Wir können nicht umhin, nochmals auf die Uebereinstimmung aufmerksam zu
machen, welche zwischen Deckema und Thelphusa nicht nur in der allgemeinen
Körperform und den meisten Gattungskennzeichen, sondern auch bis in das Detail
der Skulptur und Bewaffnung herrscht, während gerade in einem Charakter, welcher
im Allgemeinen hei der Klassifikation der Braehyuren von erstem Range ist, Deckema
so radikal von Thelphusa abweicht. Es deutet dieses darauf hin, dass auch die
Subordination der Charaktere, auf welcher überhaupt jede Klassifikation beruht,
nicht in allen Fällen streng und rücksichtslos durchgeführt werden darf, ohne Gefahr
zu laufen, die natürliche, d. h. wirkliche Verwandtschaft zu zerreissen, und
dass anscheinend unwichtige oberflächliche Charaktere zuweilen eben durch ihre
genaue Gesammtübereinstimmung die Zusammengehörigkeit treuer anzeigen, als
Charaktere der anatomischen Struktur, denen man so gern auch in der Klassifikation
einen entscheidenden Werth zusehreibt.*) Wir können in der That in Deckenia
nicht eine Oxystome sehen, welche nur äusserlieh den Thelphusen ähnlich geworden,
sondern eine wahre Thelphuside, d. h. eine wirklich zur Verwandtschaft der
Thelphusen gehörige, morphologisch und vermuthlich auch genealogisch diesen
nächststehende Gattung, bei welcher nur Ein Theil, das Mundfeld, sich in ähnlicher
Weise wie bei den Oxystomen ausgebildet hat. Dieses soll die Benennung der Art,
imitatrix, andeuten, während der Gattungsname bei den Naturforschern das Andenken
an den Mann zu erhalten beitragen möge, dessen Unternehmungsgeist und aufopferndem
Eifer die Wissenschaft unter Anderem auch diese interessante Bereicherung
verdankt.
Ocypodidae .
Gattung Ocypode.
Die hierher gehörigen Exemplare in der v. d. D e c k e n ’sehen Sammlung
scheinen sich in drei Arten zu trennen, welche folgendermassen sich unterscheiden:
Augen. Tonleiste
an der Innenseite der Scheeren.
Ceratophthalma mit langem Horn aus Leistchen bestehend.
mit kleinem Höcker statt
Fabricü
des Horns.
unregelmässig aus Punkten
bestehend.
Cordimana ohne alle Verlängerung. fehlend.
Eine Vergleichung mit anderen im Berliner zoologischen Museum vorhandenen
Exemplaren ergibt Folgendes:
0. emsor, L. sp. (hippeus, Ol i v . ) , und 0. aegyptiaca, G e r s t ä e k e r (T r o s c h e l ’s
Archiv f. Naturgesch.), zeigen eine Tonleiste an der Innenseite der Scheeren,
*) Ich kann hier nicht umhin, einer parallelen Bemerkung zü erwähnen, welche ich bei
F i n s c h , Die Papageien. I. p. 171 ausgesprochen finde. E r sagt: „Es zeigt sich nämlich, dass sehr
wichtige Organe bei ganz nahe verwandten Arten eines Genus so verschiedene, zum Theil auffallende
Abweichungen besitzen, dass es unmöglich wird, eine Klassifikation nach anatomischen Charakteren
festzustellen. Die äusseren Kennzeichen werden daher für die systematische Eintheilung immer die
wichtigeren bleiben.“
welche ganz aus sekundären Leistchen zusammengesetzt ist; diese sind enggedrängt,.
doch nach oben zu etwas weitläufiger.
Bei 0. ceratophthalma, P a ll ., beginnen am oberen Ende die Leistehen sich in
Höckerpunkte aufzulösen, ebenso scheint sie sieh bei 0. laevis, D a n a , zu
verhalten.
