
16
Die Veredlung der Pferde (d. h. das Verfahren, wodurch jene Eigenschaften erlangt
und ausgebildet werden, die diesen Tliicren zu ihrer Vollkommenheit in einem gewissen
Grade mangeln; von edlen Pferden gleiche zu ziehen, kann nicht Veredlung genannt werden,)
besteht einzig in der Kunst zu paaren. (Wissenschaft kann ein auf Erfahrung gegründetes Verfahren
nicht heißen j weil man zur vollständigen Erklärung gewisser Erscheinungen keine Gründe
a priori anführen kann. Eben so werden die chemischen Erscheinungen auch nur aus Gesetzen
erklärt werden, die blofs die zufällige Erfahrung lehrt, wodurch auch die Chemie nur
eine systematische Kunst, oder Experimentallehre, niemals aber eine Wissenschaft werden
kann- wiewohl diese Kenntnisse, die zuletzt auf Naturwissenschaft 1 cl en, einer wissenschaftlichen
Bearbeitung fähig sind.) Diese Kunst zu paaren gründet sich vorzüglich auf die
Kenntnis des Baues dieser Thicre und der davon abhängenden Eigenschaften, und auf die
Fälligkeit, das Gleiche aufzufinden und zu vereinigen. Die Eigenschaften der Pferde aber,
die man fortzupflanzen wünscht, lassen sich nur in Rücksicht auf ihre Aeltern und Grosältern
bestimmen, und daraus ihre Tauglichkeit zur Zucht erkennen. Alle Pferde, an welchen
sich daher irgend eine Abnahme dieser oder jener vorzüglichen Eigenschaften wahrnehmen
läfst, müssen, statt durch andere Pferde verbessert, sogleich von der Zucht ausgeschlossen
werden. Wer die verschiedenen Eigenschaften der Pferde richtig erkennt, und solche zu einem
bestimmten Zweck zu vereinigen und durch Pflege und Wartung noch zu begünstigen
;ine Vollkommenheit erreichen, die auf keinem andern zu
ner hinlänglichen Auswahl der Pferde, einem Meister in
üglich seyn, jede beliebige Gestalt und Eigenschaft vorversteht,
wird auf diesem Weg
erlangen ist. Ja es wild, bei
dieser Kunst zu paaren nicht in
züglicb auszubilden.
Die Erfahrung, dafs in den Landgestüten durch gute Beschäler, auch von gemeinen Stuten
bessere Füllen erzeugt werden, widerlegt obige Behauptung nicht; denn aufserdem,
dafs das Zurückschlagen auf den Vater oder auf die Mutter niemals ist geläugnet worden,
so ist mit dem Bestreben des Landmanns, von einem guten Hengst ein besseres Füllen zu erhalten,
gu"g,
gemeiniglich mehr Sorgfalt beim Ankauf der Stute und auf die Pflege desselben verbunden
, und so wie edle Pferde durch Vernachlässigung in ihrer Ausbildung zurück bleiben,
so geht diese auch bei gemeinen, bei sorgfaltiger Pflege, desto vollkommner von Statten. Niemals
aber werden zufällige Vorzüge diesen Bastarten constant eigen werden; eine Ueberzeus
allen ncuerrichtcten Handgestüten, wenn die Stuten gleich mit gröfster Auslgebracht
werden, hervorgeht.
Wäre der Gebrauch, den wir von den Pferden machen, nicht von dem anderer Thicre, die uns
zur Nahrung oder Kleidung dienen, verschieden, so könnten wir ihre Fortpflanzung einzig ihren
Naturtrieben überlassen; so aber beruht ihr Werth auf Eigenschaften, die von ihrer Bildung
abhängen. Die Pferde, als Hausthiere betrachtet, können mit ihren Vorzügen und Fehlern
mehr für ein Werk der Menschen, als der Natur angesehen werden. Die auf seine Erzieliun;
und Erhaltung verwendete Mühe belohnt diefs edle Thier, durch vorzüglichere Eigenschaften uns
zu dienen, durch Zuneigung und Gehorsam. Das wilde, seinen eigenen Naturtrieben
übcrlassene Pferd lehrt der Instinkt, die Menschen, die es entbehren kann, auch zu fliehen.
