
in einen entgegengesetzten übertreten und erkranken: wenn edle Pferde die erforderliche Pflege
entbehren, und die Behandhing gemeiner flauen in dumpfen und finstern Ställen erdulden,
und unterliegen, während sich die letzten Wohlbefinden. Kann man daher diesen Thiercn
die Bedingungen ihrer«anderweitigen Vollkommenheit nicht gewähren, und auf Dienste nicht
Verzicht thun, zu welchen ihnen die nöthigen Eigenschaften felilen, so schütze man sie vor
Gefahren, denen sie nicht entzogen werden können, indem man nur den Umständen gleichgestimmte
Naturen verbinde und erzeuge.
Als erblich sind alle Fehler anzusehen, die aus einer Verstimmung der Organe entstehen,
deren polarisches Verhältnis weder die Natur aus eigener Kraft, noch mittelbar die Kunst,
wieder herzustellen vermag; diese Fehler mögen nun dem Vater oder der Mutter angehören.
Aristoteles sagt: „Die Kinder gleichen ihren Eltern in den zufälligsten Eigenschaften, diese
erben öfters die Narben, wovon jene allein die Wunden empfangen haben. Am meisten aber
pflanzen sich die Fehler und Verstümmlungen der Mütter fort. Digby *) hat Beyspiele von
Katzen, und Highmore **) von Hunden angeführt, die auch bey Pferden vorkommen. Eine
merkwürdige Erscheinung von dem EinOufs der Muttermilch auf die Kinder erzählt Hacquet
***), der zu Sireth die Kinder eines Bojaren sah, die schwarz waren, und diese
Farbe einzi» von ihrer Säugamme, einer Zigeunerin, erhielten. Diese Kinder waren vollkommen
weifs geboren, wurden während dem Säugen schwarz, bis sie sich zum zwanzigsten Jahr
wieder bleichten, und ihren Eltern ähnlich wurden. Die meisten Eigenschaften der Mütter,
besonders wenn es Mängel sind, gehen auf beide Geschlechter ihrer Nachkommen über. Und
wiewohl es uns hier nicht zukömmt, zu unsern Behauptungen, die sich auf eigene Erfahrungen
stützen, eigne Beobachtungen als Zeugnisse anzuführen, dessen wir uns überall enthalten
haben; so wollen wir doch den Fall erwähnen, wo eine englische Rappstute ohne
Abzeichen, in einer Reihe von Jahren, von verschiedenen Hengsten, Fullen beiderley Geschlechts
warf, die alle an der linken Seite ein Glasauge (vveifse Iris) hatten, obschon der
Stute selbst dieses fehlte. Es giebt aber auch eigene Fehler, die, wenn sie vom Vater herrühren,
den Söhnen, und wenn sie der Mutter eigen sind, den Töchtern anerben. Das Koppen
oder Aufsetzen, das aus einer fehlerhaften Verdauung entsteht, indem sich aus dem genossenen
Futter eine widernatürliche Menge Luft entwickelt, die diese Pferde, durch Aufsetzen der
Zähne auf äufsere Gegenstände, von sich geben, hält Wolstein für ein Uebel, das den
männlichen anhängt, wenn es vom Vater — den weiblichen, wenn es von der Mutter her-
Alle Fehler der Bildung, wenn sie nicht von zufälligen Ursachen entstanden, und zuweilen
auch diese, sind erblich. Was Hippokrates t) von den Makrocephalis erzählt, die, um
•) Oo ihe natur of botlies ctc. pag. 214. «») History of generalion.
•••) Physikalisch-politische Reisen durch ilie Dacischen und Sarmatischen Karpathen.
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sich von dem gemeinen Pöbel zu unterscheiden, einen zugespitzten Kopf zum Zcichen ihres
Adels erwählten; und um diese Form durch Kunst zuwege zu bringen, den Kindern, so bald
sie auf die Welt kamen, den Kopf so stark und lange mit Bändern umwickelten, bis er diese
Form angenommen hatte: ein Kunstgriff, der so viel vermochte, dafs er endlich zur Natur
ward, so dafs mit der Zeit alle ndlichen Kinder mit spitzigem Kopf geboren wurden. Weil
man aber nachher die Natur wieder frey liefs, und nicht länger durch Kunst zwang; so kehrte
auch sie nach und nach wieder zu ihrer ersten Form zurück. Eben diefs gilt auch von den
Pferden und ihren Eigenschaften. Es pflanzen sich nicht nur die Eindrücke des Nasenriemens,
und die auf sumpfigen Weiden entstandenen Vollhufe (auf trocknem Boden) fort, auch der
ganze Bau des Körpers wird durch den äufsern Zwang des Gebrauchs, wie die Köpfe der
Macrocephalen, gebildet, und kehrt freygelassen eben so wie diese zu seiner ursprünglichen
Gestalt zurück.
Erscheinen aber glcich viele Erbfehler anfänglich nicht als Krankheiten, so sind die
meisten doch als Anlagen hierzu anzusehen, die bey den ersten Gelegenheiten in solche ausarten.