Bei einer noch unbestimmten Art aus Liberia (ohne Augenstiele, 3118 des Berliner
Museums) sind die Leistchen schon etwas mehr reducirt.
Bei 0. arenaria, S a y , aus Westindien sind gar keine Leistchen mehr vorhanden,
sondern nur noch Höckerpunkte, aber diese noch mehr regelmässig gestellt als
bei den für 0. Fabricü, M. E., genommenen Exemplaren von Sansibar.
Bei 0. cordimana fehlt jede Spur einer solchen Tonleiste, ebenso bei 0. macro-
cera, M. E.
Nach der Ausbildung der Hörnchen auf dem Auge (Verlängerung des Augenstieles
über das Auge hinaus) ordnen sich dieselben Arten folgendermassen:
Bei 0. Cursor sind die Hörnchen lang und gepinselt.
Bei 0. ceratophthalma und 0. aegyptiaca sind dieselben auch lang, aber ohne Pinsel.
Bei der erwähnten 0. Fabricü? kurz, höckerförmig.
Bei arenaria, cordimana und der unbestimmten von Liberia ist gar keine Verlängerung
vorhanden.
Die Ausbildung dieser zwei Charaktere geht also insoweit Hand in Hand miteinander,
als der höchste Grad beider sich bei derselben Art, 0. Cursor, vorfindet,
und wo der eine ganz fehlt, der andere- entweder auoh nicht vorhanden ist, so bei
cordimana, oder doch nur wenig entwickelt, so die Tonleiste bei arenaria, die
Hörnchen bei Fabricü? u n d macrocera, bei der dieselben trotz des Namens doch
nicht länger als bei brevkornis sind.
Die Berücksichtigung der Tonleiste bestätigt demnach nicht nur die Artgiltigkeit
der aus anderen Gründen von ceratophthalma abgetrennten aegyptiaca,, sondern
verspricht auch festere Anhaltspunkte für die Artunterscheidung der hornlosen Ocy-
poden, deren Diagnosen und Beschreibungen bis jetzt nur in relativen, ohne Angabe
des Vergleichungsobjektes allzu vieldeutigen Ausdrücken sieh bewegten. So lange
aber die Originalexemplare der von den früheren Autoren beschriebenen Arten noch
nicht auf diese Tonleiste untersucht sind, bleibt die Anwendung ihrer Namen auf
unsere Arten immer noch einigem Zweifel unterworfen.
Es ist aher noch von Wichtigkeit für die Artbestimmung, zu wissen, ob etwa
und wie diese Charaktere nach Alter und Geschlecht abändern. Zahlreiche Exemplare
von 0. ceratophthalma verschiedenen Alters, in dem indischen Archipel,
namentlich Benkulen, Anjer (Java), Ternate, Amboina und Adenare (Insel bei
Flores) von E. v. M a r te n s gesammelt (Berliner Museum 311,0 — 3)15 und 3117),
sowie junge und erwachsene Exemplare von 0. Cursor aus Liberia (Berliner
Museum 3122) ergeben, dass die Tonleiste vom-Alter unabhängig ist, indem sie
schon bei den kleinsten Exemplaren völlig ausgebildet ist, dass aber allerdings die
Hörnchen auf dem Auge sowohl bei den Weibchen als in der Jugend relativ kürzer
sind (0. brevicornis, M. E ., scheint nichts Anderes als eine solche jugendliche
ceratophthalma zu sein), ja bei ganz jungen scheinen die Hörnchen ganz fehlen zu
können. Uebrigens hat ein kleines Exemplar der 0 , Cursor aus Liberia, von innerst
20 Millimeter Breite, bereits einen deutlichen Pinsel auf dem Horn, dieses
selbst ist aber noch sehr k u rz , kaum ein Höcker zu nennen. Ferner sind bei
jüngeren Exemplaren durchschnittlich die äusseren Orbitaleckeu minder scharf als
Vv <1. D o c k e n , Reisen 111«