Hutgewebe parcnchymatisch, dünn, hellbräunlich, mit Inseln farbloser, sehr dünnwandiger Zellen,
die mit den Lamellen korrespondieren. (Beim Zurückrollen des Hutrandes spaltet sich hier das Gewebe.)
Zeilen der Hutbekleidung farblos, länglich, in Reihen geordnet, von schaumiger Plasmastruklur,
mit Schnallen an den etwas eingeschnürten Querwänden, Endzeile etwas zugespitzt, bis 100 |x lang
und 4—8 |x breit.
Immer nur auf faulenden Pflanzenresten (nie auf Mist) auf Java, aber auch weiterhin über die
ganze Welt verbreitet, also eine richtige kosmopolitische Art.
Bis jetzt in den Straits und auf den Philippinen noch nicht gefunden.
Dieser Pilz ist auf Java eine häufige Erscheinung, und im Botanischen Garten in Buitenzorg ist
er wiederholt gefunden worden, so z. B. auf faulenden Gräsern (Ex. mit sehr langen, dünnen Wurzeln),
auf einem faulenden Palmstrunk (große Fruchtkörper mit konisch zugespitzten Wurzeln) und zwischen
frisch faulenden Blättern (Wurzeln mit Knospenbildung). Weiter gilt er bei den Eingeborenen als einer
der besten Speisepilze und wird hoch geschätzt. Er ist unter verschiedenen einheimischen Namen bekannt
und wird oft kultiviert. Überall, wo große Mengen vegetabilischer Abfallprodukte sich anhäufen,
erscheint er in großen Vegetationen und wird von den Eingeborenen fleißig gesammelt. Dies ist z. B. auf
den verarbeiteten Blättern von Andropogon Nardus L. var. ceríferas Hack, subsp. genuinum Hack, der
Fall, welches Gras zur Gewinnung des Citronellöls in großen Mengen angebaut wird. In Soemedang,
Preanger, W.-Java, werden (nach liebenswürdiger Mitteilung von Herrn Pistofius, der auch die photographischen
Abbildungen für Tafel 6 a hergestellt hat) die verarbeiteten Blätter in der Nähe der Fabrik
im Freien angehäuft. Diese Masse (serehampas; sereh = Andropogon Nardus, ampas [Sund.] = Abfall)
erwärmt sich infolge von Gärungsprozessen und nach einigen Monaten zeigt sich eine reiche Pilzvegetalion')
und die Eingeborenen, meistens die Frauen, bitten um Urlaub, um die Pilze auf diesen
Haufen sammeln zu können. Am meisten werden die jungen, noch geschlossenen Fruchtkörper geschätzt.
Die wurzelförmige Verlängerung des Stieles ist bei diesen Exemplaren mächtig entwickelt und sehr
fleischig, so daß die Fruchtkörper fast wie Spargel aussehen (siehe Tafel 6, Fig. 4).
Unter denselben Verhältnissen entwickelt sich der Pilz auf den Haufen von extrahierten Indigo-
blättcrn, von welchen er unter dem einheimischen Namen djamoer tom (djamoer [javanisch] = Pilz,
tom [javanisch] = Indigo) bekannt ist. In früheren Jahren, als die Indigokultiir noch sehr intensiv war
und von den Eingeborenen betrieben wurde, war diese Piizkuliur recht wichtig. De Bie®) teilt mit, daß
der Abfall bei der Indigobereitung in den Kampongs (Eingeborenenniederlassungen) eigens für die Entwicklung
des Pilzes angehäuft wurde, ln »de Landbouwer« von 1890") werden noch Einzelheiten über
die Kulturmethode mitgeteilt. Im Schatten eines Baumes wird ein Raum mit Pisangstämmen und Bambus
abgesteckt und fast bis zum Rande mit dem Abfall gefüllt. Diese Masse wird täglich mit Wasser begossen
und bald entwickeln sich die Pilzfruchtkörper auf den noch kaum veränderten extrahierten Blättern. Diese
Mitteilungen sind auch bei Heyne") zu finden. Heute ist aber die Indigokulfur sehr eingeschränkt, an
manchen Orten oft vollständig verschwunden und damit auch diese Pilzkultur. Aber dort, wo noch
Abfallhaufen entstehen, z. B. bei der Indigofabrik Koetosari (Wéléri, Kreis Kendal, Residenz Semarang,
Java), erscheint der Pilz immer in großer Menge und wird von der Bevölkerung fleißig gesammelt.
Auf ähnliche Weise wird der Pilz auf Fruchtschalen vom Kapok kultiviert und ist dann bei den
Eingeborenen unter den Namen »djamoer kapok« (djamoer [javanisch] = Pilz; kapok (javanisch = Kapokbaum)
oder »soepa randoe« (soepa [sundanesisch] = Pilz; randoe [sundanesisch] = Kapokbaum) bekannt
(Heyne, 1. c. p. 13). Auch in Europa wird die Art bisweilen als eßbar angegeben.
