Stunden sich stromabwärts in Bewegung gesetzt habe.
E s galt kein Zaudern, er musste gesucht w erden; meine
Dampf-Bootsmansohaft zeigte sich bereit ihm zu folgen,
und so fuhren wir, obgleich es schon über 3 U hr Nachmittags
war, den Rio de la Plata hinab, der Mündung
zusteuernd. Nach einer Stunde F ah rt sahen wir in beträchtlicher
Entfernung ein Fischerboot, das eine grosse
schwarze Masse hinter sich herschleppte; unser F ernrohr
liess uns nicht lange in Ungewissheit, es war der
Walfisch, den es im Schlepptau hatte und damit wohl-
gemuth nach Buenos-Aires seegelte. In einiger Zeit hatten
wir das Boot erreicht; die Leute weigerteu sich nicht,
die gewonnene Beute der Marine-Uniform meiner Begleiter
herauszugeben, und so schleppte nun unser Meiner
Dampfer den inzwischen blasenförmig in der Mitte des
Bauches bis zu 15 Fuss ausgedehnten Fisch hinter sich
her. Aber diese F ah rt ging sehr langsam von Statten;
es wurde dunkel und bald völlige Nacht, ehe wir noch die
Hälfte des Weges nach Buenos-Aires zurückgelegt hatten.
Dennoch fuhren wir bis 10 U hr weiter; aber die U nmöglichkeit
einsehend, die Stadt vor Mitternacht zu
erreichen, legten wir den Fisch im Strom vor Anker,
entschlossen ihn am folgenden Tage wieder aufzunehmen
und an seinen Bestimmungsort zu bringen. Doch auch
daran w urde ich durch die Umstände verhindert.
Den folgenden T ag trat Nord-Westwind ein, der bis
Mittag in reinen W est umging. Dieser hier überhaupt
sehr seltene W ind, unter dessen anhaltendem Druck die
Wasser des Flusses schnell fallen und weit vom Ufer
zurücktreten, machte die Landung des Cadavers an passender
Stelle unm öglich; ich wartete m it Sehnsucht den
ganzen 30 April, aber er blieb beim Wehen selbst den
1. und 2. May; ein F all der m ir bei meinen täglichen
Beobachtungen seit den 8 Jahren meiner Anwesenheit in
Buenos-Aires kaum vorgekommen war. Endlich den 3.
May wurde er Nordost, und damit stieg der Fluss an dieser
Seite schnell; ich fuhr also wieder m it meiner früheren
Begleitung nach dem Cadaver und fand denselben nunm
ehr geplatzt und schon ziemlich von Fäulniss zerstört,
doch an derselben Stelle.
Ich w ill in dieser weitschweifigen Erzählung nicht
m it gleicher Umständlichkeit fortfahren, sondern nur
kurz berichten, dass mein Dampfer den Cadaver den
3. May nach dem rechten U fer des Riaclmelo brachte
und ihn dem dort ansässigen Flusswärter (Capataz del
Silgadero) zur Aufbewahrung übergab. Ich fuhr am
4. May dahin und verabredete m it den Leuten, dass sie
ihn in gute Obhut nehmen möchten, bis ich Arbeiter senden
werde, das Fleisch abzulösen und die Knochen zu
reinigen. F ü r dies Geschäft suchte ich einen hiesigen
Thran-Fabrikbesitzer zu gewinnen, dem ich den ganzen
E rtrag unter der Bedingung übergab, dass er mir die
sämmtliohenKnochen unbeschädigt aufbewahre.. Da die
Entfernung von Buenos-Aires bis zur Stelle zwar nicht
gross, die. öftere F ah rt dahin aber m it manchen Unbequemlichkeiten
für mich verbunden w ar, so verliess ich
mich uuf das gegebene Versprechen dieser Herrn um so
m ehr, als sie durch meinen Vorschlag in die Lage gesetzt
waren, ein einträgliches Geschäft für ihre Rechnung
machen zu können; aber wie bin ich auch diesmal wieder
in meinem V ertrauen getäuscht worden; die ganzen I
Flossen liessen sie in den Thrankessel stecken, und I
nichts ist davon übrig geblieben als der Oberarm, der I
glücklicher Weise, nach meiner bestimmten Vorschrift I
m it dem Schulterblatt am Skelet hängen blieb. Letzteres I
ist zw ar gerettet, aber nicht ganz vollständig; denn auch I
meine Wächter haben manchen kleinen Knochen ver- I
kommen lassen, sich dam it entschuldigend, dass ihn der I
Fluss fortgeführt habe. Indess beweisen die vorhande- ?
