
Das Kieferdreieck ist nicht hoch und nur massig breit. Die Eckzahnjoche und
Alveolen der (ausgefallenen) Eckzähne sind schwach, die Fossae caninae sind tief, der Gaumen
ist länger wie- bei No. 2, auch tief.
An dem Schädel No. 4 (von LenzÄ - Taf. X X , Fig. 2) sind die vorderen Theile
der Schuppennähte, der mittlere ' Theil der Lambdanaht, die Kranznaht, die Nasenbein-,
die Nasenstirnbein- und die Keilbein-Basilarnaht verwachsen. Die Zwischenkieferbeine
sind ebenfalls in der Verwachsung begriffen. Das Gebiss ist ausgebildet und trägt deutliche
Spuren der Abnutzung. Wir haben es an diesem (übrigens 224 Mm. im Längsdurchmesser
haltenden Schädel) mit demjenigen eines fast ausgewachsenen Weibchens zu
thun. Die Augenhöhlenbögen desselben sind niedrig, dünn 'und senken sich steil abwärts.
Die Lineae temporales beginnen scharf an den lateralen Winkeln der eben genannten
Knochen theile, verflachen sich alsbald an der Stirn, bleiben aber erkennbar und gehen
60 Mm. hinter der Mitte zu einem dünnen niedrigen Sagittalkämme zusammen. Dieser
verläuft bis zu dem nur schwach entwickelten Lambdakamme. An der gewölbten Hinterhauptsgegend
zeigen sich die Orista ocdpitalis externa und die Lineae nuchae nur wenig deutlich.
No, 5, zur LENz'schen Sammlung gehörig. Die Nähte sind grösstentheils verwachsen,
noch weit mehr als am vorigen Specimen. Der Schädel hat denselben Längsdurchmesser
wie der vorige. Das Gebiss ist vollständig entwickelt, fast gänzlich erhalten und ziemlich
stark abgekaut. Das Specimen gehört einem ausgewachsenen Weibchen an. Die Augenhöhlenbögen
desselben sind (wie der ganze Schädel) von geringerer (facialer) Breite als
beim vorigen; sie sind höher, gewölbter, aber etwas stärker, in der Mitte durch einen
etwas tieferen Einschnitt von einander und durch eine weit stärkere Einsattlung vom
Hirnschädel getrennt wie an No. 4. Diese Knochentheile fallen auch am erwähnten
Exemplare stark nach unten ab. Die Lineae temporales beginnen scharf und deutlich
gesondert, nähern sich bald einander, schliessen sich aber erst 70 Mm. weit von der
Mitte der Augenhöhlenbögen zu einem niedrigen, sich 85 Mm. weit erstreckenden, ganz
kurz vor der schwach entwickelten Orista lambdoidea endigenden Orista sagittalis.
No. 6 ist ein LENz'sches Specimen, dessen Nähte meist schon verwachsen oder noch
im Verwachsen begriffen sind.
Die Augenhöhlenbögen sind niedriger, noch ein wenig stärker und gewölbter, aber
breiter als beim vorigen Exemplar. Dieselben senken sich ziemlich steil abwärts. An
ihren stumpfen lateralen Ecken entspringen scharfkantig die alsbald niedrig werdenden,
jederseits ziemlich weit von einander verlaufenden Lineae temporales. Etwa 75 Mm. von
der Mitte der Augenhöhlenbögen entfernt, nähern sich die Linien einander bis auf anfänglich
20, dann circa 15 Mm., um kurz vor der wenig entwickelten Orista lambdoidea
wieder zu divergiren. Auffallend ist an diesem Specimen die sehr niedrige
Hinterhauptsgegend.
Bei No. 7 (Lenz), dessen Nähte durchaus verwachsen sind, zeigen sich die Atfgen-
höhlenbögen niedrig,' aber gewölbter und breiter als beim vorigen. Sie fallen auch hier
steil nach unten ab. Die an den breiten, stumpfen, lateralen Ecken entspringenden
Lineae temporales nähern sich, etwa 80 Mm. von der Mitte der Augenhöhlenbögen entfernt,
einander bis auf anfänglich 5, dann aber knapp bis auf 1 Mm., um kurz vor Beginn der schwachen
Orista lambdoidea abermals zu divergiren. Auch hier ist die Hinterhauptsgegend niedrig.
