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Der Pilz tritt gewöhnlich auf den Knoten, seltener mitten auf den Internodien am unteren Teil
lebender großer Bambusarten (Giganiochioa-Axtzn, u. a. G. Apus Kurz» und Bambusa-Axtefi) im
Malayischen Archipel und in Brasilien auf. Von den Philippinen und den Straits ist er merkwürdigerweise
bis jetzt noch nicht bekannt. Im Malayischen Archipel wurde die Art an den folgenden Fundstellen
gesammelt: Hortus bogoriensis, auf Gigantochloa Apus Kurz (leg. Prof. Dr. Franz von Höhnel, 1907;
leg. P. Dakkus, 11-1922); bei Buitenzorg, Java (leg. Raciborski), Tjikeumeuh, leg. Massart (no. 906); auf
dem Merapi + 1000 m, Java (leg. Junghuhn, auf Bambusa arundinacea\ ibid. leg. Raciborski);
Soekaboemi, Preanger, Java, etwa 600 m (leg. Frau M. Walsh).
Die Art ist ein echter Parasit und die befallenen, noch grünen Röhren sind später für Bauzwecke
nicht zu verwenden. Sie kann dadurch in Gegenden, wo sie häufig vorkommt, z. B. in Buitenzorg,
Schaden verursachen, weil die befallenen Arten gerade die ökonomisch wichtigen sind. Am meisten
werden die Knoten angegriffen. Die Epidermis und die darunter liegenden Gewebe verfaulen vollständig,
während zahlreiche, breite Längsrisse entstehen, die nach dem Verschwinden der Fruchtkörper Eintrittspforten
für andere Fäulnisorganismen bilden. Raciborski') hat den Krankheifsprozeß genau studiert-
Das braunwandige Myzel dringt durch junge Adventivwurzeln oder an Wundslellen in den Stamm und
entwickelt sich besonders im spärlichen Parenchym der Leitbilndel, diese ganz mit Hyphen erfüllend
und schwarz färbend, ln den Sklerenchymfasern ist das Myzel weniger entwickelt, löst die verdickte
Wand nicht, doch wird diese von zahlreichen braunen Hyphen senkrecht durchbohrt.
Historische Übersicht:
Die Art wurde zuerst von Junghuhn (s.o.) im Jahre 1839 beschrieben. Die Beschreibung ist für
jene Zeiten sehr ausführlich und genau. Außerdem gibt er eine zwar etwas dürftige Abbildung hinzu.
Junghuhn hat die Art ganz richtig in die Friessche Sektion Encoeiia der Sammelgattung Peziza gestellt.
Junghulins Beschreibung findet man auch noch bei Montagne®) erwähnt.
Auch Saccardo (s. o) führt die Art in der Sektion Encoeiia Fries, jedoch bei der Gattung
Cenangium m. Erst viel später wurde sie von Massari wiedergefunden und seine Exemplare wurden
von Patouillard bestimmt. Patouillard stellt die Art zur Gattung Helotium (s. o.), aber ohne für diese
Umstellung Gründe anzuführen. Erbeschreibt nur die Sporen als „hyalines, elliptiques, 8—10X4—5p-“ .
Diese Größenangaben sind sicher unrichtig, denn zweifellos hat er die Junghuhnsche Art vor sich gehabt.
Massart sammelte sein Material in Buitenzorg auf Bambus. Auf diesem Substrat kommt dort nur eine Art
als Parasit vor. Zweitens ist die Beschreibung von Junghuhn so ausführlich und genau, daß es ausgeschlossen
scheint, daß Palouillard das Material von Massart falsch bestimmt h<älfe Hier isf nur ein
Fehler bei der Orößenberechnung, wie sie oft bei mikroskopischen Maßangaben Vorkommen, unterlaufen.
Es ist daher auch nicht ganz verständlich, wie von Höhnel®) meinen konnte, daß hier eine ganz andere
Art vorläge. Solche Herbarsystematik geht doch zu weit! Daß Patouillard unsere Art zur Gattung
Helotium bringt, ist wohl zu verstehen. Die Encoeiia-Ar\zr\ sind äußerlich wie anatomisch nahe mit
Helotium verwandt, obschon beide Gruppen an weit voneinander liegenden Stellen im System stcbcn.
Wenn von Höhne!®) auch behauptet, daß nirgends mehr falsche Pilze eingcreihtsind als beiden Discomyccten,
so ist dies nicht die Schuld der späteren Autoren, sondern dies wird durch das unglückliche System selbst
verursacht (siehe hierüber weiter unten).
