1 . OTARIA JÜBATA
Berol. 1844, 8), und auf eine von ihm gemachte, die charakteristischen
Eigenschaften angehende Abbildung bezieht
sich B o p b o n in der Hist, nat., etc. Suppl. tome VI,
pag. 358, pl. XLVIII, während der T ext weitläufig dieselbe
bespricht, obgleich ihre Vereinigung m it der
nordischen Spezies S tb llb r’s zeigt, dass damals die
hiesige A rt nooh nicht sicher erkannt w ar, ungeachtet
F ö r s t e r m it Grund hervorgehoben hatte, dass e s zwei
ganz verschiedene Thiere seien.
Das Männchen des gemähnten Seelöwen ist ein grosses
Thier, das etwa 8 F uss Länge erreicht, und eine ziemlich
klare, roströthlichbraune Färbung zeigt. -Die Weibchen
sind stets viel kleiner, nicht über 6 Fuss lang, von theils
ähnlicher, theils etwas hellerer Farbe und ohne die
Mähne längerer Haare, welche bei alten Männchen m it
voller Mähne vom Scheitel bis fast zur Mitte des R ückens
reicht, über die Seiten des Halses und der Brust
aber nur wenig sich ausbreitet und allmälich hier sich
verliert. Die längsten Haare auf der Mitte erreichen mehrere
Zoll. In den dicken, fleischigen Rippen stehen viele
(16—20) 6—8 Zoll lange, steife Borsten, von denen die
vordersten kürzesten ganz gelb zu sein pflegen, die hintersten
längsten meistens eine schwärzliche Basis haben.
Die nackte, schwarze Hasenkuppe zieht sich m it einer
Sohneppe zum Anfänge der Oberlippe hinab und umgiebt
die länglich ovalen Nasenlöcher zur Seite nu r m it einem
schmalen Saum. Sie ist längs der Mitte von einer tiefen
Furche getheilt.
Die Augen sind gross, w eit offen und m it dunkelbrauner
Iris versehen; die Ohrmuscheln dagegen ausnehmend
klein, nur 1 - 1 i cm. hoch und konisch zugespitzt, m it
eingerollten Rändern. E in kurzes, dichtes, steifes einfaches
Haarkleid bedeckt den ganzen Körper, m it Ausnahme
der Flossen am Rande vor den Zehen und auf der
ganzen Unterseite ; auch die Ohrmuscheln sind fein und
dicht behaart.
Die grossen Flossen erscheinen lang; die vorderen
länger als die hintern, jene zugespitzt, diese werden breiter
nach aussen und gehen am Endrande in fünf schmale
Hauptlappen über, welche den fünf Zehen entsprechen.
Die Nacktheit nimmt auf der Oberseite den ganzen freien
R and der Flosse, nebst den die Zehenspitzen überragenden
Lappen und Säumen ein; die Unterseite ist bis zur
Basis der Flosse und noch etwas weiter aufwärts am
Flossenstiel ganz nackt.
In den Vorderflossen erkennt man die fünf ungleich
langen Zehen nur an ihrer stärkern Wölbung und an einer
kleinen, bei älteren Thieren kaum sichtbaren, platten
Kralle an der Spitze der Zehen, welche etw a 1
Zoll vor dem Rande am Ende der Behaarung sich bem
erkbar m acht; der fünften kleinsten Zehe fehlt sie mitunter,
wie auch wohl der ersten. Die Hinterflossen haben
fünf gleich lange Zehen, von denen die drei mittleren
m it je einer grossen, 1 J Zoll langen, cylindrischen
Kralle versehen sind, die ändern beiden eine kurze, flache
Kralle, wie die vordem tragen. Diese Krallen überragt
ein 4— 6 Zoll breiter nackter Saum, dessen Endrand
zur Hälfte in fünf gleich breite, abgerundete Hauptlappen
getheilt ist. Alle diese nackten Stellen sind dunkel
schwarzbraun, m it schwielig chagrinirter Oberfläche.
