S c h l u s s b em e r k u n g
Es scheint m ir angemessen, hier am Ende meiner B ehandlung
der Balänodcn des Argentinischen Gebietes,
einige allgemeine Bemerkungen über die A rt meiner Auffassung
liinzuzufOgen.
Es w ird nicht ausbleiben, dass andere Gelehrte anderer
Ansicht sein und sich dahin entscheiden werden, die
hiesigen Arten m it den nordischen gradezu zu id'entifici-
ren. Ich nehme indessen keinen Anstand, die besonders
von den Anhängern der Darwin’schen Hypothese über
den Ursprung der Arten als Streitpunkt behandelte Meinung
in Betreff der Artdifferenz für offene Frage zu erklären,
deren Beantwortung je nach dem verschiedenen
Standpunkt der Discutirenden, bald so, bald anders lauten
wird, weil über sie eine allgem ein gül tige En tscheidung
nicht möglich ist. Sobald es feststeht, dass Unterschiede
da sind, kann man an Artdifferenz denken, doch
ist dabei im Auge zu behalten, wo diese Unterschiede
liegen und wie sie sich zu erkennen geben. "Wenn man,
wie ich, sich vielfältig und oft ausschliesslich m it der
Entomologie beschäftigt hat, lernt man bald das Schwankende
des Artbegriffs der verschiedenen Autoren kennen.
Die Sucht, neue Species aufzustellen, ist hier so
gross, dass die geringste Abweichung der Farbe oder
Zeichnung gar manchen Entomologen dazu genügend erscheint
; sie glauben auf diese Weise ihren Scharfsinn am
besten an den Tag zu legen^ ohne zu bedenken, dass
alle wissenschaftliche Forschung nach der Begründung
fester Gesetze strebt, und dass es vielmehr darauf ankommt,
die Einheit in*der Mannigfaltigkeit zu zeigen, als
die unendliche Mannigfaltigkeit bloss hinzustellen. Ich
bin darum bei meinen entomologischeftStudien stets
den entgegengesetzten Weg gegangen; ich habe es vor-
gezogen, lieber alte Gattungen festzuhalten, um in ihnen
die A rten naturgemäss neben einande^zu gruppiren,
als dieselbe in viele neue Gattungen zu zersplittern. Ich
lege überhaupt auf die isolirte Artbeschreibung keinen
grossen W erth, sondern vielmehr darauf, zu zeigen, wie
die Arten sich naturgemäss zu einander verhalten und
wie der systematische Begriff des Gattungs- oder Gruppen
Typus, sich in ihnen theilweise modificiren kann.
Diese A rt der Behandlung des massenhaften Stoffes
ist in meinen Augen die einzig wissenschaftliche, jene
andere nur ein Spiel m it den Dingen, zur beliebigen
U nterhaltung der Spielenden.
W enn aber der Stoff ein beschränkter, auf nur wenige
Formen reducirter ist, dann scheint es mir richtiger, die
feinsten Unterschiede aufzusuchen und bei der Bearbeitung
als constante Typen hervorzuheben. Dabei ist dann
nothwendig die Behandlung nach einem gleichen Maassstabe
auszuführen, und nicht in der einen Gattung oder
Gruppe Arten m it einander zu vereinen, welche man
in der anderen trennt. Sind also, wie im vorliegenden
Falle nach allgemeiner Annahme feststeht, die Balaenae,
welche an verschiedenen Stellen der Erdoberfläche auf-
treten, w irklich verschiedene Species, so müssen auch
die Balaenopterae dafür gehalten werden, wenn sich constante
Unterschiede ihres Baues in Farbe, Grösse, relativen
Dimensionen der Theile, oder in den bestimmten
Zahlen derselben nachweiscn lassen; und von diesem
Gesichtspunkte ausgehend, habe die .südlichen Balaeno-
plerue als besondere, von den nordischen verschiedene
Species behandelt, weil ich im Stande gewesen bin, derartige
Unterschiede daran nachzuweisen.
Dies ist, nach meiner Meinung, der allein richtige
Maassstab für die Beurtheilung meiner Arbeit, welcher
immer es zuerkannt werden dürfte, dass sie sich gewissenhaft
bestrebt habe, zur Aufdeckung von Thatsachen
zu gelangen.
S TÄiP P L Í M E N T E
z u r B e s c h r e i b u n g d e r B a r t e h s w a l e
Zu B a l a e n o p t e r a P a t a c h o n ic a
Die B a r t e n dieser A rt konnte ich Seite 13 und 29
nur im Allgemeinen kurz besprechen, weil mir bei Abfassung
des dortigen Textes bloss Bruchstücke davon
zur Untersuchung Vorlagen. Indessen hatte ich von der
frisch aus dem Maule genommenen Bartengruppe eine
kurze Beschreibung gemacht, die m ir zu jener Zeit, abhanden
gekommen w ar ; erst kürzlich ist sie mir wieder
in die Hände gerathen.
