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oder Zelt hat, ist es nichts seltenes, Füllen auf der Weide zu sehen, die diesen unnatürlichen
Gang gehen. Der Pafs gehöret darum unter die fehlerhaften Gänge, weil das Pferd, gegen die
gewöhnlichen Gesetze der Bewegung, statt die Füfse diagonal zu heben, den Vorder - und
Hinterfufs auf einer Seite zugleich aufhebt und fortschreitet, und da es dem Körper an dem
gehörigen Gleichgewicht fehlt, so gleiten die Füfse in übereilten Schritten ganz nahe am Boden
hin, wodurch dieser Gang eben so unsicher als für den Reiter bequem ist.
Von den Eigenschaften cler Ff erde.
Wie unter allen Thieren, findet auch unter den Pferden eine grofse Verschiedenheit ihrer
Fähigkeiten statt. Es unterscheiden sich nicht nur die verschiedenen Raiten der Pferde durch
Gestalt und Eigenschaften von einander, auch die Glieder einer Familie, so ähnlich sie sich
äufserlich seyn mögen, sind meist von ungleicher Brauchbarkeit und ungleichem Werth. Die
eigentümlichen Vorzüge jeder Rai;c erscheinen bei den einzelnen Pferden in einem verschiedenen
Grade, und sind mit andern Eigenschaften verbunden, oder im Widerspruch. Billig sollte
der Werth der Pferde (mit Voraussetzung ihrer körperlichen Tüchtigkeit) allein nach ihrer
geistigen Vollkommenheit geschätzt, und ein munteres und williges Pferd einem schöneren,
aber dummen und trägen Gaul vorgezogen werden. Die vorzüglichsten Eigenschaften der
Pferde werden insgemein wenig gewürdigt, selten erkannt, und niemals in der Zucht kultivirt
und ausgebildet. Man ist blofs beflissen, schöne Gestalten zu gewinnen, den Mangel der Eigenschaften
soll dann die Kunst durch Peitsche und Sporn ersetzen.
Die zärtliche Behandlung und sorgfältige Pflege, die den Pferden im ganzen Orient zu
Theil ward, hat nicht nur eine ebenmäfsigere Ausbildung des Körpers, eine gröfsere Gelehrigkeit,
mehr Muth und einen willigern Gehorsam zur Folge gehabt; sondern durch dieselbe
haben sich auch unverkennbare Spuren des Gemüths entwickelt, die sich an wilden Pferden
nicht auffinden lassen, und die selbst den Hauszuchten mancher Länder, wo diese Thiere
nicht gleiche Vortheile geniefsen, indem sie nur zu Mifshandlur
s ihren finstem Wohn-
örtern hervorgezogen werden, fremd scheinen.
Die Eigenschaften der edlen Raren sind so wenig allein die Wirkung des Klimas, in
welchem sie gezogen werden, als es die Kunstwerke der alten Griechen, der Freiheitsgeist der
Spartaner, die Unwissenheit und der Sklavensinn der jetzigen Bewohner dieser Länder sind.
Die Verschiedenheit der Eigenschaften rührt einzig aus der ungleichen Ausbildung durch Anregung
und Steigerung der Kräfte her. Aus Mangel an Uebung ersterben sowohl die geistigen
wie die physischen Kräfte; veredelte Thiere arten in wilde aus, wenn sie sich selbst überlassen
werden. Ohne den alten Streit über die Eigenschaften der Seelen der Thiere, oder über die
Kunsttriebe, (welche Benennung der Gelehrigkeit und dem Vermögen der Thiere, ihre Naturu
zwecke z
erreichen und die Mittel hierzu nach den Umständen abzuändern, nicht zukommt,)
, läfst sich behaupten, dafs mehrere Eigenschaften der Pferde sorgfältiger beobachtet
und ausgebildet zu werden verdienen, und dafs die gemeine Art, seine Herrschaft über diese
Thiere geltend zu machen, von so weniger Achtung dieser Eigenschaften zeuge, als sie, solche
zu entwickeln, wenig geschickt ist.
