
A. E ck er 's Bemerkungen über die Hand des Menschen (Archiv für Anthropologie, V III. Bd.,
S. 67) und noch so manche kleinere Abhandlung, deren Aufzählung hier durch den
Mangel an Raum ausgeschlossen wird.
O w e n erhielt einen vom Gabon stammenden sehr jungen m än nlich en G o r illa in
Weingeist. Beim Oeffnen des Transportbehälters lösten sich von dem Cadaver Epidermis
imd Haare in grossen Fetzen und Büscheln los. An dem Specimen wurden jene charakteristischen
Photographien und Zeichnungen, letztere durch den berühmten Thiermaler
Jos. W olf, aufgenommen, deren getreue Wiedergabe wir den Bemühungen jenes berühmten
Londoner Anatomen verdanken. Zwar zeigen die Abbildungen des Kopfes, der Hände
und der Eüsse des OwEN’schen Thieres starke Spuren fauliger Aufblähung ‘und nachfolgender
Schrumpfungen in Alkohol, indessen taugt das Gebotene dennoch zur Anstellung
von Vergleichen, wenn diese nur mit der nöthigen Vorsicht angestellt werden. O w e n
eröffnet in der mit oben genannten Abbildungen geschmückten Arbeit ein reichhaltiges
wissenschaftliches G-ebiet. Die Stellung des G o r illa in der Reihe der Affen, die Vergleichung
des G o r illa -S c h ä d e ls mit demjenigen des Menschen und anderer Anthropo-
morphen, die Vergleichung des G o r illa mit den fossilen Affen, die Nahrungs- und sonstige
Lebensweise des mächtigen Thieres, comparative Gehirnstudien u. s. w. werden hier
nacheinander mit jener intuitiven logischen Schärfe und mit jener schlagenden Kritik
behandelt, die wir an dem britischen Meister gewohnt sind.
Die neuerdings dem Hamburger Museum zugefiihrten G o r illa c a d a v e r liegen daselbst
in guter Ruh. Ausser einer Arbeit der Proff. P a n sc h und B is c h o f f über die Furchen und
Windungen am Gehirn des 'einen dieser Exemplare und ausser einigen Bemerkungen des
Dr. B olatj über d ie Brust- und Baucheingeweide jener Thierart1 ist bis heuer nichts
von Belang über das ganze kostbare im Johanneum aufgespeicherte Material veröffentlicht
worden.
Ueber ein lebendes männliches Exemplar, welches der deutschen Factorei am
Gabon zugefuhrt wurde, berichtete Dr. O. L e n z brieflich an den Herausgeber:1 2 Das
Thier wurde zur Versendung nach Europa auf ein Schiff gepackt, starb aber unterwegs
nach wenigtägiger Fahrt an einem Durchfall.3 Im Jahre 1876 brachte der am Hamburger
zoologischen Garten angestelite Wärter F r eckm an n vom Gabon die Cadaver zweier
anderen jungen Gorillas zurück. Einer derselben, ein Männchen, soll vor seinem Tode
bereits ein halbes Jahr lang in Gefangenschaft, und darunter drei Tage in der amerikanischen
Mission am Gabon., gelebt haben. Vom anderen weiblichen Exemplare wird
berichtet, dass selbiges ebenfalls schon länger in der Gefangenschaft existirt habe.1
Das meiste Aufsehen hat aber unstreitig jener junge männliche G o r illa erregt,
1 Beide Arbeiten sind abgedruckt in: Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften, herausgegeben
vom naturwissenschaftlichen Verein zu Hamburg-Altona. Hamburg 1876. 4.
2 ‘Correspondenzblatt der deutsch-afrikanischen Gesellschaft No. 75, 1876, S. 256, 257.
