
Eine dreieckige Grube fehlte. . Auch hier zog von der Gegenleiste eine Wulstung zur
Leiste hinüber und theilte die nach unten hin sich stark vertiefende, auch breite kahnforinige
Grube in eine obere und untere Abtheilung. Ecke und' Gegenecke wurden durch einen
schmalen, aber tiefen Ohreinschnitt von einander getrennt. Es zeigte sich hier die Spur
eines Ohrläppchens, allein letzteres war nicht so frei entwickelt als am rechten Ohre, es
bildete vielmehr nur einen unteren und vorderen Ausläufer der Leiste. Es ward durch
eine Furche von der Gegenecke gesondert (vergl. Taf. IV Fig 14 dieses Buches). Vor
der Gegenleiste verlief noch eine sich in deren Concavität hineinbiegende, mit ihr parallele,
mit starkem Bogen in den vorderen und unteren Ausläufer der Leiste übergehende, sonst
nirgends von mir beobachtete Knorpel wulstung. Beide Ohren waren mit einer dunkelbräunlichfleischfarbenen
wie.berusst aussehenden Haut bekleidet und nicht sehr reich mit
schwärzlichen, dünnen, schlichten oder nur leicht gekräuselten Haaren besetzt.
Mafuca’s Ohren waren denen des Gorilla im Allgemeinen ähnlicher, als denjenigen
des Chimpanse, und es wurde der Eindruck dieser Aehnlichkeit durch den hohen Ansatz
und das Abstehen dieser Organe noch erhöht.1 Die hohe und breite, convexe, tief an
der Oberlippe herabreichende Nasenkuppe Mafuca’s erinnerte ungemein an dieselben
Theile des weiblichen Gorilla. Wir wissen aus den in diesem- Buche gelieferten Darstellungen,
wie die Nase nebst ihren Knorpeln auch beim Gorilla bald tief gegen den
Oberlippenrand herabrückt und hier die an eine Art breiten Flotzmaules erinnernde
Ausdehnung nimmt,, bald aber höher oben endet und der Entwicklung einer von äusseren
Nasentheilen freien Oberlippe noch etlichen Spielraum lässt. Beim weiblichen Gorilla
ist die Anlage zu einer dem Flotzmaul ähnlichen Bildung an Nase und Oberlippe überhaupt
schwächer.1 2 Hinsichtlich d ie s e r Bildung durfte ein Vergleich zwischen Maiuca
und einem etwa gleichaltrigen weiblichen Gorilla ohne Skrupel versucht werden. Es ist
sowohl der oben erörterte Abschnitt der Physiognomie Mafuca’s als auch die Ohrenstellung
beim letzteren Thiere, welche in einer vorzüglichen, durch Lichtdruck vervielfältigten
, Zeichnung E. Gessner’s Ausdruck gefunden hat.3 Eigenthümlich wild war
der physiognomische Ausdruck Mafuca’s. Tückisch blinzelnten die braunen Augen
unter den sie beschattenden Wülsten hervor. Dieser physiognomische- Ausdruck ist in
keiner der vorhandenen Abbildungen auch nur einigermassen naturgetreu wiedergegeben
worden. Die grosse farbige Darstellung J. F. Wegner’s4 ist in dieser Hinsicht fast so
nichtssagend wie die todte, leere, nach dem Kadaver des ausgemergelten Geschöpfes
1 Es ist hierbei zu bemerken, dass wie auch auf S. 24 angedeutet worden ist, das .Gorilla-Ohr trotz eines
gewissen Grundtypus dennoch in der Ausbildung seiner einzelnen Leisten, Ecken u. s. w. nicht unbeträchtlich
variirt. Vergl. ferner H abtmann in: Beiträge zur Kenntniss der sogen, anthropomorphen Affen. Zeitschr. f.
Ethnologie, 1876, S. 123.
2 Vergl. u. A. die Abbildung Mützel’s in Bbehm’s Thierleben Bd. I, S. 56, Owen’s in Memoir Tab. II,
dies Buch S. 98 ff.
3 Diese wohl meist vergriffene Zeichnung stellt den Affen sitzend und seine Nahrung aus dem Topfe
löffelnd vor. Weniger naturgetreu ist eine andere in den Mittheilungen des Königl. zoolog. Museums zu
Dresden, Heft' II, Täf. XII publicirte Zeichnung yon der Hand desselben so begabten Künstlers.