Der k u rz e , konische Schwanz zwischen den Hinterflossen
ist behaart, wie der Rumpf; der schwielige Rand
des Afters und der Genitalienöffnung unter ihm aber nakt.
Die Flossen der Männchen sind wie die der Weibchen
gebaut, aber doppelt so gross. Unser weibliches Exemplar,
das 5 Fuss von Nasenrande bis zur Schwanzspitze
misst, h a t l Fuss lange Flossen, ohne deren Stiel. Darnach
müsste ein 8 Fuss langes Mänchen fast doppelt
so lange Flossenjiaben. Leider besitzt das Museum kein
vollständiges männliches Exemplar. Zwei junge Männchen
von 4 F uss Länge haben 10 Zoll lange Flossen.
Diese jungen männlichen Thiere von halber Grösse der
Erwachsenen, ähneln dem ausgewachsenen Weibchen
ganz, sind nur etwas schlanker im Rum pf und kleiner
im Kopf. Ihre Farbe ist ein helles Gelbgrau, das an beiden
Seiten des Kopfes und an den Flossen mehr in’s
Braune spielt; namentlich die Nase und ein Streif von
da bis zum Auge, selbst bis zum Ohr, sind entschieden
braun; auch die Bartborsten sind dunkler gefärbt. Ganz
junge Säuglinge fallen ins Schwärzliche und haben die
Farbe der nackten Theile an den Flossen der Aeltern.
Die Thiere leben an der Argentinischen Küste nicht
überall gleichförmig, sondern an gewissen Lieblingsplätzen,
um welche sie sich in grossen Gesellschaften
sammeln. Hier halten sich die zahlreihen bis zu 100 anwachsenden
Genossen in verschiedenen Trupps von
15-20 Individuen zusammen, die grösstentheils aus
Weibchen und deren Jungen bestehn, unter Führung
eines grossen, alten Männchens, das die Heerschaft über
die Weibchen behauptet, und ändern erwachsenen Männchen
den Umgang m it denselben verw ehrt. Man hört sie
schon aus'w eiter Ferne an dem grunzenden Gebrüll der
Alten und den feineren Tönen der Jungen, das alle von
Zeit zu Zeit ausstossen, zumal das Männchen w enn es
irgendetwas wahrnimmt, das seine Aufmerksamheit erregt.
Die halbwüchsigen Jungen begleiten die W eibchen
und entfernen sich von denselben erst nach dieser
Zeit, wenn die jungen Männchen schon die Grösse ihrer
Mütter zu haben pflegen. Solche Plätze sind nicht ganz
nahe an der Küste, sondern wo möglich w eit im Meer
vor der Küste, wo die Thiere ungestört ihr Wesen treiben
können. Ein altes Männchen pflegt, je nach seiner
Stärke und seinem A lter, 8-10 Weibchen zu hüten; die
jungen Männchen fangen m it einem Weibchen an, sondern
sich m it ihm von den übrigen Ortsgenossen ab, und
nehmen nach und nach mehrere andere Weibchen hinzu.
So wächst die Truppe m it den bald erzeugten Jungen all-
mälich bisjauf die angegebene Zahl. Die Jungen werden
Anfang Sommers, d. h. Ende Decembers bis Mitte Januar
geboren. Das junge Weibchen w irft nur einen Säugling,
ältere deren zwei, selten drei. Die alten Thiere ruhen
viel auf Felsen und Klippen im Meer, wo sie sie haben
können und gehen von dort von Zeit zu Zei t auf die Jagd.
Zwei halbwüchsige Männchen, welche ich hier in Buenos
Aires lebend sah, spielten in einem ausgemauerten
Wasserbehälter zutraulich m it dem W ärter, und nahmen
die ihm vorgehaltenen Fische aus der Hand der Zuschauer,
aber nur, wenn man ihnen den Kopf voran den
Fisch frei präsentirte, niemals vom Schwanzende her,
oder von der Seite. Sie waren wohl 14 Tage lang meine
1. OTARL
Unterhaltung und wurden lebend nach London verkauft.
