Daß die Krankheit so lange übersehen wurde (z. B. in Niederländisch-Indien) oder gar nicht
erwähnt wird (z. B. in den Straits, ja sogar in den Handbüchern fehlt, z. B. bei Cook)'®), dürfte damit
Zusammenhängen, daß dieselbe nie so stark schädigend auftritt, daß dadurch die Kultur nicht mehr
lohnend oder unmöglich wird. Es ist dies ein glücklicher Umstand, weil die Cassava nach Reis und
Mais in den Tropen die wichtigste Stärkepflanze ist und die Wurzeln die als Volksnahrung höchst
geschätzten Erdfrüchte liefern.
Von der Cassava, welche aus Südamerika stammt, sind zahlreiche Varietäten bekannt geworden
und viele dieser wurden auch in Niederländisch-Indien eingeführt. Die Kultur ist hier erst etwas über
ein halbes Jahrhundert alt. Von der Anfälligkeit der verschiedenen Varietäten gegenüber der Krankheit
ist aber nichts bekannt. Doch ist es klar, daß die Krankheit nicht ohne Bedeutung ist, weil die Cassave
eine Stärkepflanze und die Belaubung für die Ernte maßgebend ist. Ich möchte hier noch folgende
flüchtige Beobachtungen erwähnen, deren Überprüfung aber den Phytopathologen und der Praxis überlassen
sei. Wenn die Blätter nur von der Cercospora befallen werden, ist die Beschädigung nicht so
bedeutend. Zwar entstehen zahlreiche kleine Blaltflecken, aber zu einem frühzeitigen Blattabfall kommt es
wohl nicht. Anders werden die Verhältnisse, wenn der Pilz zusammen mit der gefürchteten Cassavemilbe
{Tetranychus telarías Linn.) auftritt.
Wenn der Pilz sich an den durch die Milben beschädigten, gelblichen Stellen ansiedelt, entstehen
große Flecken, die über die ganze Blattbreite greifen, wodurch die Blätter bald vollständig absterben.
Der Pilz ist also am gefährlichsten für geschwächte Blätter. Die braunen Pilzflecken sind in diesem
Fall von einer nicht scharf begrenzten, gelblichen Zone umgeben.
Weil die Cassave in zahlreichen Varietäten gezüchtet wird, wäre beim Auswählen auf die Anfälligkeit
für die Blattfleckenkrankheit zu achten.
Schließlich sei hier noch erwähnt, daß auch Rorer®) über das schädliche Auftreten der Krankheit
Mitteilung macht. Er unterscheidet zwei Typen, eine „white leaf spot“-Krankheit, bei der die
Flecken nur Vü—Vs inch i.D. haben und die weniger schädlich ist, und eine „brown leaf spot“-Krank-
heit, deren Flecken 'A—Vz inch i. D. haben und einen frühzeitigen Blattabfall verursachen. Vielleicht handelt
es sich auch hier um obenstehende Beobachtung. Bespritzung mit einer Fungizide hatte zwar Erfolg,
aber wird im allgemeinen wohl zu teuer kommen. Um eine verheerende Krankheit handelt es sich nie
was wohl auch damit zusammenhängt, daß die Cassave oft als Zwischenkultur gepflanzt wird und die
Pflanzen in großen Abständen voneinander stehen, wodurch eine gute Durchlüftung gesichert ist.
Historische Übersicht:
Unsere Art wurde zuerst im Jahre 1895 von Eltis und Everhart (s.o.) von Florida beschrieben.
Diese Beschreibung stimmt vorzüglich; nur wird als Substrat Cassava angegeben und scheinen die Autoren
nicht gewußt zu haben, daß dies ein einheimischer Name für Manihot utilissima Pohl ist. Andere Autoren
haben dies übernommen und so findet man bei Saccardo (Sylloge Fungorum, Vol. XIII, 1898, p. 269) das
Worl Cassava in der lateinischen Substratliste angeführt!
1907 beschrieb Hennings (s.o.) die Art wieder als neu, diesmal vom tropischen Afrika. Der
einzige Unterschied besteht darin, daß er die Konidien statt als farblos als etwas bräunlich angibt, was
mit dem Alfer der Konidien zusammenhängt.
Merkwürdigerweise wurde dann ein Jahr später die Art von Aliescher (s. o) wieder neu beschrieben.
