
ist hier deutlich. Mehrmals zeigte sich dicht vor und etwas medianwärts von ihr ein
scharfer abgeplatteter Knochenhöcker. Der Beckeneingang zeigt sich wie bei Gorilla und
Chimpanse hoch, schmal-eiförmig gebildet. Das nach unten sich etwas schaufelförmig
verbreiternde Kreuzbein ragt hier nicht so entschieden schwanzartig nach unten. Das
Promontorium ist wie beim Chimpanse und Gorilla nur schwach. Es besteht 'hier wie
bei den anderen Anthropoidenarten ein grosses Missverhältniss zwischen Conjugaten-, Quer-
und Schrägdurchmessern.1 Das B eck en der Anthropoiden ist nach meinem Dafürhalten
derjenige Theil ihres Skeletes, welcher am meisten vom m en sch lich en Skeletbau abweicht.
Namentlich ist es auch die Höhe und Schmalheit, die steile Stellung der Beckenbeine,
die Vorwärtswendung der medialen Darmbeinflächen, die gestreckte, der einer
Schwanzwurzel sich nähernde Bildung der Kreuz- und Steissbeinwirbel, welche sich von
der Beckenform auch der rohesten Menschenstämme sehr w e s e n tlic h 'entfernt.1 2
Am. O b e r sch en k e lb e in des G o r illa bildet der Kopf ein Kugelsegment. Chr. Aeby
bemerkt zwar, dass derselbe Theil bei diesem Thiere in der Anlage einer Kugel von
23 Mm. Radius entnommen sei. Ihr bei senkrechter Schenkellage vorderer oberer
Quadrant verflache sich der Quere nach auf 27 Mm. Radius. Die Verflachung sei eine
verhältnissmässig starke.3 Dieses Verhältniss findet sich aber nicht durchgängig. Die
Fovea capitis ist excentrisch, unregelmässig gebildet. Der Umkreis des Kopfes nimmt
nach oben hin eine tuberculöse Beschaffenheit an, sieht hier wie angefressen aus und ist
von vielen Löchern durchbohrt. Das Caput femoris fand ich zwar nach vorn und lateral-
wärts, auch wohl nach oben, n ich t aber nach h inten gedreht.4 Der Oberschenkelbeinhals ist
vom flach; der Trochanter major zeigt eine mächtige Entwicklung, ist, hoch, breit, dick
und mit gröberen Höckern versehen. Der ebenfalls ausgebildete Trochanter minor ist
etwas nach hinten gekehrt. Die Linea inteiirochanterica anterior erscheint nur in ihrem
oberen lateralen Abschnitt ausgeprägt, verschwimmt jedoch nach unten hin und medianwärts.
Die Linea intertrochanterica posterior ist ausgeprägt, in ihrem oberen Abschnitte sogar
sehr stark, woselbst sich der Trochanter major von aussen nach innen hemm wölbt. Weiter
abwärts erleidet die Linea' intertrochanterica posterior eine Continuitätsunterbrechung, indem
sich hier aus der übrigens tiefen Fossa trochanterica eine wallartige Leiste erhebt, welche
mit jener Linie verschmilzt.
Der Schaft dieses Knochens ist nach vorn gekrümmt und von vorn nach hinten
abgeflacht. Die laterale Kante zeigt sich oben stumpf, nur wenig erhaben, unten dagegen
ist sie schärfer, erhabener. An der medianen Kante zeigt sich dagegen das umgekehrte
1 Es ist z. B. an .einem—alten Orang-Männchen der Conjugatendurchmesser = 150 Mm., der quere =
113 Mm., die schrägen betragen jeder = 115 Mm.
2 Im Anschlüsse hieran mache ich auf die interessanten Untersuchungen v. Jhebing’s über die
R e g io n en b ild u n g der W irb e lsä u le und ü be r d ie B e ck en n e r v en der a n th ro p o id en A ffen aufmerksam.
(Das peripherische Nervensystem der Wirbelthiere, Leipzig 1878, mit Abbildungen). Ich muss
mir Vorbehalten hierauf und auf eine Arbeit von Heckel an einem anderen Orte zurückzukommen.
3 Che. Aeby in : Morphol. Jahrbuch IV. Bd., S. 300. _ ’
4 Aeby dagegen bemerkt: Der Kopf (des Oberschenkels) erscheint gewöhnlich nach hinten, bisweilen
auch, wie beim Menschen, nach vorn und aussen gedreht (a. o. a. O. S. 297).