nen Hauptstücke, dass diese A rt m it dem von mir als I
Balaenoptera palachonica beschriebenen Skelet nicht iden- I
tisch ist, sondern eine eigene grössere Species bildet, wel- I
che sich fastin allen einzelnen Knochen des Skelets scharf |
von jener unterscheiden lässt.
Bei meinem Besuch am 4. März fand ich den Cadaver j
ausgestreckt am Ufer gelagert und zeichnete ihn sofort j
von der dem Lande zugekehrten Bauchseite, w ie Fig. 5 i
der ersten Tafel ihn darstellt, wonach er sich als ein
männlicher ausw eist; die dem Fluss zugekehrte Rückenseite
war weniger sichtbar, bot aber ziemlich denselben
Anblick dar, welchen die erste F igur derselben Tafel
von dem früher gezeichneten weiblichen Exem plar gew
ährt, daher eine nochmalige Abbildung m ir unnöthig
erschien. Der Körper w ar auf der ganzen Oberfläche |
dunkel schiefergrau, wie jenes Exemplar, und der Rücken
etwas scheckig heller und dunkler marmorirt, aber nicht
ganz so deutlich gefleckt wie jenes; nach der Mitte des
Schwanzes zu wurde er nach unten etwas heller und
namentlich die beiden Lappen der Schwanzflosse waren
unten viel heller gefärbt, als oben. Um gekehrt verhielt
sich die Kehlgegend, welche entschieden dunkler war,
als der Bauch und beinahe schwarz erschien. Dieser
dunklere Ton dehnte sich auch über die Unterkiefer aus,
wurde aber im Mundwinkel heller und fast ganz weiss. .
Die Brustflosse hatte innen, wie ich schon früher angab,
eine weisse Farbe und einen weissen Vorderrand, welche
Färbung sich etwas von der Achselgegend her über die
B rust verbreitete; andere Farben töne waren nicht w ahrzunehmen.
— Zur Erklärung der Abbildung bemerke ich
noch, dass der Bauch geplatzt w ar und darum die Form
desselben den zusammengefallenen Zustand einer halb
entleerten Höhle; woran B rust- und Kehlgegend sich betheiligten,
darstellen musste.
Die Ausmessung des völlig gestreckt vor mir liegenden
Körpers ergab eine Gesammtlänge von 60 F uss engl.
Maass (18,30“ ). Der Kopf, welcher fast ganz auf der
Scheitelfläche lag, war nicht sicher zu begrenzen; ebenso
wenig liess sich die Form und Distanz der Nasenlöcher
vom Schnautzenrande ermitteln ; dagegen zeigte das geöffnete
Maul, aus dem auch diesmal die schon zerrissene
Zunge in unordentlichen Lappen w eit hervorhing, am
Kieferrande eine Länge von 9 Fuss (2,80“). Der Unterkiefer
ragte ringsherum über den oberen hervor und ging in
eine vordere Ecke aus, die völlig den Umriss eines gothi-
schün Bogenfensters darstellte. Dicht neben dem Ende der
Mundspalte, über der Mundwinkelfalte, zeigte sich das
sehr kleine Auge, etwa 1 F uss (0,32 “) vom Rande des
offenen Mundwinkels entfernt; denn die weisse Mundwinkelfalte
ist beinahe 2 Fuss (0,60“) lang und zeigte
sich an diesem Exemplar deutlicher, weil das Maul weiter
2{ Fuss (0,72") entfernt und selbst von aussen gesehen
{Fuss (0,21“ ) lang, aber nicht von aufgeworfenen Lippen
umgeben, sondern in den Leib etwas zurückgezogen.