4 Mittheilungen aus dem zoolog. Museum zu Dresden, II. Heft, Taf. XI.
auf Meyer’s Veranlassung aufgenommene Photographie.1 Noch todter erscheint natürlich
die erwähnte Büste.2
Mafuca trug im Leben die Unterlippe vor die Oberlippe des (weitgeschlitzten)
Mundes gestreckt und wies selten oder niemals ihre Zunge. Im Gegensatz dazu liess
der junge männliche Gorilla des Berliner Aquariums sehr häufig seine röthliche Zungenspitze
zwischen den leicht geöffneten Lippen seines (nicht weit geschlitzten) Mundes
hervortreten. (Unsere Tafel HI.) War nun der physiognomische Ausdruck bei Mafuca
und beim eben erwähnten Gorilla ein sehr verschiedenartiger, so zeigte sich auch bei den
von mir bisher lebend beobachteten, eine gute Zahl betragenden Ghimpanses durchaus
nichts, was in dieser Hinsicht auch nur entfernt an Mafuca erinnern konnte. Der übrige
Körperbau des letzteren Affen besass Merkmale, welche verschiedene Fachgenossen und
ich bis jetzt vergebens an den von uns gesehenen Chimpanses bemerkt hatten. Wie oben
schon erwähnt, forderten die starke Muskelentwicklung des Dresdener Thieres, der ver-
hältnissmässig kleine Kopf, die breiten Schultern und die eingezogenen Flanken zu einem
directen Vergleich mit dem Gorilla heraus. Dazu kam die ungemeine Tücke des sich
fast stets bestialisch geberdenden Thieres, das es höchstens mit Herrn S ch o ep f und mit
seinem Wärter leidlich gut nahm, Selbst der grosse weibliche, von Dr. B olatj in Vergleich
mit Mafuca gezogene Chimpanse des zoologischen Gartens zu Hamburg bot in
seinem Wesen wenig oder nichts dar, was geeignet erschien, an den Habitus und an
das Benehmen Mafuca’s zu mahnen.3
Die Hände und Füsse des letzteren Thieres waren zwar kräftig, die Fingerglieder
zeigten eine gewisse Breitenentwicklung, erinnerten aber doch eher an einen chimpanse-
als an einen gorillaartigen Affen. (Vergl. Holzschnitte No. TV und X I.)4 Im Handskelet
erscheinen die Phalangen Mafuca’s nicht so breit, wie beim weiblichen Gorilla.5
Das Fussskelet ist dort graziler wie hier.
Wurde nun auch,. nachdem das S k e le t Mafuca’s von mir untersucht worden war,
namentlich wegen des abweichenden Zahnbaues die Frage, ob das Thier als junger,
1 Das. Taf. XIII, Fig. 1 .
2 Das. Taf. XIII, Fig. 2.
8 Wie sehr z. B. die P h y sio g n om ien beider Thiere voneinander ab weichen, zeigen in recht sprechender
Weise Mützel’s Figuren in Brehm’s Thierleben Bd. I, S. 68 und S. 81. Mafuca’s sonstige Gestalt ist von
Mützel in der Zeitschr. f . . Ethnologie 1876, Taf. I, Fig. 4, allenfalls auch Fig; 6 (bis auf die zu gross ge-
rathenen Füsse) ganz gut wiedergegeben worden.
4 Vergl. auch A. B.‘ Meyer a. o. a. 0 . Taf. XXI. Brehm meint, er würde Mafuca wegen ihrer langen
schmalen Hand am liebsten als Repräsentantin einer neuen Art (Anthropopithecus angustimanus) betrachtet
haben. (Thierleben, Bd. I, S. 81.)
6 Folgende Masse hat Dr. G. v. Hoffmann an Mafuca’s Handskelet genommen: Daumenlänge = 80 Mm.
Länge des gestreckten Mittelfingers = 85 Mm., des gestreckten V. Fingers 51 Mm., Länge des Os meta-
carpi I = 40, des Os met. II = 88, des Os met. III == 8.6, des Os met. IV — 79, des Os met. V = 70 Mm.
Phalanx I des Daumen = 27, des zweiten Fingers = 49, des dritten Fingers = 59, des vierten 1 = 55, des
fünften == 42 Mm. Breite der I. Phal. des Daumen = 6, des zweiten Fingers = 13, des dritten
Fingers == 15, des vierten Fingers = 14, des fünften Fingers == 9 Mm. Beim weiblichen (fast
erwachsenen) Gorilla I. Phalanx des ersten Fingers •== 9, des zweiten Fingers = 13, des dritten Fingers
= 15, des vierten Fingers = 13, des fünften Fingers = 11 Mm. breit. *