Das Material stammte auch wieder aus dem tropischen Afrika. Der einzige Unterschied gegenüber der
Henningsschen Beschreibung bestünde in der helleren Flcckenfarbe („pallidis vel pallide ochraceis“). Im übrigen
stimmen die Diagnosen, einige kleine Ungenauheiten ausgenommen, vollständig überein.
Diese drei Arten sind bis heute in der Literatur nebeneinander bestehen geblieben, ohne daß sich
jemand die Mühe genommen hätte, eventuelle Unterschiede anzugeben. Entweder wird der Artname
Henningsii angegeben'-®'®-®’®) oder die Art wird als Manihotis angeführt’-'®) oder diese beiden Namen
werden nebeneinander gebraucht®-'<). Man hätte mit den Namen Cassavae etwas mehr abwechseln
können, scheint diesen aber vergessen zu haben. Nur Rorer") gibt alle drei an, Am meisten scheint der
Namen Henningsii beliebt, aber Manihotis kommt auch genügend oft vor. Wie schon oben gesagt, wird
nirgends angegeben, warum man den einen oder den anderen Namen gebraucht. Tatsächlich existieren
•denn auch keine wirklichen Unterschiede.
Von Cassavablältern ist weiter noch eine Cercosporella Pseudoidium Speg.'®) beschrieben, die,
nach der Beschreibung zu urteilen, von unserer Art gut verschieden ist.
Systematische Stellung:
Unsere Art gehört zur Formgattung Cercospora Fresenius '•*), mit dereni Typus C. Chenopodii
Fres, sie gut übereinslimmt. Es handelt sich hier um echte Parasiten, die auf Stengeln und Blättern Flecken
verursachen und dadurch diese Pflanzenteile oft zum Abslerben bringen. Die Flecken sind verschieden
gefärbt, was wohl mit dem Substrat zusammenhängt, und sind unscharf oder scharf begrenzt. Die Konidienform
isf maßgebend: die Konidien sind immer mehr oder weniger deutlich verkehrt keulenförmig und
oft scliwanzartig , ausgezogen und gekrümmt. Sie werden endständig gebildet, aber off wächst der Träger
wieder seitlich weiter, wodurch deren Aussehen etwas knorrig wird. Die Träger stehen in Büscheln und
brechen durch die Spaltöffnungen oder durch die Epidermis der Oberseite hindurch, Myzel, Träger und
Konidien sind farblos, hell olivengrün oder bräunlich, dabei sind die Konidien oft farblos oder kaum
gefärbt, während Myzel und Träger noch deutlich gefärbt sind. Als Nebenfruchtformen gehören sie zu
Mycosphaerella oder nah verwandten Gattungen.
Obschon diese Formgatfung sehr artenreich ist, ist das Bild so einheitlich, daß Aufspaltungen zu
verwerfen sind. Eine Einteilung nach dem Durchbrechen der Trägcrbüschel, wie Höhncl dies vorgeschlagen
hat, hat keinen Sinn und ganz richtig bemerkt Lin dau’®) denn auch: „Ich glaube aber, daß das Hervorwachsen
mehr in der Natur der Nährpfianze als der betreffenden Cercospora-Art begründet ist.“
Die Formgattung Cercosporella Saccardo (Michelia 11,20—1880) ist besser zu streichen, weil sie
sich nur durch das Fehlen von Pigment unterscheidet und alle Übergänge Vorkommen.
Bei der Einteilung der Imperfekten ist es natürlich ausgeschlossen, ein natürliches System aufzu-
sfellen, weil man es hier nur mit unvollständigen Enfwicklungsformen zu tun hat. Im Gegensatz zu den
sexuellen Formen (Phycomyceten, Ascomyceten, Basidiomycetcn) empfiehlt es sich hier, statt von Gattungen
bloß von Formgatfungen zu sprechen, wie es auch schon von Höhncl vorgeschlagcn hat.
Nach unseren heutigen Kenntnissen ist es am besten, die Formgatfungen oder Familien so viel als
möglich in Übereinstimmung mit den zugehörigen höheren Fruchtformen abzugrenzen, wodurch ja doch
noch natürliche Gruppen entstehen. Nur die Anordnung der Familien bleibt dann rein künstlich.
