
Die Nasenhöhle bietet eine trapezoidische Umgrenzung dar. Das Stirnbein zeigt
sich an seiner Pars nasalis auf Sagittalschnitten sehr verdickt. Die Pars descendens des
Siebbeines ist dünn, mit vielen Furchen, Kanälen, Löchern und Höckerchen, namentlich
aber an ihrem oberen Theile, versehen. Die oberen und mittleren Muschehi nehmen eine
sehr steile von oben und vorn nach unten und hinten gekehrte Richtung ein, wogegen
die Stellung der unteren Muscheln sich mehr der horizontalen nähert. Die oberen Muscheln
sind kurz (11 Mm.), mit sehr poröser Knochensubstanz und unregelmässiger Oberflächenbildung
versehen, was sonst übrigens auch von den anderen Nasenmuscheln zu sagen
ist. Die mittleren Muschehi sind 33 Mm. lang, oben und am vorderen Ende fest
verwachsen, am hinteren Ende dagegen frei. Die unteren Muscheln zeigen eine Länge
von 37 Mm., sie sind vorn, oben und hinten fest gewachsen, besitzen einen dreieckigen,
lateralwärts herübergekrümmten Processus maxiUaris und einen unteren sehr convexen
Rand. Der Zugang zum Antrum Highmori ist an dem mir hauptsächlich zum Modelle
und als Object für meine Messungen dienenden Specimen 12 Mm. lang, 7 Mm. hoch,
von scharf- und glattrandigen Knochen begrenzt und von ovaler Gestalt (L. s. c. Fig. 4).
Das Foramen sphenopalatinum ist 6 Mm. hoch, 4 Mm. breit. Es stellt ein geradestehendes,
jenes Loch dagegen stellt ein schrägstehendes Oval dar. Die Oristae ethmoidales sind
wie die Oristae turbinales lang und scharfkantig. Der Boden der Nasenhöhle ist concav.
Der Qanalis indsivus beginnt oben weit und trichterförmig, wird von einem Septum getheilt,
welches letztere sich in die nicht hohe Crista nasalis fortsetzt. Der Canalis indsivus
endet, unten und vorn niedriger werdend, mit einem querovalen Foramen indsivum. Uebrigens
senkt sich der vorn blasig aufgetriebene harte Gaumen, der noch im Bereiche der. Alveolarfortsätze
von weiten, mit Seitenkammern versehenen Höhlen durchsetzt wird (L. c. Fig. 3, 4),
hinter dem Eingänge zum Canalis indsivus beträchtlich hinterwärts. Er zeigt an den
Choanen kaum 1 Mm. Dicke. Beim Gorilla sind diese Theile zwar ähnlich gebaut,
jedoch von verhältnissmässig beträchtlicherer Grössenentwicklung. Hier wie auch beim
Chimpanse verwachsen die unteren Muscheln bald mit dem Oberkiefer- bald mit dem
Siebbein (vergl. S. 63). Verhältnissmässig so stark ausgeprägte Ausbuchtungen der
Kieferhöhle in die Alveolarfortsätze der Oberkieferbeine (namentlich aber der Schneidezähne)
konnte ich bei den von mir untersuchten Gorillaschädeln nicht beobachten. Dergleichen
Ausbuchtungen fanden sich zwar auch hier vor, waren aber nicht so hoch und
tief wie dort (S. 65).
Vom g e s p r e n g t e n S c h ä d e l eines jü n g e ren Bäm-Chimpanse
gäbe ich zwar gern eine ausführlichere Beschreibung, sehe mich jedoch leider bei der
ungewöhnlichen Ansammlung des Materiales genöthigt, mich möglichst kurz zu fassen. Es
darf dies übrigens um so eher geschehen, als vieles die äussere und innere Architektur
des Chimpanseschädels Betreffende bereits weiter oben abgehandelt worden ist.
Am Keilbein jenes Thieres besitzt der Körper, öfters eine schmale, spitze Spina
ethmoidalis. Die Processus clinoidei posteriores sind sehr häufig ausgebildet, knöpf- oder
selbst hackenförmig gestaltet.
