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Datteln, ist diese Erfahrung, die allein mit obiger Behauptung im Verhältnifs stände, gewifs
nicht gemacht worden.
Wir werden in der Beschreibung der verschiedenen Ra<;en sehen, wie diese Thiere
durch den Einflufs des Klimas und der Nahrung (wobei jedoch nicht das geographische, sondern
das physikalische Klima zu verstehen ist) zwar in einer veränderten Gestalt erscheinen,
dafs diese aber in keinem eigentlichen Mangel oder Ueberflufs einzelner Organe besteht.
Auch müssen die Pferde liier zuerst als blofse Naturzwecke betrachtet werden, und als
solche werden wir an ihnen stets die nach Umständen möglichste Vollkommenheit entdecken,
so ungleich oder geringe ihr verschiedener Werth für unsem Gebrauch auch j
seyn mag.
Die spanischen Pferde, die ehedem ihrer herrlichen Gestalt, ihres Mutlis und ihrer !
Gelehrigkeit wegen so berühmt waren, dafs sie selbst den Pferden aus der Barbarei, von ,
welchen sie abstammten, noch vorgezogen wurden,*) sind dadurch, dafs man das Ver- j
fahren der Mauren, die diese Zucht eingefühlt haben, nicht mit gleicher Treue befolgte, j
und solche, dem Grundsatz gemäfs, mit Hengsten aus entgegengesetzten Himmelsstrichen )
noch zu veredeln glaubte, so ausgeartet, dafs sie jetzt zu den schlechtesten in Europa ge- I
hören. Der Stallmeister W o l l n y **) hat im Jahr 1788 die königlichen Marstalle zu Madrit
und Aranjuez so gefunden, dafs es ihm unmöglich gewesen wäre, ein Pferd zu wählen, wenn
er auch d'e Erlaubnifs gehabt hätte. Es war auch kein blofser Mifsgriff der Spanier, eine j
südliche Ra$e dmch Hengste aus dem Norden verbessern zu wollen; die nehmlichen Verderb- j
liehen Folgen hatte der umgekehrte Fall zu Salzburg, wo das sonst treffliche Gestüt j
durch neapolitanische Hengste verdorben wurde. Blau hätte die Ursache der Entartung
in der vernachlässigten Pflege und Sorgfalt bei der Auswahl der zur Zucht tauglichen !
Pferde suchen sollen, die man allein in dem Einflufs des Klimas zu finden glaubte.
Vielfältige Erfahrungen haben erwiesen, dafs sich der dem Mangel des Einen entgegenge- j
setzte Ueberflufs des Andern nicht in dem Verhältnifs ausgleichet, wie man durch eine Mi- I
sclnuig zweier Farben die verlangte dritte erhält. Die verschiedene Bildung der Thiere gründet
sich auf das Verhältnifs der Grundkräfte und ihre verschiedene Modifikation. Diese
Kräfte aber gleichen sich niemals gegenseitig aus, sondern sie beherrschen einander wechselseitig
, und hierin allein besteht auch das Leben.
Wäre Buffons Behauptung gegründet, so müfsten entgegengesetzte Naturen indiffe- j
rente erzeugen; statt dieser sehen wir täglich von verschiedenen Extremen bald das Eine
bald das Andere entstehen. Durch das Kreuzen der Ra£en ist niemals etwas Vollkommnes
erzeugt worden, da hingegen von einer guten Stute und dein ihr zunächst verwandten oder
Duc de Neucaslle. »•) Helmbr. und N. Charakt. d. ip. Getlüte.
gleichgebildeten Hengst mit Gewifsheit eine ähnliche Frucht erlangt wird. Backewells
Versuche mit Thieren, die sich nach gleichen Gesetzen bilden und veredeln, gestatten gegen
diese Behauptung keinen Zweifel mehr.
Die Meinung, dafs der Hengst für die Vollkommenheit der Frucht von gröfserm Einflufs
sey als die Stute, hat viel zum Verfall der Pferdezucht beigetragen, indem man dadurch
weniger Sorgfalt auf die Wahl der letztern verwendet hat. An den Bastarten, dem
Maulthier und dem Maulesel, zeigt sich sehr deutlich der vorherrschende Einflufs der Stute.
Das Maulthier (malus), dessen Vater der Eselhcngst, und die Mutter die Pferdestute
ist, hat mehr die Gestalt, und stets die Farbe der Mutter. So wurden zu Villa major
ohnweit Madrit ehemals von auffallend häfslichen Eselhcngsten die schönsten Maulthiere in
der Welt gezogen, weil man sich hiezu der edelsten, ja sogar arabischer Stuten bediente. *)
Das Maulthier vereinigt, mit einer mehr pferdeähnlichen Gestalt, die Eigenschaften des
Esels, der von Natur genügsam, furchtsam und mifstrauisch ist, wodurch sein Gan» so
sicher wird, dafs man es auf gefährlichen Wegen dem muthigen Pferde vorzieht. Die längern
Ohren, der dicke Kopf mit dem trocknen unempfindlichen Maul, so wie die mifstrauische
Miene seiner Augen, sind nur der Ausdruck angeerbter väterlicher Eigenschaften; und
wenn sich in vielen Ländern die Maulthiere weniger von den Eseln unterscheiden, so rührt
diefs nur davon her, dafs man sich zur Zucht derselben gemeiner eselinäfsiger Stuten bedient;
wie es denn auch Pferde gibt, die den Maulthicren ähnlich sind.
