ergänze- r.aiiz anders unsori; ßiltier: sie «-ollen das Icbendn
Tier beliufs richtiger Vorslelluiisi durcli das Bild erneuen. Iis
kommt dem Künstler, wenigstens ideell, nur darauf an, das
Tier in Form und l'aibe voriufülireii, nicht dessen Lebcnsäiisserungen
2U schildern. Die wilden Tiere auf pompejaiiischpn
Jai,'dbildern, die N'igei auf den Kalakoniben«-ändai, die
Tèiuben auf dem beriiinnten Taubenmosaik — sie leben alle,
sie bewejjcn sicli. sie suchen Nahrung und wehi'en sich, slß
sintl einem grösseren Kuiistgedankpii ein;^ordnei, withreml
sie hier Hir sicli allein stehen.
l)esh,-ill> auch die Darslellung in Ruhe, welche freilich
auch leicht zur lirstarrung führt, besonders wenn das liild
iifter durch Kopistenhiinde geht. Und \insera Bilder sind nicht
mehr frei von diesem kunsUüdtlichen Keime.
Unser Kodex ist von dem 13. Jahrhundert an vielfach
kopipri worden; v. Premerstein hat 22 noch erliaJtene Kopien
nachgewiesen '), von denen wenigstens ij iilustrieri sind.
Proben von diesen Illustrationen aus unserem K, Parisinus
2183, Athoits und Bononiensis bringt Wellmann «) in seinem
Erwähnensweri sind ausser dem schon genannten l'ergamentkodex
327; '1er Wiener Hofbibliothek noch die von
Sambucus angeregte /.usammonstellung von 98 Kopien nach
dem K in der Papierhandschrift 1247S; sie kommen dem
Originale nii:ht gleich; eine Federzeichnung am Schlüsse —
es 'ist das gg. Bild - ist c-in ßlatt der BaumwollStaude und
nicht aus dem K entnommen.
.A.US jener Zeit, als man sich mit dem Gedanken trug,
die Pilanzenbilder in Kupferstich zu veröffentlichen, stammen
zwei Blinde, in denen auf je 410 Hlüitem 431 Pflanzen, meist
aus N, in Kupferstich reprod'iziert sind •). Es sind die unter
die Handschriften eingereihten Hände n. 13447 un'l 12448-
Der Zeichner war wol gewissenhaft, nichtsdestoweniger .stehen
aber die Stiche an künsdeiischer Wirkung den Miniaturen
weit nach und überholen selbst die steifsten durch ihre
gebundene Gespreiztheit.
VII.
Tcchniseh wird der K wol kaum leicht erreicliL Die
l'arhen sind heiler, hell, gliizend, ihr Akkord brillant wirkend,
ihr .Auftrag pastos, aber solid, ihr Bindemittel vorzüglich.
Es wäre sehr wünschenswert, dass hinsichtlich des I.etiteren
durch eine mikrochemische l'ntersuchung sein Wesen und
seine Zusammensetzung geprüft und festgestelli würden.
Durch die unglückseligen Abreibungen — und um solche
handelt es in der überwiegenden Mehrzahl der Beschädigungen
— sind wir glücklicherweise in den Stand gesetzt, den
Künstler bei der Arbeit wenigstens teilweise zu belauschen.
Das Feld de.-« Bildes wird durch leicht eingedrückte Blindlinien
abgegrenzt und dann die Vorzeichnung mit einem feinen Pinsel
und einer blassbrauncn Tinktur aufgetragen, Sowol beim
Cheiron des ersten Ärztebildes, als auf dem Dedikationsbilde,
ferner bei 27 Pflanzen und beim Pfauen sind sie deutlich sichtbar;
die Blindlinie fijr die Hauptrichtungen der Pflanzen zweige
i t deutlich beim Pm»>tov (fol. ^sS') wali r, F.ine scheinp
Emstcliiinsszcil bcrichlel Wcigc) im X. linndc de
Phyùchcn Jounuls (i;93), dus er die Kupfcrplnuc
Behau plung, dass se Im Cnnjcn iiiigcfSlir «37-430 «•crdtn lollcr
bare Ausnahme macht die Darstellung auf Goldgrund. I
wird der Goklgrund fertig angelegt, und erst auf diesen wird
die Figur gemalt. Es ist aber waiirscheiiilicli, dass ein Korn
frei gelassen wurde an der Stelle, wo die Figur hinkommc:n
sollte: jedenfalls reicht tler tiolUgmml tief unter dio Konturrisse
derselben, wie man dies bei ilen Ärztebildern sehen
kann. Der Auftrag des Goldes geschieht mittelst Pinsels:
Blattgold ist nirgends angewendet, liigentümlich erscheint
daher tlas Vorgehen des MaU-rs. in jedem Falle, wo nirlitabgeionte
Goldpanien vorherrschen, die ganze l""läclie zuerst
mit Ciold anzulegen, dann aber mit einem Sepiaton oder
tieferen N'üanzen das Dessin herauszuarbeiten, wie z. B. beim
Gerähm des Dedikationsbildes oder beim Titelblatt. Soll Gold
auf einem Farbeii.grunde, wo dieser vorherrscht, erscheinen,
so wiril, wie bei der Julianaumschrift und dem Titelblalte,
erst mit einem gelblichen Pigment vorgrundiert, dann der
Goldauftrag vollzogen. Bemerkenswert ist, dass Cioldpartien
über einem Farbengrunde sehr leicht, farbige Partien auf
Goldgrund aber selten abfallen.
