
Es ist dieselbe Versteinerung, die ich bald darauf (Jahrb. f. Mineralogie etc., 1844. S. 336.-
Palaeontographica, 1. S. 153. t. 20. f. 1) unter der Benennung Apateon pedestris beschrieben
und abgebildet habe. Li einer voUstiindigen Arbeit über die lieptilien der Steinkohlen-
Formation in Deutscldand war es nicht zu umgehen, diese Versteinening nochmals zur
Spraclie zu bringen.
Dieser Entdeckung folgte im Jah r 1847 die Entdeckung von Reptilien durch Herrn
Berghauptinann v. Dechen in den Fisch-reichen Nieren von thonigem Sphärosiderit der Stein-
kohlen-Formation zu Lebach bei Saarbrücken in Rhein • Preussen, einem Gebilde desselben
Altei-s wie der nicht weit davon auftretende Scliieferthon mit dem Apateon. Das Vorkommen
von Coprolithen von der Länge und Stärke eines Fingers, welche diese Nieren geliefert
hatten, führte zur V ennuthuug, dass das Gestein Reptilien enthalten müsse, auf die zuvor
nicht geachtet worden war. Herr v, Dechen bess daher an die Bergleute die Aufforderung
ei^ehen, nicht aUein auf die Fische, sondern auch auf andere Einschlüsse zu achten; was
zui' Folge hatte, dass fünf Nieren mit Resten von Reptilien gefunden w urden, aus denen
Goldftiss das Genus Archegosaurus bildete.
Dm-cli diese Reste aufmerksam gemacht, hätte man glauben sollen, dass unter der gros-
sen Menge früher zu Lebach gesammelter Fische sich mehrere Reste von Archegosaurus
vorfinden wirden. Die Nachfoi-sehungen waren indessen von einem sehr geringen Erfolge begleitet.
Eins der ältesten Exemplare von Archegosaurus wird jenes seyn, welobes in dem
im Jalir 1777 gedruckten Katalog der Pasquay'schen Sammlung, der Grundlage zu der im
Jah r 1817 in das Königliche Naturalienkabinet zu Stuttgart übergegangenen Sammlung des
Professore Storr in 'Pubingen, als Fischkopf aulgeführt wird. Es ist dies dieselbe Versteine-
rang, welche Agassiz veranlasst hat, den Pygopterus Lucius aufzustellcn, woraus hei-vorgeht,
dass auch er darin den Kopf eines Fisches vermulhete, wofür sie so lange g alt, bis durch
Auffindung anderer Stücke der Archegosaurus nacligewiesen ^var. Später -\vurde dieser von
Arehegosaums Decheni hen-ührende Schädel durcli Jäger veröffentlicht. Die zu Trier aufbewahrten
Reste von Archegosaurus werden jedenfalls später als der Schädel zu S tuttgart,
und die Exemplai'e in den Sammlungen zu Bonn und Saarbrücken nicht vot' dem Jah r 1847
gefunden worden seyn.
. Dem Arciiegosaurus folgte bald der Nachweis von noch anderen Reptilien in der
Steinkohlen-Fonnation. Im Jah r 1848 erkannte ich, dass der Schädel aus dem Schieferthon
der Steinkohlen-Formation bei Heimkirchen, nördlich von Kaiserslautern, welchen Goldfuss
unter der Benennung Sclerocephalus Häuseri einem Fisch beigelegt hatte, einem Reptil angehört.
1849 machte Jordan eine zweite unbestrittene Species von Archegosaurus , A. latirostris,
aus den Sphärosiderit-Nieren von Lebach bekannt. 1853 veröffentlichten Wyman
und Owen (Quart, journ. geol. Soc. London, 1853. IX. p. 58. t. 2, f. 2— 7. t. 3. f. 1—9)
Reptilien-Reste, die in einem aufreclit stehenden Baumstamme der Steinkohlen-Formation von
Neu-Schottland in Nordamerika gefunden wurden, und legten ihnen den Namen Dendrerpeton
Acadianuin bei. In demselben Jah r machte Owen (Quart, journ. geol. Soc. Imndon, 1853.
IX. p. 67. t. 2. f. 1) aus einem Schiefer der Steinkohlen-Formation des Glascower Reviere
den Parabatraclius Colei bekannt, und im Jah r 1854 aus der Steinkohle von Neu-Schottland
in Nordamerika ein anderes Reptil, das er unter dem Namen Baphetos planiceps (Quart,
journ. geol. Soc. London, 1854. X. p. 207 t. 9) begreift. Alle diese in der Steinkohl^n-Forma-
tion beider Erdbälften gefundenen Reptilien gehören der merkwürdigen Familie der Labyrintbodonten
an, was ich von dem im Jahr 1851 entdeckten und bald darauf von Mantell
(Quart, joui-n. geol. Soc. London, 1852. VIII, p. 100. t. 4) beschriebenen Telerpeton Elginense
weniger glauben möchte. Des Telerpeton liabe ich zu envähneii, weil er aus dem Old red
Sandstone (Ober-Devon) von Elgin in Schottland herrührt. Wenn er hienach auch etwas
älter wäre, als die Reptilien der Steinkohlen-Formation, so gehört er doch derselben geologischen
Periode an.