Raubt man diesen Thieren die Freiheit, so besitzen sie keine von den Eigenschaften,
die das edle Pferd auszeichnen, und wenn dieses, das seine Nahrung aus der Hand des Menschen
erhält, aufrecht einherschreitet, als ob es das königliche Vorrecht, die Gestirne anzuschauen,
mit dem Menschen llicilte, und sich gleichsam in einer Stellung zeigt, in der
es geschickter ist, uns zu dienen, als sich zu erhalten, indem hochaufgerichtete Pferde,
auf ebenem trockenen Boden nur mit Beschwerde weiden, wie Tab. A. Fig. 4. zeigt: so sind
die Pferde in den wilden Gestüten, die ihr Futter auf einer weiten Fläche aufsuchen, und
sich gehend ernähren müssen, durch ihren Bau, (den die Natur allerThiere aus eignem Vermögen
den Umständen gemäfs abzuändern vermag,) geschickter, diefs ohne Beschwerde
Tab. B. zeigt die Umrisse eines wilden Steppenpferds , das bei gleichen Verhältnissen
der Knochenlängen, die jedoch nicht immer statt haben, blofs durch die Veränderung der
Winkel, in welchen sie sich mit einander verbinden, in einer andern Gestalt erscheint. In
Vergleichung mit dem edlen Pferde Tab. A. neigen sich an diesem die Rippen mehr nach hinten
, das Brustbein ragt weniger hervor, und hindert das Pferd nicht, mit dem Kopf senkrecht
auf den Boden zu reichen. Der Oberarm, oder das sogenannte Querbein (luimerus)
verbindet sich mehr in horizontaler Lage mit dem Vorarm (radiits) und dem Schulterblatt; wodurch
diese Pferde vorne in eben dem Verhältnifs niedriger, als hinten, durch die aufrechte
Stellung des Dickbeins (J'emtir), höher sind. So gebildete Pferde, wie die der meisten wilden
Gestüte, können ihren Kopf nur mit verkehrter Biegung des Halses aufrichten, und sind
daher zum höhern Reitdienst eben so ungeschickt, als zum Aufsuchen der Nahrung vorteilhaft
gebaut, da die Halswirbel mit dem Rücken in gerader Linie auslaufen. Nur nach eigener
Willkühr können sich diese Pferde schnell und sicher wenden; um dem Willen des Reiters
augenblicklich zu gehorchen, erfordert es eine grofse Uebung, und nur selten, oder
unvollkommen belohnen sie die hierauf verwendete Mühe. Auf diese Biegsamkeit der Natur,
sich den Umständen zu fügen, gründet sich ein Theil der Herrschaft der Menschen über
den Bau dieser Thicre. Und sollte man auch nicht geneigt seyn, allen Pferdcracjen einen gemeinschaftlichen
Ursprung aus einem Stamme einzuräumen, so wird man ihnen doch ein gemeinschaftliches
Naturgesetz ihrer Bildung zugestehen müssen, dem sie mehr oder weniger
entsprechen, nachdem es ihnen von den äufseren Bedingungen, unter welchen sie leben, vergönnt
ist. Alle Erfahrungen vereinigen sich zu folgendem Resultat: dafs ein Stamm von arabischen
Pferden in Holstein nach dort üblicher Art behandelt, auch ohne Vermischung mit
einheimischen Pferden, nach mehreren Generationen in gemeine holsteinische Pferde ausarten;
und umgekehrt, ein Stamm holsteinischer Pferde in Arabien durch Auswahl, Pflege und
Wartung, sieh zur Vollkommenheit arabischer Pferde vcrcdlen würde. Dafs sich aber nirgends
eine fremde Raqc unverändert fortzupflanzen fähig sey, wenn nicht gleiche Bedingungen,
wie die, unter welchen sie sich zu ihrem eigenthümlichcn Charakter ausgebildet hat, statt finden.
20
Der Winterschlaf einiger Thiergattungen entsteht nur aus einem Unvei
«ewicht der Wärmekonsumtion mit der Wärmeerzeugung zu erhalten. V
zureichend ernährt, so können sie ohne Erstarren die grofse Kälte aushalt
Das größere Wachsthum, das die Pferde, welche von arabischen — bi
türkischen Raejen abstammen, in den kältern Ländern erreichen, ist au:
dauungsprocefs begreiflich, da, indem eine größere Quantität Nahrung kon
die tliierische Wärme zu erhalten, und um das, durch die Respiration kon»
°as zu ersetzen auch die Ernährung und der Ansatz von fester organisch
wird. Durch den verschiedenen Einfluß der Ernährung und Pflege, und
menbringen von Naturen, die gleiche Hinneigung zu einer oder der ande
hen, hat man in England unter gleichem Himmelsstrich zwei Extreme aus
Wettrcnner, als die schnellsten aller Pferde, und die Raqe der großen un
pferde. Beide Raqen dieser Thicre machen jetzt eine eigne Species aus,
spiele und die Bullenbeißer unter den Hunden.
Die zur Zucht bestimmten Pferde müssen nicht nur alle Eigenschaften,
Nachkommen erwarten, selbst in einem vorzüglichen Grade besitzen, sonc
ununterbrochner Folge ererbt haben; denn es findet sich unter allen Racen
von Vollkommenheit, die zwar der Gattung dieser Thicre angehört, aber
»cn ist in welcher er sich zeigt. Die Araber achten daher den schönster
rin», weil sie seine Vorzüge nur für eine Zufälligkeit ansehen, die er r
fähig ist. Da hingegen ein Pferd aus reinem Blut entsprossen, alle Vorzii
die Nachkommen zu bringen vermag, wenn es gleich selbst solche kaum z
indem 11111 zufällige Hindernisse das reine Hervortreten derselben beschränkt
Den Geschlechtsregistern der edlen Pferde, (wie solche von den Arabe
geführt werden,) welche die reine Abkunft derselben beurkunden, fehlt,
che Eigenschaft , die Aufzählung des jedesmaligen Alters ihrer Ahnen. Di
die Zeugungsfähigkeit dieser Thicre früh äußert, und oft lange anhält, (
von dem zweiten Jahr ihres Alters bis zum zwanzigsten, und Hengste v<
dreißigsten zeugungsfähig gefunden hat): so ist doch ihre wirkliche Tue
Zeit zu setzen, wo ihre eigene Ausbildung vollendet, und die Reprodukl
Irritabilität gleii.li steht. Dieser Zeitpunkt ist sowohl der Rare als den
nach sehr verschieden. Nicht bloß die m huellerc Ausartung mancher Pfei
Sprung in dem zur Zucht untauglichen Alter der Aeltern, auch viele erbl
besonders die der Knochen , scheinen davon herzurühren , indem nicht blo
ervire al!a Sloria dei Meimnitcri,