3 Dr. Bolatj in der sub 1 citirten Festschrift der 49. Versammlung 'deutscher Naturforscher und
Aerzte, Hamburg 1876, S. 65.
| Dr. Bolau a. a. O. S. 70, -71.
welchen Stabsarzt Dr. F a l k e n s t e in als Mitglied der deutschen Loango-Expedition
Ende Juni 1876 von dort gesund nach Europa brachte und welcher im Berliner Aquarium
bis zum 13. Nov. 1877 gelebt hat. Das Thier, mit seinem heimischen Namen N'Pungu
belegt, gelangte im Alter von 1 1/4 Jahren aus den Händen eines Portugiesen in diejenigen
F a l k e n Steines , welcher den in Folge dreimonatlicher unvortheilhafter Behandlung fast
ruinirten Anthropomorphen durch sorgfältige Cur und treue Pflege wiederherzustellen
vermochte. Dieser G o r illa ist vier Jahre alt geworden. Reiche Züge aus Seinem Leben
sind noch heut in Aller Mund.1
Ich gebe im Folgenden noch eine ungefähre Uebersicht über andere bisher wissenschaftlich
verarbeitete, den G o r illa betreffende Materialien. G o r illa b ä lg e , von Thieren
verschiedenen Alters und Geschlechtes (übrigens häufiger von Männchen wie von Weibchen)
herrührend, sind seit der S. 3 erwähnten Wiederentdeckung des Affen schon
häufiger nach Europa, Nordamerika und selbst nach dem rCap, nach britisch Indien und
Australien gelangt. Manche Museen, z. B. zu London, Paris, Wien, Lübeck und Dresden
besitzen schöne gestopfte Exemplare. An denen ist nun zu sehen, was überhaupt Erzeugnisse
dermoplastischer Kunst darzubieten vermögen. Es ist dessen freilich wenig genug.
Auch S k e le te , anfänglich in unseren Sammlungen nur, spärlich bemessen, fangen
an jetzt häufiger zu werden. Denn mancher schwarze Jäger erprobt nunmehr seinen
Spürsinn und seinen Muth auf der Gorillajagd, seitdem die für Reste jener Thiere ausgesetzten
Preise allmählich ihre Zugkraft auszuüben beginnen. Leider verrathen die
nigritischen Nimrods bis jetzt meistentheils, dass von ihnen die Erfordernisse der vergleichenden
Osteologie noch wenig begriffen worden. Sie liefern nämlich u. A. nur selten
ganz intakte Schädel, zerschlagen z. B. der bequemeren Enthirnung derselben wegen oft
genug das Hinterhauptsbein, zerbohren die Nasenhöhle u. s. w. u. s. w. Die mit Europens
übertünchter Höflichkeit noch nicht vertrauten Schwarzen des Innern, die bis heute nichts
von den Bedürfnissen unserer Sammlungen verstehen, spiessen schon vorher die von
ihnen malträtirten S ch ä d e l auf Votivpfahle, umsehnüren derartige auch wohl als Fetische
dienende Specimina in rücksichtsloser Weise mit Rattauspleissern und lassen sie nebenher
verwittern oder sonstwie yerkommen. Derartige misshandelte Präparate liegen vor uns.
• Das m än nlich e und w e ib lich e G o r illa -S k e le t bildete B l a jn v il l e unter der
Bezeichnung Pithecus GesiUa in der Rubrik Primates, pl. I bIs, V bis, Vo]. IV seiner
berühmten Ostöographie ab. Ein nicht geringes Verdienst um die Kejmtniss der Anthropomorphen
hat sich der Konservator des Lübecker naturhistorischen Museums, H. L e n z ,
erworben, indem er das sehr reichhaltige seiner Aufsicht anvertraute Material an g e sto p ften
B ä lg e n und S k e le ten der G o r illa 's und C him pan se's, durch J. N o eh r ing 's gute Lichtdrucktafeln
illustrirt, der Oeffentlichkeit übergab.2 Der die Arbeit begleitende Text enthält
eine Anzahl sehr brauchbarer Notizen über den Habitus und die Knochenbildung jener Ge-
1 Vergl. die interessante Darstellung Dr. FALKENSTEIN’S in: Die Loango - Expedition. Leipzig 1879>
II, S. 149 ff.
2 Die anthropoinorplien Affen des Lübecker Museums. Lübeck 1876. 4.