Hennings (s.o.) hat die Art im Jahre 1902 von Brasilien wieder ganz neu beschrieben. Er siellt
sie zur Gaftung Geopyxis (NB.!) und der berühmte Ascomycetenforscher Rehm hat ihm empfohlen, eine
neue Gattung aufzustellen! Hätte man Saccardos Sylloge Vol. XllI aufgeschlagen, so wäre man vielleicht
auch p. 168 auf Cenangium helvolum Jungh. auf Bambusa gestoßen. Die überflüssige Neubeschreibung
Hennings' stimmt gut, nur gibt er die Aszi etwas breiter an (6 —8 p.). Er ist der einzige Autor, der die
Paraphysen richtig beschreibt (mit verdickten Gipfeln). Das Material wurde von Dr. Alfred Möller auf
grünen Bambushalmen gefunden.
1909 wurde dann merkwürdigerweise die Art von zwei Autoren, Raciborski') und von Höhnel®),
aufs neue ganz ausführlich beschrieben. Letzterer hat nur die Fruchtkörper beschrieben und mit wenigen
kleinen Ausnahmen ist seine Beschreibung sehr genau und richtig. Nur sind Stiel und Excipuium im
trockenen Zustande nicht längsrunzelig und ist die Beschreibung der Aszi („oben am breitesten“) und
Paraphysen („meist spitz“) nicht ganz, treffend. Auch die beigegebenen Figuren sind nach trockenen
Exemplaren begreiflicherweise etwas schematisch, v. Höhnel hat auch Geopyxis bambusicola Henn. mit
unserer Art indentifiziert; er hat das Originalmaferial von Hennings gesehen.
ln demselben Jahre veröffentlichte Raciborski eine sehr interessante Abhandlung über unseren
Pilz und legte hierauch die pathologische Recieutiing der Art dar. Er führt sie unter PatouÜIards Namen an
und die Beschreibung der Fruchtkörper ist auch ziemlich ausführlich. Raciborski hat im Schlauch aucli
durch eine Querwand geteilte Sporen gefunden. Auf diese Tatsache kommen wir unten noch zu sprechen.
Systematische Stellung:
Die Art paßt gut in die Sektion Encoeiia, die von Fries (Systema mycol. II, p. 74) aufgestellt
wurde. Diese steht bei Fries zuerst unter Peziza, wurde aber später ganz richtig zu Cenangium gestellt
(Summa veg.Scand., p.36) und neuerdings als selbsländigeGatfung neben Cenangium angeführt (Boudier, Em.,
Hisfoire et Classification des Discomyc^tes d'Europe, 1907, p. 161). Auch ich möchte dieser Einteilung
hier folgen. Die Gattung Encoeiia (Fries) ist eine sehr natürliche Gruppe, die in Europa reichlich vertreten
ist. Sie umfaßt mehr oder weniger echte Rindenparasiten mit großen, Pezizaceen-artigen Apothecien,
deren Fruchtscheibe hellbraun gefärbt und deren Außenwand schuppig oder körnig ist. Der Hypotheciumbau
ist hoch differenziert; die Paraphysen sind fädig und oben keulenförmig angeschwollen. Die Sporen sind
farblos, im Schlauch meistens noch ungeteilt. — Am nächsten ist die Gattung Cenangium Fries verwandt.
Die Arten letztgenannter Gattung, mit der ja Encoeiia früher vereinigt wurde, haben viel kleinere, meist
dunkel gefärbte Apothezien, die durch ihre Kleinheit viel dicker erscheinen und keinen Pezizaccenhabitus
besitzen. Obschon also die Unterschiede beider Gattungen gering sind, bilden beide eine gute natürliche
Gruppe und es ist besser, sie als zwei verschiedene Gattungen anzuführen. Hier möchte ich auch noch
die Gattung Cenangella Saccardo erwähnen, deren Arten von Cenangium durch ihre zweizeiligen Sporen
abweichen sollen. Oben haben wir aber gesehen, daß Raciborski') bei Encoeiia helvola auch schon in
den Schläuchen geteilte Sporen gefunden hat, und daraus ist zu schließen, daß dieses Merkmal als
Gattungsunterschied unbrauchbar ist. Auch in anderer Hinsicht ist Cenangella eine unnatürliche Gattung.
Jetzt noch einiges über die Stellung der Gattungen Encoeiia und Cenangium im System. Bis
jelzt standen beide nebeneinander am Beginn des Systems in der Familie Dermateaceae und dadurch
weit von den Helotiaceae getrennt. Dieser Einteilung der alten Autoren (Fuckel, Rehm u. s. w.) folgt in
der Hauptsache auch Boudier (s.o.) für seine „Inoperculcs“ , aber diese ist unnatürlich und zu verwerfen.