In der englischen Zeitschrift: t The Field» von 10 März
1866 (Vol. X X V II, N» 689), sind ähnliche junge Thiere
pag. 191 gut abgebildet und kurz beschrieben unter dem
falschen Namen von Otaria Hookeri.
Der nördlichste Standort ist bei den Islas de los lobos,
vor der Mündung des La Plata-Busens, unter 35» S. Br.
H ier leben beide Spezies in grösser Zahl noch jetzt ebenso
ungestört wie zur Zeit der ersten Entdeckung durch J u an
Diaz de Sous im Jahre 1515, der bei dieser Expedition
umkam; w orauf seine Leute, m it einer Beute von 66 Fellen
der Seehunde, welche sie an den davon benannten
Inseln erschlagen hatten, heimkehrten. (Descr. phys. etc.,
I. I, pag. 6). Den zweiten Standort bezeichnet das Cap Corrientes,
unter 38°30' S. Br. Daselbst befinden sich vor
der Küste zwei Felsenriffe, als untermeerische Fortsetzung
des niedrigen Gebirgszuges der Sierra Tinta, Sierra de
Tandil und Sierra Tapalquen [Descr. phys. etc., 1.1 , pag. 241),
welche das Land südlich von der L a Plata-Mündung
weit ins Meer vortreten lassen. Beide Klippen führen nach
diesen Seehunden den Namen der Lobería Grande und Lobería
Chica.
W eiter nach Süden finden sich an ähnlichen Oertlich-
keiten auch die Seehunde wieder; da aber hier nirgends in
der Nähe bewohnte Ansiedelungen existiren, so sind
diese Stellen auch nicht nach ihren beständigen Bewohnern
benannt worden. W ir haben indessen aus der Gegend
des Rio Chubül (43° S. Br.) und des Puerto Deseado
(47° 30' S. Br.) Fell und Skelette der Otaria leonina erhalten.
C u n n in ö h a u fand den Seelöwen an verschiedenen Stellen
der Magelhanes-Strasse (Notes on the Nat. Bist. Str.
o f Mag., pag. 53,126,262,270), und bemerkt dass schon
C o o k dieselben als ein harmloses Geschöpf bezeichnet
habe, das man nur zu fürchten brauche, wenn mau einer
ins Meer sich stürzenden Gesellschaft unverhofft in den
W eg gerathe, wobei man von ihnen übergerannt werden
würde.
FonsTER endlich, sein erster genauerer Beobachter, sah
ihn wiederholt auf seiner Reise m it C o o k an den Küsten
des Feuerlandes: er betrachtete längere Zeit eine grosse
Heerde beim Staaten-Land und bespricht ihre Lebensweise
kurz, aber bündig in ansprechender A rt. (Descr.
Anim., etc. pag. 318 seg.) E r sagt, dass er im Magen des
getödteten Exemplars Panzerstücke von Krebsen und
Mytilus-Schaalen angetroffen habe, was beweist, dass
die Nahrung der Seelöwen nicht ausschliesslich aus F ischen
besteht. Ihre Bewegung am Lande ist ein sicherer
Gang auf ihren breiten Flossen, m it deren Hülfe sie sogar
an Felsen bis zu 50 Fuss Höhe emporklettern, von
wo sie dann aufgestört sich in's Meer zu stürzen pflegen.
Sehr häufig findet sich unsere Otaria auch an den Küsten
der Falklands-Inseln, woher in neuerer Zeit mehrmals
junge lebende Thiere nach London gebracht worden
sind. . .
Das Skelett ist bereits dreimal abgebildet, daher ich
es nicht wieder dargestellt habe. Die erste sehr gute Abbildung
des weiblichen Knochengerüstes gab E . D ’A l t o n
auf Tafel III des IX Heftes seiner m it C. H. P a n d e r begonnenen
vergleichenden Osteologie, (Bonn 1826. fol.).
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ohne den systematischen Namen des irrigerweise als
aus Brasilien bezogen angesetzten Skeletts zu kennen.
