Bälgen. Einige Ausflüge, nach M in t e r a n o und K a n a tz i auf der Westküste
von Madagaskar, nach B a g am o io gegenüber Sansibar und anderen
Orten, gaben ihm Gelegenheit zur Verwerthung der erlangten Fertigkeit.
Ein Sammeln im grösseren Maassstabe begann erst Mitte 1862,
nach Eintreffen der beiden neuen Gefährten, unter denen sich auch der
Unterzeichnete Herausgeber des Reisewerkes befand. In M om b a s , von
wo aus eine netie Reise ins Innere versucht werden sollte, verging fast
kein Tag, an welchem nicht grössere oder kleinere Streifzüge zu Land
oder zu Wasser unternommen wurden, und reichliche Beute aus den
verschiedenen Reichen lohnte unsere MüheT Weniger ergiebig in dieser
Hinsicht, aber um so reicher an interessanten Funden, war die danach
ins Werk gesetzte zw e ite D s c h a g g a - o d e r K i l im a n d s c h a r o r
e is e , einmal weil der mit mir angekommene Jäger A n d ro c k wegen
Krankheit Zurückbleiben musste (er weilte noch bis Anfang 1863 in
Sansibar und brachte darauf unsere Schätze nach Europa), und dann,
weil unsere Thätigkeit anderweitig stark in Anspruch genommen und
unsere Transportmittel sehr beschränkt waren.
Des Reisenden Pläne gestalteten sich immer grossartiger: ein Dampfschiff
wurde bestellt zur Erforschung der ostafrikanischen Flüsse, und
neue Begleiter1 ausser den nöthigen Schiffsmannschaften ein Arzt
und Botaniker, ein Maler und ein Präparator ^— sollten angeworben
werden zur Vervollständigung der Expedition. Um den Zeitraum bis
zum Eintreffen alles Dessen auszufüllen, wurde eine Reise quer durch
Madagaskar vorbereitet.
April 1863 kamen wir auf den S e s c h e ll e n an, von wo nach
einem vierwöchentlichen Aufenthalte der Postdampfer uns weiter nach der
Insel R é u n io n oder B o u rb o n brachte, der nächsten Station vor dem
afrikanischen Rieseneilande.. Hier wurden unsere Hoffnungen mit einem
Male vernichtet: König R a d am a von Madagaskar war ermordet, das
Land in voller Gährung, kein Europäer mehr seines Lehens sicher!
Unter solchen Umständen verweilten wir einen Monat auf Réunion und
rüsteten uns, als auch dann keine besseren Nachrichten eintrafen, zur
Abreise; der Baron ging nach Europa, wo er seine Reiseangelegenheit
um so kräftiger betreiben wollte, ich kehrte über die Seschellen nach
Sansibar zurück —■ den armen K o r a l li , der schon längere Zeit ge-
.kränkelt, hatten wir kurz nach unserer Ankunft auf dem Kirchhofu zu
St. Denis begraben müssen.
Auf R é u n io n haben wir einige Pflanzen, aber fast keine Thiere
gesammelt, da die ziemlich dichtbevölkerte Insel von den daselbst
lebenden ausgezeichneten Gelehrten bereits derart durchforscht ist, dass
flüchtige Wanderer keine Hoffnung hegen dürfen, durch ihre kurzen
Bemühungen Etwas zur Bereicherung der Wissenschaft beizutragen.
Dagegen war ich während der Abwesenheit des Barons in Europa bestrebt
nach Kräften und soweit es meine anderen Arbeiten gestatteten,
die früheren Sammlungen zu vermehren; es geschah Dies sowol in
Sansibar als auf kleineren Ausflügen nach der Küste und während einer
Reise nach An g a s ij a oder G ro s sk om o ro , welche mich auch nach der
französischen Insel N o s s ib e im Nordwesten von Madagaskar und nach
M o a li oder M o h illa , ; der kleinsten der Komoren, führte. Wenn ich die
dort sich bietenden Gelegenheiten in ungenügender Weise ausgebeutet
habe, so möge mich, abgesehen vom Drucke der Verhältnisse, meine damalige
Unerfahrenheit entschuldigen: ich war im Alter von 22 Jahren aus
meinen Studien herausgerissen worden; welche ich nach mehrjähriger
praktischer Thätigkeit in meiner Fachwissenschaft, der Chemie, eben
wieder aufgenommen hatte, um mir eine gediegene Kenntniss in allen
den Fächern zu erwerben, welche dem Reisenden im Dienste der Wissenschaft
unentbehrlich sind.
Mit neuen Begleitern und vielumfassender Ausrüstung traf der Baron
gegen Ende des Jahres 1864 in Sansibar wieder ein. E r setzte seine
beiden Dampfer zusammen und rüstete sich auf seine grosse Reise, an
welcher Theil zu nehmen ein beginnendes Leiden mich verhinderte (ich
genas schon auf der Heimreise, welche ich September 1862 auf den
Rath der Aerzte antrat, wieder vollständig). Wie diese letzte Unternehmung
v o n d e r D e c k e n ’s ausfiel, ist allgemein bekannt, und allgemein
wird beklagt, dass solche Opfer an Gut und Blut nicht grössere
Ergebnisse - - wenigstens unmittelbar nicht j— hervorbringen sollten.
Die von dem Reisenden und seinen Begleitern zusammengebrachten
Sammlungen waren, so oft sich Gelegenheit bot, nach Europa geschickt
worden, um dort theils auf Familiengütern, theils bei Freunden aufbewahrt
zu werden. Manches wurde von verschiedenen Präparatoren zur
Aufstehung hergerichtet, Anderes blieb in Weingeist oder trocken verpackt
liegen; denn v o n d e r D e c k e n beabsichtigte, diese Gegenstände
einstweilen beisammen zu lassen, um nach seiner Rückkehr über ihre
Gesammtheit und über die Art und Weise der Bearbeitung selbst entscheiden
zu können. Leider war hierdurch mancher Schaden entstanden:
beim Auspacken von nicht ganz kundiger Hand waren einige Etiketten
verloren und sonstige Bezeichnungen verwechselt worden, beim Ausstopfen
aber hatten mehrere der Bälge gelitten, desgleichen durch allzulanges
A ufbewahren viele der Spiritussachen.
In 1 diesem Zustand und an manchen Orten zerstreut befanden sich
die Sammlungen, als der opfermutige Forscher nebst mehreren seiner