
gewisser identischer Formen,1 welche die Pflanzen- und Thierwelt in Afrika und in der
asiatischen Inselwelt miteinander darbieten, besitzen aber auch beide Ländergebiete sehr
e ig en th üm lich e Formen. Orang und Gibbon geben hierfür die besten Beispiele ab.
Der erwa ch sen e m än nlich e Orang erreicht, wie W a l l a c h mit Recht angiebt,
eine d u r c h sc h n ittlich e Höhe von vier Fuss ein bis zwei Zoll.1 2 3 Auffallend ist an
diesem Thiere schon auf den ersten Blick der hohe, kurze, in seiner Hirnschädelregion
von vorn nach hinten comprimirte Kopf, welcher so ungemein verschieden von der langgestreckten
Form des Gorilla- und namentlich des Chimpansekopfes erscheint. (Vergl.
Holzschnitte IX und X mit V I I und mit Taf. I—III.) Die Stirn des Thieres ist hoch, steigt
steil empor, ist mit massig hervorragenden Höckern und mit erhabenen, stark nach oben
convexen, aber nur wenig dick hervorragenden Oberaugenhöhlenbögen versehen. Gegen
den Scheitel hin spitzt sich die Stirn von vorn und von den Seiten her hinter- und
medianwärts zu und zwar bei einzelnen Individuen in recht auffälliger Weise. Nicht
selten tritt ein vorderer medianer Längswulst an der gewölbten Stirn mit starkem Vorsprunge
nach vom hervor; derselbe drängt sich gewissermassen zwischen die Augenhöhlenbögen
hinein (Holzschnitt No. IX). Lang und schmal schliesst sich an diese hoch-
gethürmte Stirngegend nach vorn und unten hin die. zwischen Augenwinkeln und Nase
nur sehr kurze Antlitzregion zu einer ungemein bizarren Gesammtheit (Holzschnitte IX
und X). Zwischen den nur kleinen, von runzligen Hautwülsten umgebenen, mild und
ruhig blickenden, braunen Augen senkt sich der Nasenrücken entweder tief ein oder er
verläuft mit schwacher Einwärtsbiegung nach abwärts. Der Nasenrücken ist schmal.
Beim erwachsenen männlichen Gorilla kann dieser Theil ebenfalls lang werden, beim
Chimpanse dagegen nicht so sehr. Die Nase des Orang selbst ist mit schmalen, hohen,
stark nach oben convexen Flügeln versehen, welche durch eine vordere nach unten sich
verengende Längsrinne von einander getrennt werden. Die Nasenlöcher sind nur klein.
Zwischen ihnen befindet sich eine niedrige, enge Scheidewand. Eine tiefe Einsenkung
zieht jederseits etwa nach der Mitte des Nasenrückens lateral- und abwärts bis hinter
den Mundwinkel hernieder und grenzt den Kiefertheil in noch auffälligerer Weise ab,
als dies beim Gorilla und beim Chimpanse der Fall ist.
Bei mageren a lten Männchen treten die Jochpartien stark hervor. Unterhalb derselben
senken die Seitentheile des Kopfes sich ein. Wohlgenährte a lte Männchen zeigen
sich an den lateralen Wangenabschnitten mit dicken, von den Schläfen bis zur Mundspalte
herabziehenden Längswülsten versehen, welche, oben und unten sich verschmälernd,
in sehr entstellender Weise das Gesicht umrahmen. Sie bestehen, wie es nach von mir
untersuchten, in der Entwicklung begriffenen Bildungen sicher zu sein scheint, aus
1 Plinius’ Angaben sind in dieser Hinsicht zu unbestimmt, um eine stricte Nachachtung zu verdienen.
* A. a. O.; j§ S. S~6'
3 Yergl. u. A. Temminck, Monographie» de Mawmalogie. Leiden 1835—1841, II, pl. XLI und XLIII,
Fig. 1, 2. Ferner Boitard: Le jardin de» plante». Paris 1842, p. 9 Abbildung (Le Pongo de Wurmb). Recht
hübsch ist diese Bildung an dem sehr sorgfältig ausgestopffcen Exemplare des Stockholmer zoologischen Museums
zu erkennen.
Bindegewebe und Fettablagerüng. Sie sind nur gefassarm. Bei Abstreifung der Bälge bleiben
sie gewöhnlich am Kopfe und an dessen lateralen Weichtheilen haften. Daher sucht mau
sie öfters vergeblich an selbst wohlpräparirten Orang-Häuten. Das 1876 im Berliner
Aquarium gehaltene grosse Exemplar liess bereits die Anfänge dieser Ablagerung erkennen.
No. X. Erwachsener männlicher Orang-Utan.
(S. Holzschnitt Ho. IX.) Unterhalb der Hasen- uud Wangengegend zieht sich eine mächtig
hohe, breite, nach vorn gewölbte Oberlippe gleichsam schildförmig nach unten herab. Sie
ist wenig gefaltet, mit zarter, schwach runzliger und schwach granulirter, spärlich behaarter
Haut bekleidet. Eiu breiter, im Allgemeinen dünnlippiger Mund, an dem aber die Unterlippe
noch etwas dicker und aufgeworfener als die Oberlippe erscheint, zieht sich mit
einem nach vorn und etwas nach unten convexen Bogen jederseits bis zu-einem Punkte
hin, welcher direct in gerader Linie unterhalb und noch ein wenig lateralwärts vom
äusseren Augenwinkel befindlich ist.
Das Ohr ist klein, etwa 35 Mm. hoch und 12 Mm. breit, von fast menschenähnlicher
' E . H a r t m a h n Gorilla. . - > V: '6