Historische Übersicht:
Unsere Art wurde zuerst als Agaricus macrorhizus von Persoon (s.o.) beschrieben, in welcher
Beschreibung das Hauptgewicht auf die Wurzcibildung gelegt wurde. Im Jahre 1821 reihte sie Fries (s.o.)
als Unterart bei Coprinus cinereus (B u ll.) Fries ein, während derselbe Autor sie im Jahre 1836 (s. o.)
bloß als eine Varietät seines Coprinus fimeiarius (L.) betraohfete. Diese Varietät soll sich in der Hauptsache
nur durch die wurzelförmige Verlängerung des Stieles von der letztgenannten Art unterscheiden und
bis heute wird sie in den weitaus meisten Abhandlungen so angeführt. Wichtige Merkmale sind: die flockige
Hutbekleidung, das Zurückrollen des Hutrandes, das rasche Zerfließen des Hutes und die wurzelförmige
Stielverlängerung, auf welch letzteres Merkmal der Name deutlich hinweist. Die Sporen werden als schwarz,
ziemlich gedrungen und an der Basis zugespitzt angegeben. Die Maße, die die einzelnen Autoren angeben,
sind recht verschieden. Die Sporen scheinen in der Größe wirklich stark zu variieren, aber so, daß das
Verhältnis zwischen Länge und Breite konstant ist (etwa Va). " id in dieser Hinsicht stimmen die Angaben
mit wenigen Ausnahmen gut überein. Winter®) gibt an 15—18X9 —12|j. (®A —"Ä), hat also sehr große
Sporen vor sich gehabt; Rea (s.o) 11 —1 5X 8—9p. ('Vg— Vs); Saccardo (Syll. Fung. V, 1887, p, 1087)
14X9¡x CVii)! Massee") 12 — 14X7—8p. ('®/,—’/<)• Hennings und Nyman (s.o.) geben an
10—12 X 7—8 P-UVt—V4); sie haben Material von demselben Fundort wie ich gehabt, ich fand 7—12 X 4—8 p.
(Vi—Vs)' Nur die Maße von Ricken’) stimmen weniger gut (12—14X 6—8|x, also®/, — Vj)- Neuerdings
ist dann die Art Jimetarins Fries durch Rea (s. 0.) in zwei Arten aufgelöst worden; Coprinus macrorhizus
(Pers.) Rea und C. cinereus (Schaeff) Cooke, die eigentlich nur durch das Vorkommen oder Fehlen
einer Wurzel verschieden sind. Die Sporeniinterschiede, die Rea angibt, sind künstlich und unrichtig und
es fragt sich, ob es sich hier wirklich um Artmerkmale handelt. Zwar gibt Rea an, daß Coprinus macrorhizus
fast ausschließlich auf faulenden vegetabilischen Resten wächst, aber dies konnte gerade zu einer
Wurzelbildung Veranlassung geben, während auf festem Nährboden sie vollständig fehlen könnte; letzteres
kann ich sogar bestätigen. Es ist daher sehr fraglich, ob diese Aufteilung von C. fimeiarius Berechtigung
hat. Weil aber Fiies von Anfang an die Varietät zu der Art gezogen hat und man also, nicht sagen kann,
welche Merkmale sich nur auf die Art und welche sich nur auf die Varietät beziehen, schien es mir am
besten, der Nomenklatur von Rea zu folgen. Eine schöne photographische Abbildung findet man bei
Kauffman®), wo es sich zweifellos um Coprinus macrorhizus handelt. Weitere Abbildungen sind außerdem
zu finden bei Massee®), Micheli"), Cooke'®), Bernard"), GiíléU®) und in der Abhandlung
von Weir'V- Weir hat die Art ausführlich beschrieben und auf Mist gezüchtet Die Wiirzelbildung war
sehr kräftig und die Wurzeln waren mehr strangartig und dunkelfarbig. Solche Wtirzelbildungcn habe
ich nie gefunden,
Junghuhn") erwähnt Agaricus cinereus Bu ll, von Java nur kurz, ohne Beschreibung und Substratangabe.
Es läßt sich also nicht entscheiden, was er eigentlich vor sich gehabt hat.