Seine völlige Absonderung von der Gesohlechtsöffnung
ist männlicher C harakter; beim Weibchen liegen, wie
wir früher gesehen haben, beide hinteren Körperöffnungen
Breite Bei
l s s s g l i l
t S ^ W i n k e l 'der Unterkieferspitze beginnen,
» z»eig■te sich ■als einew flacBhe .u.nd i s «c h m aIl eH LänBgsvherhefHung
8 1 e n a u a u f d e r Mitte der Unterseite, 30 Fuss (9,55 j
4 r Unterkieferspitze entfernt. Die ^ f l ^ ^ d e r e n I
Eumxegmebpelnadr ebne scFhurricehbeenn ,u nwde alcbhgee biiold et habe ( g- ),,n«hm I
¡S h an diesem nicht w ah r; dagegen sah ich sehideutl ch
la s s die Enden der langen Furchen
länger und kürzer waren, was ich am früher en Exemplar
A c h t m it gleicher Deutlichkeit gesehen, vielleicht aber
nur übersehen hatte. Ueber die Anzahl der Furchen habe
f c h mich schon früher ausgesprochen; 8 M W |
"•Zählung ergab, dass 31 Furchen zu jeder Seite des Un
ierkieferrandes an der Kehle ihren Anfang nehmen und
gradlinig über Kehle, Brust und Bauch verlaufen, w äh-
rend an den Seiten des Halses und der Brust bis hintei
■der Flosse andere entspringen, die weniger regelmässig
fortsetzen, und von Zeit zu Zeit auch neue
»w ischen den breiter werdenden Intervallen der mittle-
. ■.|ei3 Platz greifen. Alle werden nach den Seiten des
■ L u c h e s hin allmälig kürzer und enden so ziemlich m
K u e r schiefen Linie, welche man sich vom Nabel bis zur
M lp itz e der Brustflosse gezogen denken kann.
■ { H in ter dem Nabel wird der Bauch ebenso glatt, wie
K Rucken und bald auch dünner, d. li. der Körpei-
:umfaii°‘ geringer. Hier zeigt sich nun in der unteren
«M ittellinie, 4 Fuss (1,22“) vom Nabel entfernt, ein gros-
® e r, genau ebenso langer Spalt, welcher zwischen dicken,
j ^ E ufaeworfeneu Lippen eingeschlossen ist und m it ihnen
■ bolsterartig hervorragt. In Folge der Fäulniss klaffte
- vider Spalt etwas und zeigte zwischen seinen beiden dicken
^ K ip p e n andere, dunkler gefärbte Hautfalten, welche
^ K b e n fa lls hervorquollen. Diese spaltenförmige Oeffnung
» ist die männliche Genitaliehmündung; die inneren dunk-
jicren Falten gehören dem Präputium an, das bei allen ifCctaceen einen nach innen im erschlafften Zustande einiges
tülpten, faltigen Sack bildet, welcher im Zustande
der Erection sich nach aussen umstülpt, und die grössere
Lutere Hälfte der R uthe alsdann gleich einer Scheide
| . einschliesst. Neben dem hinteren Ende dieses grossen
^■ Präputialspalts zeigten sich zwei andere kleinere Längs-
• spalten, jede etwa 1 Fuss (0,30“) lang, welche als Zitzen-
^ B sp a lte n zu deuten sind. Das früher beschriebene Weib-
chen hatte ausserdiesenbeiden kurzen unmittelbar neben-
^ H d e r Scheidenmündung noch zwei andere, viel längere
^ H n a c h aussen daneben-Und das dürften die wahren Behäl-
tcr der weiblichen Zitzen seirh^ Vom hinteren Ende des
^B P räputialspaltes ist der ebenfalls spaltenförmige After
in einem und demselben Spalt ziemlioh dicht neben
einander.