Es w ar von S e l l o w an das Berliner anatomische Museum
noch unter R d d o l p r ib ’s Direktion gesandt und
stammt ohne Zweifel von den Isias de los lobos vor der
La Plata-Mündung, denn in der Banda Oriental hatte
S b l l o w fleissig gesammelt. Da die langen Endknorpel
der Zehen nicht erhalten waren, so sind die Flossen in
der ergänzten Körperform unrichtig dargestellt.
, Eine zweite ebenso schöne Abbildung des Skeletts von
einem Männchen findet sioh in B l a in v il l r ’s OsUogra-
phie. Camassiers, genre Phoca. pl. III. Die dritte lieferte
J. M o r ib im Juni-Heft (part. IX . 1874.) des achten Bandes
der Trans. Zool. Soc. of London pl. 77. flg. 11. in stehender
Stellung, während die ändern beiden Figuren es
schwimmend darstellen.
Mir sind nach und nach fünf Skelette durch die Hände
gegangen, drei davon gehörten erwachsenen Weibchen
an, die zwei ändern jungen Männchen ; von alten ausgewachsenen
Männchen kenne ich nur Schädel. Ausser-
dem stehen mir noch mehrere Schädel beider Geschlechter
zu Gebot.
Da J. M o r ib neuerdings (a. a. 0 . ) eine volle Beschreibung
des Skeletts gegeben hat, so wiederhole ich hier
eine solche n ich t; meine Aufgabe soll es sein, die all-
mälige Entwicklung des Sohädels zu schildern, wie er
vom fötalen A lter bis zum reifen männlichen Typus
sich gestaltet. Ein ebenso junger Schädel hat M o r ib
nicht Vorgelegen, daher die allerfrüheste Form in seiner
Darstellung fehlt; sein jüngster Schädel, unter Fig. 12
und 13 abgebildet, gehört einem filtern Thierchen an,
denn er ist viel gestreckter gestaltet als der ineinige, Fig.
10-12 gezeichnete. Der Vollständigkeit halber w ill ich
indess die Zahlenverhältnisse der Wirbel, Rippen und
Extremitätenknochen hersetzen.
Die Wirbelsäule besteht aus sie b e n Halswirbeln, fün fz
e h n Rückenwirbeln und fü n f Lendenwirbeln; das Becken
verbindet sich m it nur zwei Kreuzwirbeln und der
darauf folgende kurze Schwanz enthält noch vierzehn
Wirbel. Die Halswirbel messen zusammen 32 cm., die
Rückenwirbel 70 cm ., die Lendenwirbel 24 cm., das Kreuzbein
m it den Schwanzwirbeln 30 cm. M o r ie nimmt vier
Kreuzwirbel an, auf Grund der Nervenäste, und es ist richtig,
dass die beiden ersten der 14 Schwanzwirbel dem
zweiten Sacralwirbel sehr ähnlich sehen, aber direkte
Verbindung m it den Beckenknochen findet nicht statt,
daher ich sie zum Schwanz zähle. B l a in v il l e ’s F igur des
Kreuzbeins (pl. VII.) verzeichnet darin fünf Wirbel, aber
der letzte hat alle Eigenschaften eines Schwanzwirbels.
Der wirkliche Schwanz, darunter gezeichnet, ist unvollständig.
D ’A d t o n ’s F igur giebt 14 Kreuz- und Schwanzwirbel
an, wovon die 3 ersten als Kreuzbein gezeichnet
sind. M o r ie zählt nur acht Schwanzwirbel, also m it den
vier Kreuzwirbeln 12; es fehlen folglich seinem Skelett
die 4 letzten. Der letzte Wirbel ist allerdings nur eine
feine, pfriemenförmige Spitze und blos der vorletzte zeigt
die typische Form der Schwanzwirbel.
Das Brustbein besteht aus acht K nochen; der sehr
lange erste beginnt breit und flach, die folgenden sechs
sind kürzer, dünner,-mehr cylindrisch, aber Stundenglas-
E
PLANCHES
BUENOS AIRES
T E X T E D E L’IM P R IM E R I E D E P A U L -É M IL E C O N I, R U E A L S I N A , 6 0
PARIS I HAÏLE