Einige dieser Fehler entwickeln sich früher, andere später; je länger sich aber solche in einer
Familie fortgepflanzt haben, desto früher erscheinen sie in den Nachkommen. So werden z.B.
von blindgewordenen Stuten zuletzt blind geborne Füllen erlangt. Der Spat entwickelt sich
gemeiniglich vom dritten bis ins siebente Jahr. Die Ringbeine, oder Schaale, aus welchen
durch das Zusammenwachsen der Knochen (anehylosis) der Stelzfufs sich bildet, entstehen
meist noch früher, ja sie linden sich schon an Saugfüllen.
Da der Spat eins der allgemeinsten Uebel ist, welches sich an Pferden von allen Ratjen
findet, und dafs öfters aus einer erblichen Anlage, als aus Anstrengung herrührt; dessen
Daseyn aber aus Mangel anatomischer Kenntnifs des Sprunggelenks *) öfters verkannt wird,
so geben wir hier Tab. D. eine Abbildung dieses wichtigen Theils der Pferdckenntnifs in
natürlicher Gröfse. Fig. I. sind die Umrisse eines reinen Sprunggelenks, wie solche am
rechten Hinterfufs, einen Schritt seitwärts des Pferdekopfs erscheinen. Fig. 2. sind die Bänder
und Gefäfse, die diesen Theil umgeben. Fig. 3. sind die gesunden Knochcnstücke, aus
welchen das Sprunggelenk zusammengesetzt ist. Die Verbindung der Knochen von a — b — c
bildet keineswegs eine so gerade Linie, wie solche äufserlich Fig. 1. von a c erscheint:
wer daher die Bildung und Verbindung dieser Knochcnstücke nicht genau kennt, kann nicht
allein die Gegenwart des Spats nicht beurlheilen, sondern auch irrig die natürlichen Erhöhungen
a b c, die sich deutlich durch das Gefühl wahrnehmen lassen, für unnatürlich und
krank hallen. Tab. 4 ist eine Abbildung der kranken Knochen (Spat). Die Gestalt derselben
•) M. «. Tab. C. z. Wir verweisen bey den in der Folge vorkommenden Benennungen der Theilc, durch bcygesclztc
ist nach den verschiedenen Graden des Uebels unendlich mannichfaltig; hier sind nicht nur
die beiden schilfförmigen Beine (tarsus) mit dem sogenannten Schienbein (metatarsus) gänzlich
verwachsen, auch die Keule (tibia) und das Sprungbein ([astragalus) ist ausgeartet. Der Spat
kann aber auch in den Gelenkflächen dieser Knochen wirklich vorhanden seyn, ohne dafs
solcher äufserlich wahrzunehmen ist; dann ist das Daseyn desselben allein aus dem Gange des
Pferdes zu beurtheilen.
Eine andere specifische Krankheit, die nur den Pferden und denselben zunächst verwandten
Geschlechtern, den Eseln und Maulthieren, eigen ist, ist der Rotz. Dieses gefährliche und
unheilbare Uebel wird allgemein für ansteckend gehalten, wenn die Materie, die dem kranken
Pferde aus der Nase fliefst, unmittelbar mit dein Blute eines gesunden in Berührung kömmt.
Die gemeinen - und die Bastart-Ra^en haben zu dieser Krankheit die meiste Anlage, und sind
auch für die Ansteckung am empfänglichsten. Dieses Uebel scheint sich öfter in dem Körper
dieser Thiere zu erzeugen, als durch Ansteckung zu verbreiten. Die Constitution des Körpers,
üble Witterung und unnatürliches Verhalten, werden als die Ursachen dieser Krankheit
Alle Theile des Körpers sind, nach ihrer verschiedenen Organisation und Verrichtung,
verschiedenen Gebrechen unterworfen, die von geringerer oder gröfserer Wichtigkeit sind,
nachdem sie sich an Theilen linden, von welchen minder oder mehr ihr Gebrauch abhängt.
Am meisten finden sich Fehler an den Augen und Füfsen der Pferde.
Jede Race der Pferde, jeder Himmelsstrich, jede Jahreszeit und jedes Alter, hat eigne
Anlagen zu Krankheiten. Aus Maugel an Freyheit der Leitung des Instinkts beraubt, soll im
häuslichen Zustande der Thiere der Arzt diesen ersetzen; einige künstliche Operationen abgerechnet,
kann dieser nicht viel mehr als jener thun: Um aber auch nur dieses leisten zu
können,-erfordert es grofser Einsicht und Kenntnisse; denn der weifs viel, der die Klagen der
Thiere und ihre Forderungen zu deuten versteht.
Gedenken wir hier noch das Verhältnifs des Pferdes zu den ihm verwandten Geschlechtern,
dem Czigithai, Onager und Zebra, so ist es höchst wahrscheinlich, dafs das Pferd sich
mit diesen, wie mit dem gemeinen Esel, fortzupflanzen vermag. Das Mifslingen der bisherigen
Versuche, das Pferd mit dem Zebra zu paaren, darf uns nicht befremden, da dieser in
Europa übeihaupt nicht zeugungsfähig befunden worden. Bey der wirklichen Verwandschaft
dieser Thiere aber, die ihre Fruchtbarkeit beweist, hat sie die Natur dennoch durch bestimmte
Gesetze für immer geschieden; da die aus ihrer Vermischung entspringenden Bastarte, weder
unter sich, noch mit den ihnen verwandten Geschlechtern in einem polarischen Verhältnifs
der Zeugungskräfte stehen, und daher unfruchtbar sind.
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