Kein Thier ist so empfindlich für eine freundliche Behandlung als das Pferd; es läfst sich
weder durch Furcht allein regieren, noch wird sein Gehorsam und seine Zuneigung immer
durch Wohlthaten erlangt. Wie von einem höhern Zauber werden Pferde oft blofs durch die
Stimme oder den Blick des Menschen angezogen und ihm unterwürfig gemacht; zei»t sich
aber einmal eine Abneigung, so wird solche durch keine Gefälligkeit besiegt, und diese artet
nicht selten von trotzigem Ungehorsam in thätige Wuth aus. Die Pferde sind sich getreu in
ihrer Liebe wie in ihrem Hasse, sie vergessen weder Wohlthaten noch Beleidigungen; ja diese
sonst so menschenfreundlichen Thiere sind der blutigsten Rache fähig. Prevost erzählt hievon
ein Beispiel, das sich in dem Flecken Grumblin ohnweit Dublin zugetragen hat. Dort
wurde einer der schönsten Hengste in.der Welt, seiner Unbändigkeit wegen, verschnitten; man
hatte aber bei der Operation die Augen dieses Pferdes so nachlässig verbunden, dafs es seinen
Beleidiger erkennen konnte, und da derselbe nach einigen Tagen in den Stall kam, so rifs das
mifshandcltc Thier seine Halfter entzwei und tödtete seinen Feind augenblicklich. Bourgel
a t erwähnt eines Pferdes, dem man in den Pilaren übel begegnet hatte, und das einige Tage
alles Futter verschmähte; als man es aber endlich in einen Karren spannte, ging es nicht
von der Stelle, sondern liefs sich todt schlagen. Eben so sah B. einen kräftigen spanischen
Hengst, der durch die Neckereien einiger Knaben ein solcher Menschenfeind ward, dafs ihm
niemand nahe kommen durfte. Man inufste ihn in einem eigenen Verschlag verwahren; sobald
er nur einen Menschen gewahr wurde, wandte er alle seine Kräfte an, sich los zu ma-
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sunden Nahrung, ist zum Gedeihen der Pferde im häuslichen Zustande,' noch das <
Putzen der Haut durch Reiben besonders erforderlich. Sorgfältige Untersuchunge
gelehrt, dafs in der Haut, dem Huf, dem Schweifs und Harn, eine beständige Ausle
phosphorsaurer Kaiherde statt hat. Aus Mangel an äufserm Reiz, (wie das Reiben i
mindert sich die Reizbarkeit und Thätigkeit der absondernden Organe selbst, und die A
tung der zum Leben überflüssigen Stoffe geschieht nur unvollkommen. Nachtheilige Ver
rung der thierischcn Säfte und also Krankheiten sind Folgen davon. Pferde, die in I
leben, bedürfen das Putzen nicht; die atmosphärische Wärme, die beständige Bewegung ii
und Regen, das öftere Baden, wenn hierzu Gelegenheit ist, sind hinreichende Reize der II,
Wie nothwendig die Reinlichkeit, und der beständige Zuflufs von frischer Luft i:
Ställen ist, beweist die chemLi.iic Analyse de s l'fiuleli.uns ' ) , dei lei< ht in Gahrung ubei
und sodann schwarz wird, einen stinkenden amoniakalischcn Geruch verbreitet,
mehr wie im freyen Zustande, kohlensaure Kalkerdo, kohlensaures Natrum, und die
unbekannte Substanz, sondern K--i.'.-.mie und kohlensaures Amoniali enthalt. Die Iienzoc
ist ein eigener Bestandteil des Pferdeharns, und diese zeigt sich noch unverändert,
schon die Essigsäure die Kohlensäure aus dem Natrum getrieben und sich mit dem Am
verbunden hat, so dafs bey der Gährung kein Gas entbunden wird. Die Essigsäur
daher offenbar aus dem vielen Schleim, so wie das Amoniak aus der besondern thieri:
Materie; denn beide Substanzen finden sich nicht mehr im gegohrnen Pferdehain.
eigenen Prozefs bewirkt der Harn mit dein Mist, in welchem die, in vielen Nahrung*
enthaltene, Kalkerde, und die aus ihnen sich entwickelnde Kohlensäure, abgesetzt *
indem letztere den noch nicht damit gesättigten Antheil Kalkerde sättigt, und die eingesj
Luft zum Einathmen untauglich macht. Dieser heftige Geruch, den Pferde in unrein
beständig einzuathmen genöthigt sind, wirkt zunächst als widernatürlicher Reiz aul
Geruchs - und Gesichtsnerven, und verursacht öfters Augenentzündung und Blindheit:
heiten, denen kein Hausthier so häufig unterworfen ist, wie das Pferd. Warme Ställe
die schädlichsten, weil solche nicht nur schwächend auf den ganzen Or»anismu
sondern auch bey einem plötzlichen Uebergchen in kalte Luft gefährlich werden. Zweck»
eingerichtete Ställe sollen daher die Pferde gegen Wind und Wetter schützen, ohne ihnei
zur Gesundheit nöthige Luft und Licht zu entziehen. Finstere Ställe haben noch den I
theil, dafs daran gewöhnte Pferde meist kurzsichtig und lichtscheu werden.
Nichts ist für Pferde schwächender, als zu ^iele Ruhe, indem dadurch die Lebens
allgemein vermindert wird, und die Muskeln aus Mangel an Bewe"un<* wenige
werden. Auch geht der Sauerstoff, durch dessen Verbrennung die Action der Muskelbewe
geschieht, eine entgegengesetzte Verbindung ein, wobey Fett erzeugt wird. Die viele I
ist diesen Thieren um so mehr schädlich, da sie solche nur in den Ställen geniefsen, wc
I. und Bulletin dej Scicnc. p
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