Das fast ausschließlich bis heute angewandte System der Imperfekten (von Saccardo u. a) stammt
aus einer Zeit, in der man über den Wert dieser Formen noch im unklaren war. Die Grundprinzipien
dieser Einteilung sind so willkürlich und künstlich, daß jelzt jedermann das vollständige Versagen derselben
fühlen muß. Sie stehen im Gegensatz zu unseren heutigen Kenntnissen über diese Formen und es wird
immer schwieriger, neue Formen richtig unterzubringen. Konidienformen nah verwandter, höherer Formen,
die oft schwierig zu trennen sind, stehen bei dieser Einteilung oft in sehr verschiedenen Gruppen weif
voneinander. Ich nenne hier z. B. die Formgattungen Cercospora und Cercosporella, Ramularia und
Ovalarla, Diplocladium und Dactylium usw. Dies wird nur dadurch verursacht, daß die Einteilungsprinzipien
(Bildung von Querwänden, Trägerausbildung, Farbsloffbildung) unrichtig und die herangezogenen
Merkmale gerade sehr variabel sind. An Versuchen, diesen Übelstand aufzuheben, hat es nicht gefehlt
und es wird gut sein, so bald als möglich mit der veralteten Einteilung zu brechen.
Das neue System Hölinels") zeigt schon eine weitgehende Verbesserung insofern, als er die
Tuberculariaceen an die Melanconiacecn anschließcn läßt. Die Formgattung Fusarium gehört aber unbedingt
zu den Hyphales, ebenso seine Synnematomycetcn (die früheren Stilbellaceen), welche aufzuspalten und bei
den verschiedenen Gruppen der Hyphales einzureihen sind.
Ein ganz neues System für die Hyphales hat Vuillemin'-®) gegeben. Die Grundlage ist hier die
Art der Bildung des Fortpflanzungsorgans, nicht Trägcrgestalf, Farbe und andere sekundäre und
variable Merkmale. Er unterscheidet vier Haupfgruppen (Microsiphoneae, Thallosporeac, Hemisporeac und
Conidiosporeae). Nur die Conidiosporeae bilden echte Konidien (= Fortpflanzungsorgane, die von ihrer
Entstehung ab von den vegetativen Teilen scharf getrennt sind und nicht sofort weiterwachsen). Die Einteilung
der Conidiosporeae folgt nach dem Vorkommen von Sporophoren, Phialiden (den früheren sogenannten
Sterigmen) und Prophialiden, Unsere Gattung Cercospora gehört dann zu den Sporophoreae, bei denen
Sporophore deutlich entwickelt sind, aber Phialide fehlen. Bis hieher ist die Einteilung nur künstlich.
Bei der Bildung der Familien ist es aber zu empfehlen, die Formgatfungen so viel als möglich
in Übereinstimmung mildem natürlichen System zu ordnen. Die Formgaltungen Cercospora fxzszr\. (1863),
Ovillarla Sacc. (1880), Piricularia Sacc. (1880), Didymaria Corda (1854), Bostrychonema Cesati (1859)
und Ramularia Ungcr (1833) sind darum am besten in der Familie der Cercosporaceae zu vereinigen.
Sie haben folgende Merkmale gemein: Echte Blatt- und Stengelparasiten; fleckenbiidend; Nebenfruchtformen
von Mycosphaerella oder verwandten Gattungen; deutlich entwickelte Sporophore mit endständigen Konidien,
aber Sporophore oft seitlich weiterwachsend; Konidien farblos oder schwach gefärbt. Auf diese Weise
bildet die Familie der Cercosporaceae eine gute, natürliche Gruppe. Klebahn'®) hat sogar versucht, die
Gattung Mycosphaerella nach diesen Nebenfruchtformen unterzuteilen (z. B. in Ramulari- und Cercosphae-
rella), was aber bei den geringen Unterschieden, welche zwischen diesen Nebenfruchtformen existieren,
wohl nicht zu empfehlen ist.
Erklärung der Abbildungen, Tafel X
1. Blätter von Manihot utilissima Pohl mit Biatlflecken, Ober- und Unterseite, nat. Gr.
2. Teil eines Blattfleckens, stark vergr.
3. Querschnitt eines Blattfieckens mit Konidienträgerbüscheln, 640/1.
4. Konidien, 640/1.
5. Parenchympfropfen unter einer Spaltöffnung, auf welchem die Träger stehen, von oben gesehen, 640/1.
') Reink ing, Otto A., Notes on Diseases of Economic plants in Indo-China and Siam. The Phiilpptne Agriculturist
Vol. IX, no. 6-7, 1921, p. 182.