Vom After ist die Spitze des Schwanzes nur 15 Fuss
(4,55“) und nicht wie beim Weibchen, [obgleich es etwas
kleiner war, 17 Fuss (5,20“) entfernt. Die ersten 5 Fuss
behält der nun sich merklich verjüngende Schwanz seine
drehrunde Form bei, hernach bekommt er oben wie
unten eine hoheKante, die zusehends nach hinten deutlicher
wird, indem die Schwanzachse an Dicke abnimmt.
D er Schwanz schliesst dann m it den beiden grossen,
horizontalen Flossenlappen, die wie beim Weibchen ge-
I formt, aber ebenfalls etwas kleiner waren. Die Länge
jedes Lappens betrug nur 6{ Fuss, (2,04“) statt der 8
F uss (2,44“) beim Weibchen und ihre Breite war am
Anfänge neben der Schwanzaohse nicht über 3 | Fuss
I (1,04™). Dasselbe gilt auch von der Rückenflosse, die nur
als schmaler, winkelig am Ende abgeschnittener Kamm
über dem Raum zwischen der Afteröffnung und dem Genitalienspalt,
d. h. also genau über dem Pcrinäum sich
zu erkennen gab, übrigens aber so tief m it dem Rücken
im Uferschlamm steckte, dass es nicht möglich war, ihre
Grösse m it Sicherheit festzustellen. Die Leute, welche
den Fisch zerlegten, behaupteten sogar, es sei gar keine
Rückenflosse vorhanden gewesen ; denn ihnen hatte ich
eingeschärft, auch sie mir gesondert aufzubewahren.
Die Vergleichung der beiden untersuchten Exemplare
scheint hiernach zu ergeben, dass das Männchen schlanker
gestaltet ist als das Weibchen, und relativ etwas
kleinere Flossen besitzt, auch etwas dunkler gefärbt sein
mag, übrigens aber beide Geschlechter in der Körperform
und namentlich in der Gestalt der Flossen m it einander
übereinstimmen. Vielleicht gehörte das früher
gesehene Weibchen einem an Jahren älteren Thiere an,
das, Obgleich im Ganzen etwas kürzer, weil weiblichen
Geschlechts, doch relativ grössere Flossen gehabt haben
könnte, indem die Extremitäten jüngerer Thiere relativ
stets kleiner sind, als die älterer. Den sicheren äusseren
Geschlechtscharackter liefern nur die beiden hinteren
Körper Öffnungen, welche beim W eibchen im j ugendlichen
Alter einander sehr nahe stehen, und fast in einer gemein-
schaftlichenBauchspalte eingeschlossen sind, beim Männchen
dagegen schon früh zwei beträchtlicher von einander
entfernte Oeffnungen bilden, von denen die vordere
grössere, lang spaltenförmige die Genitalienmündung ist,
die hintere kürzere der After. In Folge davon liegt der
After beim Männchen weiter nach hinten, als beim Weibchen.
(*H Ä i
(‘) Turner giebt (a. a. 0. pl. VI, Fig. 9) dio Abbildung dar besprochenen
Körpergegend eines männlichen Fötus, die den grosson Abstand des
Penis vom After deutlich macht. Dubar's Boschreibung des bei Ostende
gestrandeten Weibchens zeigt (pl. 15) die Genitalicnparlie dos alten weiblichen
Thieres, wonach der Abstand von After und Scheide grösser ist, als
in meiner Figur des jugendlichen Altere, was als natürliche Folge der
grossen Altorsverscliiedenhcit angesehen werden muss.
PLANCHES
BUENOS AIRES