Es ergiebt sich hieraus zur Genüge, dass die Klasse der Reptilien schon zur Zeit der
Steinkohlen-Formation geschaffen war. In vorliegender Arbeit habe ich mich auf die Reptilien
zu beschtänkeu, die in Deutschland in dieser Formation gefunden worden sind. Ihre Darlegung
bietet, wie wir sehen \verden, hinreichenden Stoff, und es koimneii dabei die in anderen
Gegenden aus dieser Zeit gefundenen Reptilien nur so -weit in B etracht, als es die
Vergleichung erfordert.
Die erste Nachricht über die im Jah r 1847 zu Lebach gefundenen Reptilien-Reste
theilte Goldfuss in der Sitzung der Niederrheinischen Gesellscliaft für Natur- und Heilkunde
in Bonn am 13. Februar 1847 und in der Sitzung des natm-historischen Vereins iür die
Preussischcn Rheinlande zu Kreuznach am 18. desselben Monats mit. Seine Untersuchungen
beruhen hauptsächlich auf dem von mir Taf. lU. Fig. 5 - - 8 abgebildeten Schädel von Av-
chegüsaurus Decheni. Mit dem Geschlecbtsnamen wollte Goldfuss ausdrUcken, dass das Thiei-
den Stammvater der Eidechsen und Crocodile darstelle. E r rechnete es zu den Crocodiliern,
verkannte indess nicht, dass der im Bau des Schädels vorherrscliende GrocodOtypus von den
wirklichen Crocodilen merkwürdige Abweichungen darbiete, und dass das den Eidechsen
zustehende Scheitelloch vorhanden sey. Er erklärte daher das Thier für ein eigenes, den
Uebergang zu den Eidechsen andcutendes Genus aus der Ordnung der Crocodile von vier
Fuss Länge.
Nachdem man die Wichtigkeit dieser Vereteinerungen erkannt h a tte , wurden in den
Sphärosiderit - Nieren zu Lebach bald noch mehr Uebeireste von Archegosaurus gefunden.
Sie gelangten in Besitz der Herren v. Dechen und Jordan und wurden gleichfalls Goldfuss mit-
getheilt, der sich dadurch zur Abfassung einer ausführliclien Abliandlung über diese merkwürdigen
Geschöpfe veranlasst sah, die er willens war, wahrend der Versaminlimg der Deutschen Naturforscher
im September 1847 zu Aachen vorzulegen. Durch Krankheit vom Besuche der
Versammlung abgehalten, beauftragte Goldfuss den Herrn Professor Nöggerath sein Manuscript
nebst den Original-Versteinerungen der geologischen Section zu übergeben, von der ich zur
Berichterstattung aufgefordert ward. Die kurze Zeit, die mir zur Prüfung des Gegenstandes
eingeräumt war, genügte, um mich an den ^'ersteinerungen zu überzeugen, dass der Archegosaurus
, was an der zueret im Jahrbuche flli' Mineralogie erschienenen Abbildung seines
Schädels nicht mit Sicherheit zu ersehen w ar, zu den Labyrintbodonten gehört, die zuvor
nur den triasischen Gebilden zustandon. Das Alter der Labji-inthodonten war sonach bis in
die älteste Periode organischen Lebens nachgewiesen.
Das von mir abgegebene Gutachten bestimmte Goldfuss, seine Abhandlung umzuarbeiten
und nunmelir den Archegosaurus für eine Uebergangsfonn der Ichthyoden zu den
Lancerten und Crocodiliern zu erklären, die den Labyrintbodonten der Trias am nächsten
stehen würde; wie dies aus der noch Ln demselben Jah r von dem naturhistorischen Verein
für die Preussischcn Rheinlande herausgegebenen Schrift: „Beiträge zur vorweltlichen Fauna
des Steinkohlengebirges“ , die letzte von Goldfuss erschienene Arbeit, zu ersehen ist. Es
w'erdcn darin drei Species: Archegosaurus Decheni (S. 6. t. 1. 2), A. medius (S. 6. l. 3.
f. 1) und A. minor (S. 7. t. 3. f. 2) nach der Grösse und den relativen Verhältnissen der
grössten Breite am Ende des Hinterhauptes zur grössten Länge unterschieden ; die erste und
zweite Species sollten auch noch Abweichungen in der Hautbedeckung darbieten. W ir wer-
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