D arnach waren die ganzen Barten im Leben 8 Fuss
6 Zoll englisch Maass, oder 2,60 Meter la n g ; sie* begannen
spitz, wurden bis zur Mitte allmälig breiter,
und endeten etwas schmäler, doch breit abgerundet nach
hinten. Die Anzahl der deutlich unterscheidbaren Plattenreihen
in jeder Reihe betrug 347. Dies stim m t genau
zu den Angaben der neuesten Beobachter über die
nordische. ’Art. F low e r spricht dem von ihm bei
Portsmouth untersuchten Exemplar taboul 150 plades on
cach sidoi zu (Proc. Zool. Soc. 1869. pag. 606) und Zad-
d a g k fand bei dem Danziger Finnfisch 348 Querreihen
(Wiegm. Arch. 1875 I. S. 345). Am spitzen Vorderende
w aren beim hiesigen Finnfisch die ersten, sehr
dünnen 136 Platten ganz weiss, alle folgenden hatten
eine schiefer-schwärzliche B asis, behielten aber einen
breiten weissen Saum ändern ausgefranzten Rande, welcher
Saum an den m ehr hintern Platten schmäler wurde
und sich an den letzten ganz verlor. Bis zur Mitte jeder
Gruppe nahmen die Platten an Breite und Höhe langsam
wieder niedriger. In den
orliegenden Stück aus dei
i 1,40 M. (4 5 Fuss) Länge
ie niedrigsten des Vorderen
zu,, hernach wurden sie '
erhaltenen, noch jetzt mir
Mitte einer Bartengruppe v>
befinden sich 280 Platten ;
des. sind 10 cm. hoch, die m ittleren längsten 60, die
hintersten 20 cm., ihre Breite am Grunde beträgt vorn
5 cm., in der Mitte 14cm. und am Hinterende 6 cm.
Da nun: in dem erhaltenen Stück noch 280 Platten sich
befinden, so fehlen der ganzen Reihe nur 68—70 Platten,
und diese 70 fehlenden Platten konnten zusammen, nach
Massgabe des vorliegenden Stückes, etw a 1 1 Fuss
Länge haben, so dass die ganze Bartengruppe im jetzigen
getrockneten Zustande kaum 2 Meter (6 Fuss) Länge
ergeben würde, während sie im Leben 2,60 Met. (8 .1
Fuss) Ausdehnung hatte. Dies ist wichtig zur Beurtheilung
der von mir für die beiden ändern Arten gefundenen
Längen der ebenfalls getrockneten B artenreihen;
beide sind zu klein, in Folge des Eintrocknens, und
wenn die Beobachtung an B. Patachonica massgebend
ist, wohl in i der natürlichen Ausdehnung.
Ich habe a. a. o. S. 29 die ganze Länge der Barten von
Bai. intermedia nur zu 6 Fuss (fast 2 Meter) angenommen;
sie ist aber wahrscheinlich über 8 Fuss (2,50 Met.)
im Leben gewesen; doch dürfte die Anzahl der Platten
geringer gewesen sein, als die von B. patachonica, weil
die hintersten Reihen sich früher in Pinsel auflösen.
F ü r B. Bonaerensis fand ich die vorhandene grössere
Portion der Bartengruppe 1,12 M. lang und schätzte die
vollständige Reihe auf 1,60 (S. 4), was nach meinen je tzigen
'Wahrnehmungen w ohl zu wenig sein d ü rfte;
richtiger möchte es sein, auch deren Bartengruppe im
Leben auf 1,90—2 M. anzuschlagen.
Diese Annahme w ird unterstützt durch F lo w e r’s Beobachtung,
dass in der Mitte der Barten, wo die grössten
Platten stehen, genau 24 Platten auf einen Fuss kommen,
die kaum 1 Linie dicken Platten also im Leben mehr als
i Zoll weite Lücken freilassenf* Gegen beide Enden
rücken sie aber dichter an einander, wie die grosse
Menge der Platten in jeder Gruppe anzeigt; hier k am
der natürliche Abstand der Platten nur auf [ Zoll oder
5 mm. angeschlagen werden. Jetzt, im getrockneten Zustande
finde ich den Abstand der grössten, mittleren
Platten 6 - 8 mm. und den der kleineren Platten beider
Enden nur 2—3 mm.
Nach diesen sichern Beobachtungen ergeben sich für
die drei von* mir besprochenen Species der Gattung
Balaenoptera folgende V erhältnisse:
E
B. Bonaerensis
BB.. iPnatetarcmheodniiaca
— 265 Platten
12,,8600 —— 22,,0700 MM.. 1348 — 3&U 2,50 — 2,60 M. 1340 — 345
PLANCHES
BUENOS AIRES
T E X T E D E L’ IM P R IM E R I E D E P A U L -Ë M IL E C O N I, R U E A L S IN A ,
PARIS I HAtLE