- 141 -
Verhältniss. Die Linea ajspera ist nur massig entwickelt. An ihr sieht man das Labrum
i/ntermm stärker ausgeprägt als das Labr. extemvm, namentlich im unteren Abschnitt
dieser gesammten Leiste. Die Vorderfläche erscheint in der Mitte des Knochens stark
convex, dagegen sind die hintere mediale und die hintere laterale Fläche ziemlich eben.
Der sehr starke mediale Oondylus ragt weit hervor, schwächer dagegen der laterale. Beide
sind rauh, knorrenreich. Das Jt'lnnntm popliteum ist ausgedehnt. Ich muss demnach
H uxeey gegenüber Owen lind Aeby darin Recht geben, dass.ersterer im Femwr des Gorilla
deshalb eine besondere Aehnlichkeit mit demjenigen dés Menschen erkennt, weil daselbst
der Oondylus internus über den Oondylus extemus hervorragt.1 Die Fossa, poplüea ist tief
{2i- .'SO Mm.). Die Rollfläche des medialen, Qmdylus zeigte mehrmals eine Breite von 32,
diejenige des lateralen dagegen eine solche von 25 Mm. Das Patellardreieek ist tief.
Beiin Weibchen finden sich ganz ähnliche Verhältnisse,nur is t hier der Bau des ganzen
Knochens weit schmächtiger als dort.
Beim Chimpanse bildet das Caput fémóris ein Kugelsegment, an welchem zuweilen
der eine Quadrant wie abgeschnitten erscheint. Das GoEum ist nur kurz und vom flach.
Der Trochanter major- ist gross, voll Höcker, er ragt nach hinten und etwas medianwärts
hervor. Die Linea intertroohantaim anterior zeigt sich nur oben und an ihrer lateralen
Partie deutlich ausgeprägt, wogegen sie medianwärts sich verschwommen erweist. Die
Linea intertroehanterica posterior, zieht von oben und aussen gerade abwärts, ist ziemlich
glattflächig und erleidet eine ähnliche Continuitätsunterbrechung, wie sie. oben beim Gorilla
beschrieben worden ist.- Indessen zeigen Sich diese'Verhältnisse beim Chimpanse von
. geringerer Ausdehnung als bei der zuletzt erwähnten Affenform. Die Fossa troohantenca
des' ersteren besitzt oben eine beträchtliche Tiefe. Der Schaft, zeigt sich nach vorn aus-
gebogen. Die IAnea aspera ist undeutlich. Die Flächen, Kanten und Condylcn sind
ähnlich wie beim Gorilla gebildet. Die Gelenkfläohe des Oondylus internus ist breiter als-
diejenige des Oondylus externus. Beim weiblichen Chimpanse .zeigen sich ähnliche. Verhältnisse
wie beim männlichen Geschlecht dieser Thiere. Kur erscheint bei jenem der
ganze Knochen graziler, der Schaft noch gerader geformt, als hier. ,
Am Orang-Utan ist der Kopf des Obersehenkelbeines gross- Er bildet hier ein
Kugelsegment. Das Collum ist schmal, vorn und hinten abgeflacht, sonst im Allgemeinen
wie beim Chimpanse gebildet. Die Linea intertroehanterioa anterior ist schwach, die Linea
intertrbcfumteriea posterior dagegen erscheint wohl ausgebildet. Die Fossa troeho/ntericoj
ist oben und aussen vertieft. Der Schaft zeigt sich grazil und nicht stark gebogen, sondern
gerader gestreckt wie beim Gorilla. Die Linea aspera erscheint hier kaum angedeutet.
Die übrigen Verhältnisse des Knochens bieten keine augenfälligen Abweichungen dar.
Der laterale Oondylus hat auch hier eine schmalere Gelenkfläche als der mediale.
Die Kniescheibe des Gorilla ist mehr gerundet, diejenige, des Chimpanse dagegen ist
mehr oval geformt. Beim Orang-Utan zeigte sie sich an den von mir untersuchten Exemplaren
schief von innen nach aussen verzogen. Es ekistiren an diesem Knochen bei
unseren Anthropoidenformen zwar die Spuren von Basis und Apex pateUae, indessen sind
diese Theile hier doch nur wenig deutlich.