Es ist unmöglich, nach diesem System die Arten in natürliche Gruppen einzuteilen. Ein schönes Beispiel
hiefür ist, daß zwei bekannte Forscher wie Patouillard und Raciborski unsere Encoelia-Arl bei
Helotium untergebracht haben, was wirklich einigermaßen zu verstehen ist. Viele Gruppen werden absolut
falsch gedeutet. So findet man bei Rehm (Ascomyceten, in Rabenhorsts Kryptogamenflora, 1. Bd., III. Abt.,
1896, p. 213) für die Cenangieae angegeben: „Hypothecium meist nicht besonders ausgebildet“ (NB.).
Ein weiterer Kommentar zu einer solchen Einteilung isf überflüssig!
Wenn man die verschiedenen Ascomyzctentypen vergleicht, so sind hauplsächlich zwei Entwicklungsrichtungen
zu konstatieren: erstens die Hymeniumvergrößerung, welches Prinzip man bei den
Pezizales vertreten findet und das seinen Höhepunkt in den Morchellaceae und Helvellaceae erreicht;
zweitens die Ausbildung von Schutzeinrichtungen für das Hymenium. Dieses Streben isl am wenigsten
bei den Helotiales entwickelt und erreicht seinen Höhepunkt bei den Pyrenomycetales, wo geschlossene
Behälter Vorkommen, Zwischen diesen Gruppen gibt cs zahlreiche Übergänge. Auf einer sehr niedrigen
Stufe stehen die Mollisiales, wo das Hypothezium nur als Hymeniumträger fungiert.
Bei den verschiedenen Familien der Helotiales, welcher Begriff sich zum Teil mit den CyathuUs
Boudiers deckt, findet man immer ein differenziertes Hypothezium, das nicht nur als Hymeniumträger
fungiert, sondern auch eine Schutzeinrichtung besonders gegen zu schnelles Austrocknen bildet. Haarbildung
am Rande kommt häufig vor. Das Rindengewebe ist oft parcnchymatisch gebaut und die Zellwände
sind verdickt, wodurch ein schnelles Schließen der Becher beim Austrocknen möglich ist. Außerdem
gibt es zahlreiche spezielle Einrichtungen. Im allgemeinen gehören hieher kleine Pilze, aber daneben
kommen auch sehr große Formen vor.
Nach dem weit entwickelten Bau des Hypotheziums gehören die Demc/eaccce zu den Helotiales.
Das Vermögen, sich beim Eintrocknen zu schließen, ist besonders bei Encoeiia und Cenangium stark
entwickelt. Während z. B. bei Helotium dieser Vorgang allmählich stattfindet, rollen die Encoeiia-Avizn
sich schnell und unregelmäßig nach innen zusammen, wodurch sic bisweilen dreieckig aussehen. Auch
ist ihre Konsistenz mehr lederig als bei den übrigen Familien der Helotiales.
Erklärung der Abbildungen.
1. Apothecien auf lebenden Stämmen von Gigantochloa Apus Kurz, nat. Or.
2. Junge Apothecien, stark vergrößert.
3. Teil eines Querschnitts von einem kleinen Apolhezium, 45/1,
4. Aszi und Paraphysen, 850/1.
5. Sporen, 850/1.
6. Rindengewebe, 850/1.
7. Hauptschichtgewcbe, 850/1,
') R aciborsk i, M., Nalisliic t pasorzylne grzyby jawy. Parasiflsclie und epiphytische Pilze Javas. Bulletin international
de l'Académie des sciences de Cracovie, Classe des Sciences mathématiques et naturelles (oder Anzeiger der
Akademie der Wissenschaften in Krakau). Année 1909, Premier semestre, p 393—394.
=) Montagne, C., Praemissa in Floram cryptogamicam Javae insulae. Fasc, I, auclore F. Junghiihnlo. Batavia
1838, Annales des Sciences naturelles, 2^ Ser. XVi , 1841, p. 311.
®) Hiilinel, Prof. Dr. Franz von, Fragmente zur Mykologie, VI. Mitteilung Nr. 245; gleichzeitig zweite Mitteilung
über die Ergebnisse der mit Unterstützung der kaiser). Akademie 1907 -1908 von ihm ausgefUhrten Forschungsreise
nach Java. Sitzungsberichte der kaiser]. Akademie der Wissenschaften in Wien, Mathem.-naturw. Klasse, Bd CXVIII,
Abt. I, April 1909, p. 377-378 (Sep. p, 103-104).