Bei No. 8 (jüngerer Schädel von Lenz mit meist offenen Nähten — Taf. X V n i, Fig. 2),
bei No, 9 (LENZ;scher Schädel mit meist verwachsenen Nähten — Taf. XXI, Fig. 1),
No. 10 (Schädel No. 18528 des anatomischen Museums zu Berlin, dessen Nähte meist
verwachsen sind) lind No. l l : (Schädel 25791 das.* Taf. XIV, Fig. 1, ‘mit meist
verwachsenen Nähten) nähern sich die Lineae temporales einander bis auf 15, 18, sogar
48 Mm. Von Bildung einer Orista sagittalis ist bei allen von mir bis jetzt untersuchten
weiblichen Schädeln, ausser bei No. 4 1 2 gar keine Spur vorhanden,
B is c h o f f bemerkt, dass die Orista sagittalis bei den W eibchen, auch den ältesten
und stärksten immer fehle. Es fänden sich nur zwei von den äusseren Winkeln der
starken Arcus supraorbitales ausgehende Linien, welche auf dem Scheitel, entsprechend
der Sutivrä sagittalis, zusammenflössen, aber keine Orista bildeten etc.3 Dem gegenüber
ist zu bemerken, dass am weiblichen Gorilla-Schädel 1. in vielen Fällen zwar die Lineae
temporales auch im Alter weit von einander entfernt bleiben, 2. dass sie in manchen
Fällen nahe an einander rücken, 3. dass sie in selteneren Fällen sich auch zur Bildung
einer allerdings nur dürftigen, niedrigen Orista zusammenschliessen.4 An dem weiblichen
Geschlecht dieser letzterwähnten Thiere kann nicht gezweifelt werden.
No. 20 unserer Leihe z. B. ist ein noch ju ng e r m än nlich er Schädel, an welchem
die Kranznaht, Schuppennaht, die Thränenbeinnähte, die Nasenkiefer- und Zwischenkiefernaht,
die Jochbein^ und Keilbeinnähte, die Basilarnaht gänzlich, die Lambdanaht zum
grossen Theil — noch offen stehen5 und trotzdem, welche Differenz, in Grösse und Gestalt
gegen den von mir als weiblichen Gezeichneten Schädel No. 4 , an welchem jene Nähte
meistentheils, sogar schon die Basilarnaht, verwachsen sind.
Auffallend zeigen sich.. ferner noch bei den weiblichen Schädeln No. 4— 11 die
Differenzen in der Prognathie, • in der Höhe des Nasenrückens, in der Grösse der Apertura
pyriformis, in der Höhe und Breite des Kieferdreieckes, im ganzen Verhältniss zwischen
Hirn- und Antlitzschädel!
Studien an Chimpanse-Schädeln.
Zwar habe ich über den Bau des C h im p a n se -S eh ä d e ls, auch des m ä n n lich en /
schon anderweitig ausführlicher berichtet,* indessen hat sich seitdem das in meinen
Händen befindliche Material vermehrt und ich halte es daher für gut, hier noch einmal
1 Gebiss noch nicht vollständig entwickelt.
• Auf S. 47 • geschah des Individuums No. 4 kurz Erwähnung. Die übrigen Fälle sind erst während,
des Druckes in meine Hände gelangt.
8 A. g. 0 . S. 36.
4 Hiernach ist das auf S. 47 ah betreffender Stelle Gesagte zu erweitern.
r. An diesem männlichen G o r illa -S c h ä d e l ist es zwar schon zur Entwicklung einer Crista lambdoidea,
nicht aber zu derjenigen einer Crista sagittalis gekommen. Die lineae temporales stehen hier noch auseinander.
a Archiv für Anatomie etc. von C. B. Reichert und E. DU Bois-Reymoed, Jahrgänge 1872 — 75.
14
R. H a r tmann, Gorilla.