Um 1898 wurden Exemplare unserer Art, die von den Eingeborenen auf Indigoblältern in der
Nähe von Klalen (Java) kultiviert worden waren, dem Direktor des Kolonial-Mnseums in Haarlem (Holland),
Herrn Dr. F. W. van Eeden, zugeschickt. Diese Exemplare, im Alkohol konserviert, wurden Herrn
Prof. C. A. J. A. Oudemans in Amsterdam zur Bearbeitung übergeben. Die daraus resultierende Bestimmung
von Oudemans, der diese Art als Verpa indigocola beschrieben hat (s. o.),' ist wohl eine der schlimmsten
Mystifikationen, die sich in der Mykologie finden, und es ist wahrlich unverständlich, wie Oudemans
sich über diese Frage auf mehreren Seiten ausbreifen konnlel Ein Exemplar, das nach Kcw geschickt
wurde (auf Anfrage), wurde sofort als Coprinus erkannt. Mir selbst wurde ein Exemplar des Originalmaterials
von 's Rijks Herbarium in Leiden zugeschickt. Dieses Exemplar ist hier auch abgebildct
(Tafel VI, Fig. 5).
Nyman hat die Art im Buitenzorger botanischen Garten auf faulenden Blättern gefunden und
Hennings (s. o.) hat dieses Material als Coprinus phalloideus beschrieben. Die Beschreibung stimmt gut,
nur ist die Volva nichts anderes als der erhabene Rand an der Stielbasis, während der ringförmige Schcilel-
wulst nur von der Wirkung des Alkohols verursacht wird. Seine Sporenangaben stimmen gut.
Bei Heyne") wurde die Art bereits zur Gattung Coprinus gestellt, doch noch unter dem Artnamen
indigocola, da mir damals noch kein Vergleichsmaterial zur Verfügung stand.
Systematische Stellung:
Die Gattung Coprinus nimmt unter den Agaricales eine ganz besondere Stellung ein und weicht
in ihren Merkmalen so wesentlich von anderen Gruppen ab, daß die Aufstellung einer besonderen Familie,
die der Coprinaceae, berechtigt erscheint. Zu dieser Familie gehören Gattungen mit folgenden Merkmalen;
Fruchikörper schnell aufschirmend, mit mehr oder weniger deutlichem Velum universale; Hufsubstanz dünn;
mehr oder weniger. schnell verlaufende Autodigcslie; während des Aufschirmens rasche Stielslreckung;
Lamellen dünn, meistens schließlich frei; Trama homomorph, zellig. Paraphysen im Hymenium; Sporen-
enlwicklung auf der Lamelienfiäche von unten nach oben (inaequi-hymenialer Typus). Direkte Übergänge
zu anderen Familien gibt es nicht. Am nächsten sind Arten der Gattung Galera verwandt, die auch eine
Autodigeslie zeigen und ähnlich gebaut sind. Leucocoprinus hat zwar eine Autodigestie, ist aber anatomisch
ganz verschieden. Zu den Coprinaceae gehören dann unter anderem die Gattungen Coprinus und
Bolbitius. Die Einteilung der Gattung Coprinus. in den systematischen Abhandlungen ist nur künstlich,
irreführend und wertlos, Builer'®) hat schon im Jahre 1910 in seiner prachtvollen Arbeit über Coprinus
atramentarius deutlich auf zwei gut trennbare Typen, Azn Atramentarius-lyyras und den Coma/as-Typus,
hingewiesen, aber die Systematiker, die noch immer die alten Handbücher des vorigen Jahrhunderts nachschreiben,
haben diese neue und natürliche Einteilung nicht benützt. Unsere Art gehört zum Atra-
mentarius-Jy'pMS, für welche natürliche Gruppe ich die Sektion Atramentarieae vorschlage. Merkmal dieser
Sektion ist das Stützbalkensystem im interlamellären Raum (Tafel VI, Fig. 6). Schon Buller'®) hat für den
heterogenen Begriff »Cystiden« eine Einteilung vorgeschlagen: Pleurocysüdia (auf der Lamellenfläche) und
Cheilocystidia (am Lamellenrand). Ich glaube nicht, daß diese Einteilung viel Wert hat. Für eine richtige
Einteilung der cystidenartigen Bildungen hat man zuerst die alte Auffassung Brefeids aufzugeben, der
sämtliche Cystiden nur als sterile Basidien betrachtet. Bei den Cystiden handelt cs sich um zwei sehr verschiedene
Bildungen: die Hymenialcystiden (Cystidia hymenialia) (sie sind sterile Basidien, kommen
meistens nur am Lamellenrande oder in dessen Nähe vor; sie haben bisweilen exkretorische Funktion,
meistens aber sind es nur sterile, etwas aufgeblasene Zellen; sie kommen auch bei zahlreichen Gattungen
auf der Huf- und Slieloberfläche vor) und die Tramealcystiden (Cystidia tramealia) (dies sind direkte
Bildungen des Tramagewebes, welchem Gewebe sie auch unmittelbar entspringen; sie haben meistens eine
deutlich ausgeprägte exkretorische Funktion und kommen nie auf der Hut- oder Stieloberfläche vor). Zu