
- 48 -
ausgeprägten Scheitelhöcker am meisten gewölbt. Gegen die Schläfengruben hin verjüngt
sich dieser Schädeltheil ganz plötzlich.
Die Augenhöhlenbögen sind stark erhaben und verdicken sich beträchtlich. In der
Mitte treffen sie in der oben stumpf-firstenartig vortretenden Augenhöhlenscheidewand
zusammen und wenden sich gewöhnlich von da aus bogenförmig lateral- und etwas hinterwärts.
Sie sind niemals so stark entwickelt, nie so stark nach oben und nach den Seiten
hin hervorragend, nie so tief vom Himschädel abgesetzt, wie bei a lten Männchen.
Während sich nun bei letzteren eine stark eingebuchtete Leiste, welche den Anfangstheil
der unteren Schläfenlinie bildet, am Hinterrande jedes Augenhöhlenbogens erhebt, nimmt
die untere Schläfenlinie zwar beim alten Weibchen ebenfalls ihren Ursprung an der entsprechenden
Stelle, zieht aber mit weniger starker Einbuchtung directer nach hinten, wobei
sie, ohne an der Bildung einer Orista sagittalis thei]zunehmen, über die Scheitelwölbung
hinweg sich hinterwärts begiebt. Die oberen Schläfenlinien weichen von den unteren in
der Mitte der Scheitelbeine etwa 8—10 Mm. weit auseinander. Erstere laufen nach unten
in die untere, letztere laufen daselbst in die obere Lefze der Orista lambdoidea aus.
Die Hinterhauptsschuppe ist in ihrem Bereiche durch- die ßutura lambdoidea abgegrenzt.
Diese-zieht jederseits ohne Zacken zu bilden und nur geringe Sinuositäten ihrer
Ränder darbietend, gerade von oben nach unten herab. Die Hinterhauptsschüppe ist
gewölbt. Die Orista ocdpitalis externa und die Lineae nuchae sind nur schwach ausgeprägt.
In den Fällen deutlichster Ausprägung erkannte ich 1. eine ob erste von der
Orista aus bogenförmig gegen die untere Lefze der Orista lambdoidea hinziehende und.
mit dieser verschmelzende Linea nuchae. 2. Eine m ittlere. Sie entsprang etwa 25—30
Mm. unterhalb der oberen an der Orista, und zog sich mit der oberen parallel, bogenförmig
nach oben, um am höchsten Abschnitt des Seitenschenkels der ßutura lambdoidea
zu endigen. 3. Eine nur kurze u nte re, welche sich mit der mittleren vereinigte. Von
dieser unteren Linea nuchae aus zog eine gegen die Orista ocdpitalis externa hin sich
ausbuchtende Linea abwärts und verstrich an der Fossa condyloidea. Die lateralwärts
sich erstreckenden Felder zeigten unregelmässige Muskelleistchen. Bei recht alten Weibchen
nimmt die Zahl der chaotisch sich erstreckenden Muskelleisten und Knochenauswüchse
beträchtlich zu. Das Foramen magnv/m, beim Männchen, wenigstens so weit meine Beobachtungen
reichen, stets von elliptischer Form, ist beim Weibchen bald elliptisch, bald
kreisförmig. Die Fossa condyloidea ist hier flach und wird meist von mehreren kleineren
Oeffnungen durchbohrt. Das Foramen condyloidevm anti&um ist nur klein. Beim Männchen
sind diese Theile dagegen beträchtlicher entwickelt. Die Pars basilaris des Hinterhauptsbeines
ist unten flach, mit einem nur sehr schwachen Tuberculum pharyngerum versehen.