Der Maulesel (hinnus), der von einem Pferdehengst und einer Eselstute herstammt, ist
zwar etwas gröfser, muthiger und gelehriger als der gemeine Esel, von welchem er sich
jedoch nur wenig durch seine Gestalt unterscheidet, wiewohl sein Kopf etwas von dem
freundlichen Ansehen des Pferdes hat.
Alle Beobachtungen kommen darin überein, dafs der Hengst von gröfserm Eiiiflufs
auf das Temperament, den Mutli und die Gelehrigkeit sey; die Gestalt aber und alle davon
abhängenden Eigenschaften mehr von der Stute bestimmt werden; so wie überhaupt
die Leibesfrucht nur für ein Organ der Mutter angesehen werden mufs, das von ihr, nach
Mafsgabe eigner Vollkommenheit oder Mängel, begünstigt oder unterdrückt wird. Man
erkennt an den Eigenschaften des Maulesels, wie an dein Maulthicr, dafs seiner Bildung
die Gesetze des Vaters zum Grunde liegen, die demselben aber durch den Einflufs der Ernährung
von der Mutter abgewonnen worden. Ernähren und Bilden ist ursprünglich Ems;
auch besteht die erste Function des tliierischen Lebens nur in organischer Sclbstrcproduktion,
welche in den ei sten Epochen der Entwickelung am lebhaftesten vor sich geht, so dafs
jede Verletzung in dieser Zeit um so naclitheiligcr ist, da selbst im getrennten Zu-
Die Veredlung der Pferde (d. h. das Verfahren, wodurch jene 1:
und ausgebildet werden, die diesen Thieren zu ihrer Vollkommenheit
Grade mangeln; von edlen Pferden gleiche zu ziehen, kann nicht Veredlui
bestellt einzig in der Kunst zu paaren. (Wissenschaft kann ein auf Erfahrung g
nicht heifsen; weil man zur vollständigen Erklärung gewisser Erschein
a priori anführen kann. Eben so werden die chemischen Erscheinungen
tzen erklärt werden, die blofs die zufällige Erfahrung lehrt, wodurch a
eine systematische Kunst, oder Expcrimentallehre, niemals aber eine A
kann; wiewohl diese Kenntnisse, die zuletzt auf Naturwissenschaft liinai
senschafllichen Bearbeitung fällig sind.) Diese Kunst zu paaren gründet siel
Kenntnifs des Baues dieser Thiere und der davon abhängenden Eigensch
Fälligkeit, das Gleiche aufzufinden und zu vereinigen. Die Eigenschaft
die man fortzupflanzen wünscht, lassen sich nur in Rücksicht auf ihre .
lern bestimmen, und daraus ihre Tauglichkeit zur Zucht erkennen. AI
chcn sich daher irgend eine Abnahme dieser oder jener vorzüglichen Eigens
läfst, müssen, statt durch andere Pferde verbessert, sogleich von der >
werden. Wer die verschiedenen Eigenschaften der Pferde richtig erkennt
nein bestimmten Zweck zu vereinigen und durch Pflege und Wartun" 1
versteht, wird auf diesem Wege eine Vollkommenheit erreichen, die ai
erlangen ist. Ja es wird, bei einer hinlänglichen Auswahl der Pferde.
dieser Kunst zu paaren nicht unmöglich seyn, jede beliebige Gestalt 11
züglich auszubilden.
Die Erfahrung, dafs in den Landgestüten durch gute Beschäler, auch
ten, bessere Füllen erzeugt werden, widerlegt obige Behauptung nicht
dafs das Zurückschlagen auf den Vater oder auf die Mutter niemals isl
so ist mit dem Bestreben des Landmanns, von einem guten Hengst ein be
halten, gemeiniglich mehr Sorgfalt beim Ankauf der Stute und auf die F
blinden, und so wie edle Pferde durch Vernachlässigung in ihrer Ausbilde
so geht diese auch bei gemeinen, bei sorgfaltiger Pflege, desto vollkommnei
mals aber werden zufällige Vorzüge diesen Bastarten constant ei"en werde
gung, die aus allen neuerrichteten Handgestütcn, wenn die Stuten »lci<
w. Iii zusammengebracht werden , hervorgeht.
Wäre der Gebrauch, den wir von den Pferden machen, nicht von dem ant
zur Nahrung oder Kleidung dienen, verschieden, so könnten wir ihre Fortpl
Naturtrieben überlassen; so aber beruht ihr Werth auf Eigenschaften di<
abhängen. Die Pferde, als Ilausthiere betrachtet, können mit ihren Vo
mehr für ein Werk der Menschen, als der Natur angesehen werden. Die :
und Erhaltung verwendete Mühe belohnt diefs edle Thier, durch vorzüglichen