
Form, zuweilen selbst mit wohlausgeprägtem Zipfel und öfters mit dem DARWiN^schen Vorsprunge
versehen (S. 1 0 ; vergl. auch über das Orang-Ohr in D a rw in gesammelte Werke,
deutsche Ausgabe, V . Bd. 1, S. 21 ff.).
Die Unterlippe ist, wie schon bemerkt, in ihrem umgekrämpten, mit Schleimhaut
bekleideten, dem Gebiete des eigentlichen Schliessmuskels der Lippen angehörenden Abschnitte
niedrig. Dieser Theil ist, wie man z. B. auch am Holzschnitt No. X erkennen
wird, sehr deutlich, durch eine fast ringförmig erscheinende Einschnürung, gegen das
übrigens etwas zurückweichende und ebenfalls niedrige Kinn abgegrenzt. So kommt
denn eine bei diesem Geschlecht und in diesem durchschnittlichen Alter ungemein charakteristische
von vorn gesehen länglich-bimförmig, von der Seite her betrachtet im Allgemeinen
vorn steil niedergehend, nach hinten hin stark comprimirt erscheinende Kopfbildung
zu Stande. Man vergleiche mit dieser nur die in unseren Tafeln X—I II und in
unseren Holzschnitten No. I I , V, V I wiedergegebenen physiognomischen Bildungen der
Gorillas und Chimpanses. Wie ausgesprochen brachycephal erscheint doch den letzte
genannten dolichocephalen Anthropomorphen gegenüber der Orang-Utan!
Der Hals ist- ungemein kurz. Der schmale hohe Kopf erscheint ganz als wenn er
vorn an das obere mittlere Rümpfende angeklebt wäre, er hängt'auch im Stehen, Gehen
und Klettern .etwas vornüber, was dem Thiere ein gedrücktes, plumpes und unbehülfliches
Aussehen verleiht.1 Um den kurzen'Hals, um das Kinn und die Schultern her legt sich
die äussere Haut in unregelmässige, manchmal sehr fettreiche Falten, namentlich vor dem
Kehlsacke, welcher letztere sich öfters mit seiner fettbeladenen Umgebung ebenfalls
stark vorwölbt.
Dem Bau des Rumpfes und der Extremitäten fehlt jenes Gepräge strotzender Kraft
und wilder Energie des alten männlichen Gorilla; es fehlt jenem auch der Ausdruck von
Elasticität und übermüthigster Lebendigkeit bei einem gewissen Ebenmass des Baues wie
sie doch am Chimpanse wahrnehmbar erscheinen. Es passt das Alles zu dem im Allgemeinen
harmlosen Naturell des Orang. Dies scheint sich wohl nur im, Falle äussersfer
Noth und Verzweiflung zu verleugnen.
Die Schultern des Thieres sind zwar breit, aber nicht sehr kräftig, auch etwas von
vorn nach hinten comprimirt. Die Brust geht meist ohne Absatz in den gewölbten Bauch
über, der sich an den Flanken schroff einzieht, sodass Brust- und Bauchgegend von vorn
gesehen, den Eindruck einer tonnenförmigen Bildung machen. Der Rücken ist leicht
convex. Dem gesammten Rumpfe fehlt ferner der herkulisch entwickelte, plastisch hervortretende
Muskelbelag des alten Gorilla. Die Anne sind beim Orang lang, zwar muskulössehnig,
aber von nur mässiger Fülle. Sie reichen bei aufrechter Haltung des Thieres bis
zu den Knöcheln der Füsse.
