Extremitäten.
Der Meiisch ist hestiraml zum anfrediten Gange. Ohne diesen kann er seinem Berufe nici.t genügen.
Aus den tiefsten Schluchten erhebt er sich zu dem Gipfel des Chimborazo und des Himalaja. Die
pseudanthropeiden Affen erheben sich höchstens von dem Fussboden eines Waldes in einzelnen
Tropongegendcn von Afrika und Asien bis zu den Spitzen der Bäume, die bestimmt sind, ihnen als Aufenthaltsort
zu dienen. Ihre Extremitäten sind nicht danach eingerichtet, sie in irgend eine bedeutendere
Entfernung von ihren Bäumen zu tragen. Sic sind Klelterthiere. Sie klettern in der Weise, dass sie die
Baumstämme mit ihren Extremitäten umspannen und indem sie an diesen oder an einzelnen Zweigen sich
festhalten, den übrigen Theil des Körpers entweder aufwärts durch die vorderen Extremitäten
in die Höhe ziehen, oder abwärts diese nachlassen. Wenn sie den Fnssboden erreiche», so sind sie
nicht im Stande, wie der Mensch und der grösste Thcit der übrigen Säugethiere, sich zu ihrer Fortbewegung
der vorderen und der hinteren Extremitäten zu bedienen, »ie unverhaltnissrnSssige Länge
der vorderen Extremitäten ist ihnen hierbei in jeder Beziehung hinderlich. Die vorderen Extremitäten des
Gorilla sind länger als die menschlichen, und reichen bis zum Knie hinab. (Du C h a i l l o u - M a y a r - A n -
dersson: Die neuesten Entdeckungsreisen an der Westküste Afrikas. Bearbeitet von Hermann Wagner.
Leipzig 18C3. Seite 92. Vergl. ferner: Duvernoy in den Archives du muséum d'histoire
naturelle. Publikes par les Professeurs-Administrateurs de cet établissement. Paris 1855.1 — Ueber die
Extremitäten des Schimpanse sagt W. Vrolik (Recherches d'Anatomie compurt^e sur le Chimpausé Amsterdam
1841. Seite 12): Die Länge der oberen oder vorderen Extremitäten des Schimpanse ist vor allem
besonders zu bemerken. Sie ist der Art, dass, wenn er aufrecht steht, soweit es ihm die nöthigc Beugung
der Kniegelenke gestattet, seine Haud das obere Dritttheil des Schienbeins erreicht, wahrend beim
SIenschen in derselben Stellung sie nur zum unteren Dritttheil des Oberschenkels sich erstreckt. Es crglebt
sich hieraus, dass die oberen Extremitäten des Schimpanse viel länger sind als die des Menschen. — Nach
den Beobachtungen von Owen ist dies Missverhältniss bei den jüngeren Thieren noch grösser als bei den
Alten. — Beim Orang-Oiitang ist die Länge der oberen Extremitäten noch bedeutender als beim Sehimpanse.
Wenn das Thier in möglichst aufrechter Stellung sich befindet, erreichen seine Vorderhände den
Erdboden'!. Die starke Krümmung der ersten und zweiten Phalangen der vorderen und der hinteren Extremitäten
beim Schimpanse ist der Art, dass sie ein glelchmässiges Audreten auf den Fussboden nicht gestatten
und selbst es dem Thier nicht gewähren, sich bei dem Versuch aufrecht zu gehen der vordere« Extremitäten
zu bedienen. Sie sind der Art, dass die Thiere, wenn sie sich stützen wollen, mit den vorderen
Extremitäten, die erste, zweite und dritte Phalange mit der Dorsalseite der Vorderhände berühren, und
damit steht es auch im Einklang, dass sie nur so äusserst sparsam mit Haaren bewachsen sind. Es ist
dies in dem Werk von Vrolik nicht genügend dargestellt. Dies Verhältniss der starken Krümmungen der
Phalangen der Extremitäten findet sich bei Simia satjrus vorzüglich an den ersten Phalangen der Hiuterfüsse.
