten
Kopf, mit hohen Augenhöhlenbögen, grossen Augen, an denen oben die Lider sehr hoch
und breit sein mussten, mit langem Nasenrücken, einem hohen schmalen bis hart an. den
Oberlippenrand herabreichenden Nasenknorpel, mit sehr prognather Schnauze und furchtbarem
Gebiss. Denkt man sich diesen Kopf an einen mächtigen, breitschulterigen Rumpf
und an einen hochbuckeligen Nacken angesetzt, so muss das ein Ungeheuer gegeben haben,
welches lebhaft an die (von Manchem für carrikirt gehaltenen) Abbildungen in P. Gervais
Histoire naturellés des mammifères (Paris MDCOCLIV) T. I, S. 28 und in J. G. Wood
The illustrated Natural history of Mammals, London 1869, S. 152 erinnern könnte.
1 Es’verstellt sich, dass Mer unter N a s e n k n ö r p e l auch dessen, die e ig e n t lic h e Nase des Gorilla
mitbildenden Weichtheile, wie Muskeln und Haut, zugleich einbegriffen sind.
2 Letzterwähnte von Jos. Wolfes Meisterhand herrührende Abbildung findet sich im lithographirten
Original in „Zoological Sketches made for the zool. Society, of London, from animais .in tkeir vivarium“. Copirt
ist dieselbe in der ersten Auflage von A. E„. Brehm’s Thiérleben, Bd. I, S. 13 (als Cliché). -