Die kleinen Keilbeinflügel sind hier kurz, platt, mit deutlichen Processus clinoidei
(anteriores'), sowie mit weiten, rundlichen Foramina optica versehen. Das Tuberculum
ephippii bildet eine schwache Querleiste. Auch die Processus clinoidei medii sind entwickelt.
Der Türkensattel ist vertieft, stärker als ich dies durchschnittlich bei Gorilla's
gefunden habe. Dieser Theil macht mir beim Chimpanse einen weit menschenähnlicheren
Eindruck, als es bei jenen anderen Affen der Fall ist. Die grossen Keilbeinflügel sind
zwar nicht sehr ausgedehnt, treten aber in ihrer Grössenentwicklung bei diesem Thiere
nicht so stark gegen die Processus pterygoidei zurück, als beim Gorilla, bei welchem letztere
Gebilde, hier besonders an den lateralen Flächen, in die grossen Flügel übergehend, die
gewissermassen dominirenden Knochen des Keilbeines darstellen. Beim Chimpanse ist
die temporale Fläche jedes grossen Flügels durch eine sehr deutliche Crista alae magnae
in eine obere flachere und eine untere vertieftere Abtheilung geschieden. Die Basen der
Processus pterygoidd grenzen sich mehr gegen die zuletzt erwähnten Abschnitte der lateralen
Flächen der grossen Flügel ab, als dies beim Gorilla geschieht. Bei letzterem Thiere
zeigt sich die Entwicklung der Crista alae magnae nicht so bedeutungsvoll, die Niveauverschiedenheiten
der beiden erwähnten Flächenabschnitte der grossen Keilbeinflügel sind
nicht so beträchtlich, die Flügelfortsätze selbst erscheinen daher weniger gegen die
grossen Flügel abgesetzt. Beim Menschen entwickelt, sich ein ähnliches Verhältniss wie
beim Chimpanse. Vergleiche ich das Keilbein des gesprengten Bämschädels mit demjenigen
eines sechs- bis siebenjährigen Kindes, so finde ich in der That keine sehr beträchtlichen
Unterschiede, höchstens dass bei letsterem der Knochen niedriger, mehr in die Breite
ausgedehnt, mit grössere Flächen darbietenden Alae versehen ist. Dagegen behauptet
derselbe Knochen beim Gorilla etwas Eigenthümliches, namentlich in seinen starken,
von weiten Höhlungen durchzogenen Flügelfortsätzen, trotzdem sich auch hier bei alten
Individuen die Oristae alae-magnae stärker ausprägen können (S. 42) . u. s. w . .
Auch beim Chimpanse findet, wie beim Gorilla, die Trennung des grossen Keilbeinflügels
vom vorderen unteren Scheitelbeinwinkel durch einen vorderen oberen, sich mit,
dem Stirnbein durch Naht verbindenden Fortsatz am Schuppentheile des Schläfenbeines
statt. Beim Orang dagegen tritt der grosse Keilbeinflügel häufig mit dem vorderen unteren
Scheitelbeinwinkel in unmittelbare Berührung,1 ohne dass es hier zur Bildung jenes Stirnfortsatzes
des Schuppentheils des Schläfenbeines käme.2
Der Halbkanal fiir den Nervus infraorbitalis und für die Vasa infraorbitalia zweigt
sich bei manchen Chimpanseschädeln von der noch eine Strecke weit lateralwärts verlaufenden
Fissura infraorbitalis aus in medianer Richtung ab. Dasselbe ist beim Gorilla
und beim Orang der Fall. Bei den meisten Chimpanse-, bei einigen Gorilla- ünd auch
Orang-Exemplaren bildet jener Halbkanal jedoch eine directe Fortsetzung der Fissura
orbitalis inferior in allerdings medianer Richtung. Der Halbkanal bildet in letzterem
1 Vergl. u. A. Bischoff a. o. a. 0 . Taf. VI Fig. 6, Taf. XV Fig. 15 und Tal. XXII Fig. 27, 28;
Schädel des Berliner anatom. Museums No. 11169.
2 Vergl. Vibchow „Ueber einige Merkmale niederer Menschenrassen“ etc. S. 9; —Vergl. ferner dies Buch S. 44.
3 Bei 24 Gorilla-Schädeln 10 mal, bei 24 Chimpanse-Schädeln 9 mal.
Ü, H artmann, Gorilla. 15