Der Processus mastoideus ist deutlich ausgebildet. Er kehrt seine hintere wenig convexe
Fläche nach hinten und zugleich etwas nach aussen. Es macht, wenn man die Occipital-
gegend des weiblichen Gorilla-Schädels von hinten her, in der Norma ocdpitalis betrachtet,
fast den Eindruck, als lägen beide Processus mastoidei an ihren Hinterflächen mit der
Hinterfläche der Hinterhauptsschuppe fast in einer Ebene. Das ist ja auch beim Männchen
normaler Sachverhalt, und diese Occipitalebene des Gorilla bildet einen sehr augenfälligen
Gegensatz gegen die Hinterhaupts wölbung des Menschen. Die Vagina des Processus
styloideus zeigt sich in schwachen Andeutungen. Selten nur gelangt ein niedriger verkümmerter
Griffelfortsatz zur Beobachtung. Die übrigen Knochen der Schädelbasis sind
zwar von geringerer Ausdehnung und von schwächerer Bildung als beim Männchen, bieten
aber sonst keine sehr augenfälligen Unterschiede dar. Der knöcherne Gaumen zeigt dieselben
Eigentümlichkeiten, wie beim anderen Geschlecht. •
Der Unterkiefer des weiblichen Schädels hat einen hohen und sehr breiten Ast mit
im Allgemeinen eckig-vorspringendem Winkel, ferner einen massig gebauten Körper. Die
Lineae obliquae sind stark ausgeprägt. Die Unebenheiten der Innen- oder Hinterfläche
des Unterkieferbeinkörpers sind beim weiblichen Geschlechte nicht so deutlich entwickelt
als beim männlichen.1
Der Schädel des jungen Gorilla-Weibchens vor der zweiten Dentition zeigt eine
durchschnittlich geringere Grösse und Schwere wie deijenige des Männchens aus derselben
Lebensepoche. Auch' sind die Muskelleisten hier noch weniger ausgeprägt, wie dort.
Dagegen macht sich selbst beim weiblichen bereits jene S. 47 beschriebene Convexität
der Nasengegend bemerkbar, welche auch hier in der Norma lateralis sehr hervortritt.
Der Hirnschädel erscheint weniger gewölbt, in der Scheitelgegend mehr abgeflacht und
mehr nach der Hinterhauptsgegend hin verlängert, als beim sehr jungen Männchen. Die
Prognathie ist auch beim sehr jungen W eibchen eine beträchtliche.2
Studien an SagittaMurchsclinitten des alten männlichen Gorilla-Schädels.
Leider haben mir g e sp r en g te m än nlich e Gorilla-Schädel, an denen ich jeden
einzelnen Knochen in seinen Gestaltungsverhältnissen genauer hätte durchmustern können,
bis jetzt nicht zur Benutzung Vorgelegen. Ich hoffe aber diese Lücke später nachholen zu
können. Dagegen verfugte ich über Sagittaldurchschnitte älterer männlicher Individuen.
Am Sagittaldurchschnitte des erwachsenen Männchens, welcher die Orista sagittalis
durchsetzt, zeigt sich diese sehr compact und läst nur wenig kleinfacherige spongiöse
Substanz erkennen. Dieselbe tritt noch am deutlichsten im hinteren Abschnitte der Orista,
da wo deren Zusammenhang mit der Orista lambdoidea stattfindet, zum Vorschein. Dagegen
zeigt der Anschnitt der Orista sagittalis einige in bald senkrechter bald schräger
Richtung von oben nach unten ziehende, mit sehr unregelmässigen Erweiterungen versehene,
auch mit grösseren Lacimen in Verbindung stehende Kanäle, welche zur Kategorie der
BuESCHET'schen gerechnet werden müssten. Selten finden sich einzelne der Kanäle quergestellt
und quer durchschnitten. Eine etwa 2 - - 4 Mm. dicke compacte Rinde deckt
die grossen Stirnsinus. Diese erstrecken sich unterhalb der mächtigen Augenhöhlenbögen
1 Vergl. Bischöfe a. o. a. O. Taf. XIII und unsere Tafeln VIII Fig. 1, l a, l b, Taf. XIV Fig. 1,
l n, l b, Taf. XV Fig. 1, l a, 1 », Taf. XVIII Fig. 2, 2 a, 2b.
2 Vergl. die Gesclilechtsdifferenzen sehr junger Gorillaschädel bei Bischoff a. o. a. O. Taf. XX Fig. 23,
Taf. XXI Fig. 25, sowie unsere Taf. VII Fig. 1, 1 \ l b.
Jt- H artmann Gorijla, '