Blumenbach hat den Menschen in die erste Ordnung der Säugethiere gestellt, die er als Vierhänder
iMammalia quadrumana) charakterisirt hat. Diese Darstellung, welch« anfangs mit grossem Beifall aufgewurde,
ist in neuerer Zeit doch wieder vielfach geladelt worden. Aber die Hände der pseudann
Kylol)«!«., der iber «o d«n i.ieud«Dtbroi.c.kI.ü Afin aiebt n«br gtiisrl, UberlrilB tli. L«nj« in w
thropoiden Aflen sind überhaupt nicht geeignet, ihn zu den feineren Arbeiten zu befähigen, welche der
Mensch täglich ausführt. Auch die Muskeln stimmen nicht vollständig mit den Muskeln der menschlichen
Hände überein. Der Musculus flexor pollicis longus fehlt dem Orang-Utang und dem Schimpanse, während
der starke Flexor carpi radialis mit einem Fascikel an den Mittelhandknochen des Daumen hingeht.
Der Musculus opponens pollicis, der Flexor brevis pollicis und der ndductor pollicis sind zwar vorhanden,
aber wenig gesondert, und zur zweiten Phalanx der Vorderhand geht keine besondere Sehne hin.
Die Annahme, dass der Gorilla und der Orang-Utang keine Ilinlerhand hüben, beruht nnf dem Mangel
des Mnsculus peroneus longos. Der Schimpanse hat aber einen stark entwickelten musc. peroneus
brevis und musc. peroneus longus, die iu ähnlicher Weise wie beim Menschen enUpringen und verlaufen.
Der Musculus peroneus brevis setzt sich an die Tuberositas ossis metatarsi digiti minimi an, der peroneus
longus geht mit einer starken Sehne schräge durch die Fusssoblc vom äusseren Rande zum inneren durch
den Solcus cuboideus und inserirt sich an der Basis des os melularsi piimi. Demungca.htet ist der Schimpanse
nicht im Stande, seine hintere Extremität wie einen vollständigen Fuss oder eine vollständige Hand
zu gebrauchen. Beim Gorilla findet auch kein genügender Ersatz für das angegebene mangelnde Vermögen
durch die starke Entwickelung des Musculus flexor longus, flexor brevis, Musculus abductor und
addnctor hallncis statt'). — Wollte man den Tadel gelten lassen, der In neuerer Zeit über Blumenbach
ausgesprochen wurde, das« er den Menschen als Qnudrumanen bezeichnet hat und ihn damit an die
Spitze des ganzen Thierreiches stellte, so könne man mit demselben Rcchte behaupten, der Afle sei gar
kein Quadrumane, denn er habe gar keine Organe, die er wie die Hände des Menschen gebrauchen könne.
I Affen in ihren verschiedeneu Siellungen
•ersehiedene Beschaflenheit der Extremitä-
Die Zoologen sind bemüht gewesen, die pseudanthropoid
bildlich darzustellen, und haben hierbei natürlich auch auf die
ten nöcksicht nehmen müssen:
Johann C h r i s t i a n Daniel S c h r e b e r , die Säugethiere in Abbildungen i
bungen. L Theil (der Mensch, der Afle, die Fledermaus).
r Natur mit Beschreilufreehter
Tab. II. 2. Tafel stellt Simia satyrns (Linné) mit einem grossen starken Baumzweig in der rechten
Hand dar. Die Figur ist insofern verfehlt, als die Handspitzen bis an's Kniegelenk reichen, während die
Spitzen der Vorderhand bis auf den Fussboden reichen sollten.
Tab. H B. Simia satyrus (Linné) kletternd an einem Baumstamm.
2. Band Tab. I B. Simia Pygmaeus (Pygmee) stellt einen Schimpanse dar in i
1 auf dieser Figur bis
einem Spaziersloek in der Hand und tanzender Bewegung. Die Vorderhände reiche
on's Kniegelenk. Die Ohren sind sehr gross und stehen weit vom Kopfe ab.
Stellung mit
2. Band Tab. I C. Simia Troglodytes mit einem stark entwickelten Bauch. Di
der Vorderhunde reichen bis an die Mitte der Wade. Die Ohren zeichnen sich auch hier durch ihre ungemeine
Grösse aus.
Tab. H. Simia satyrus (Linné) silzend mit einem grossen Ast in der linken Hund. Die Abbildung
hat grosse hängende Ohren, welche denen eines Pudeis gleichen.
Tab. II C. Simia Agrias gehÖil wahr-^cheinfich einem Schimpansc
im Ganzen einen Kopf von vorne, and einen Kof von der linken Seite.
i Tafel enthält eine Figur
Andreas Wagner, Die Säugethiere mit Abbildungen nach der Natur und Beschreibungen. Supplement.
V. Abtheilung (Leipzig 185.5).