Die Hand ist lang und am proximalen Handwurzel-Theile schmal. Sie Verbreitert
sich zwar an dem distalen mit den ersten Fingergliedern in Verbindung stehenden Theile,
behält aber dennoch im Allgemeinen schlankere Verhältnisse als die Gorilla- und selbst
Vergl. u. A. die hübschen Abbildungen in Zeitschrift für Ethnologie, VIII. Jahrgang, Taf. XVI.
die Chimpanse-Hand. Der schmächtige Daumen reicht nur bis an das erste Mittelhand-
Fingergelenk. Er macht den Eindruck des Kurzen, Dünnen, Stummelhaften. Die mit
langen schlanken Phalangen versehenen Finger werden an ihren Basalgliedern durch eine
bis zum Ende des ersten Drittels, seltener bis zur Mitte der ersten Phalange reichende
Quermembran mit einander verbunden. Die ersten Fingerartikulationen zeigen eine gewisse
Dicke: Von da ab verdünnen sich die Finger bis zur Spitze des Nagelgliedes (s. Holzschnitt
No. X). Der Mittelfinger ist nur um ein Geringes länger als der Zeige- und
als der vierte Finger. Letzterer ist wieder. nur um einige Millimeter länger als der Zeige-
und dieser wieder wenig länger als der kleine Finger, welcher bei dem erwähnten Thiere
eine unverhältnissmässige Länge besitzt.1 (Vergl. obige Figur.)
Der Daumenballen ist nicht stark entwickelt, wie denn überhaupt die Hohlhandpolster
beim Orang nicht die Dicke erreichen wie beim Gorilla (T. V, Fig. 1). An den Fingern
sind die palmaren Polster für die ersten Phalangen noch am stärksten vorragend. Die
der übrigen Glieder sind es weniger.. Mit diesen Polstern machen die langen schmalen
Finger, deren Rücken nur sehr wenig gewölbt ist, den Eindruck, als ob sie seitlich comprimirt
seien. Ihr Querschnitt zeigt daher zwei gerade, eine der Dorsalfläche entsprechende,
schwächer gekrümmte obere und eine der Palmarfläche entsprechende, stärker gekrümmte
untere Seite. Die Nägel sind stark in longitudinaler und in transversaler Richtung gewölbt.
Ueber die Mitte der Hohlhand laufen nur wenige tiefere Querfurchen. Eine
mässig tiefe Furche sondert den Daumenballen gegen die übrige Hohihand ab.
An den Füssen ist der Hacken nur wenig vorstehend, er ist schmal und mit einem
entwickelten Sohlenpolster versehen. Die Fusswurzel ist lang, schmal, verbreitet sich
gegen die Basis der grossen Zehe, und verschmälert sich wieder etwas gegen die Basis
der übrigen Zehen hin. Die grosse Zehe ist kurz, sie wird an dem Grunde des zweiten
Gliedes breiter und endet mit distaler, an der palmaren Fläche dick gepolsterter und hier
daher häufig wie knopfahnlich geschwollener Wulstung. An den mir zu Gebote stehenden
Cadavern a lte r Thiere fehlten die Nägel der grossen Zehen gänzlich. Die Endphalangen
derselben hatten je eine terminale kurz-cylindrische, rauhe Anschwellung. Nicht selten wird
aber das Nagelglied der grossen Zehe mit zunehmendem Alter gänzlich iresorbirt. Die
II*—-V. Zehe sind lang, schmal. Die dritte Zehe ist die längste. Die zweite ist wenig
kürzer als die vierte. Die fünfte ist um die Länge der Endphalange der vierten kürzer
als die letztere. Die Nägel der zweiten bis vierten Zehe sind ähnlich wie diejenigen der
Finger gewölbt. Der Ballen der grossen Zehe ist nicht besonders entwickelt, dagegen
zeigen sich die zweite bis fünfte Zehe mit ziemlich starken plantaren Polstern versehen.
Hand- und Fussrücken sind runzlig imd gefaltet. A11 den Rückseiten der Finger
zeigen sich Gangschwielen, wenn auch selten so dick, wie bei alten Gorillas und Chimpanses.
Die dorsalen Flächen der Hände und Füsse sind mit distincten Borsten bis an
die Nagelglieder bewachsen.
1 Diese Untersuchungen sind an
nominen worden.
zwei Cadayern erwachsener und an dreien jüngerer Thiere vorge