Für den Farbenauftrag bei modellierten Figuren gilt die
Regel, dass vom Lokallon aus nach Hohe und Tiefe modelliert
wird; sie ist, soviel ich sehe, strenge eiiigehiUen. Die Schalteniöne
sind zurückhaltender verwendet, dar Hauptakzent liegt
durchwegs, bei Figuren sowol. wie bei den Ornamenten, bei
den Pflanzen- wie hei den Tierbildern, auf dei' Ilöhung, die
bei den menschlichen Gestalten, voral im Inkarnat, regelmässig
dreischichtig ist. Weiss für Spitzlichter ist sehr reserxiert
und diskret angewendet.
Der Lokalton für das Inkarnat ist der traditionelle,
braunrote für Männer, der helle, gelbliche für Frauengestalicn').
Die ModeUierung ist durchwcgs natürlich und künstlerisch:
die .Abstufungen sind durch Obergänge verbunden.
Die vorspringenden Gesichtsparlien und die Finger sind ganz
so, wie in der Wiener Genesis'), durch den "Aufsatz von
roten Tönen lebhafter gestaltet.
liigentümlich äussert sich der Sinn für blendende Koloristik
bei der üehanillung der Gewandung. Ein einfaches
Weiss genügt dem Maler nicht; er durchsetzt die Flächen
mit rosenroten, blassvioleiten und grünlichen Schimmertönen,
die eigentlichen Schatten aber gestaltet er brilunlich; gebrochene
Tljne zieht er vor, volle wendet er ausnahmsweise an,
und nur dorten, wo eine reiclifarblge Umgebung das Gegengewicht
hierzu bietet, wie z. B. in den beiden Dioskurldesbildem.
Ein Meistersliick seiner Art sind die acht Puttiszenen des
Dedikatlonsbüdes; die ganze Tätigkeit der Eroten Ist mit
fünf Tönen auf gebrochen blauem Grunde, grisailleariig
durchgeführt, wobei Ocker die Ilaupirolle spielt: in drei
'Ionen ist er Grundpigmenl, mit Sepia, Weiss oder Rol
gemengt; ausserdem kommen noch Zinober um! Weiss zur
Verwendung.
Die übrigen Pigmente sind heute nach 1400-jähriger
Zwischenzeit und nach den Wediselfällen, denen das Buch
ausgesetzt svar, schon .schwer bestimmbar. Mit einiger Kicherheit
lässt sich Wfiis.5 als IJleiwei.ss erraten, besonders bei tlun
l'nanzenbildern, an denen es die charakteristi.schen chemisi lu n
Veränderungen, denen es besonders unterworfen ist, die
schwärzliche Oberfläche zeigt. Für rot wird Zinober, Krapp
und .Mennig angewentlel; auch eine gelblich rote Grundierung,
l':trl>cncrnpriMt]iitig5syslciii <
vielleicht Sandj'x. wii-d angewendet, wenn darüber eine
durclisicluige, feuerige Lasur, ühnlicli wie der Karmin, kommen
soll; niöglicherweist: haben wir hieran das l'urpurissum zu
denken '). i'ür Blau ist Ultramarin und Indigo sichei- zu
konstatieren, während für (irün. (Irünerde, meist aber die
Misciumg von Blau und Gelb zur Anwendung gelangt.
Auffallend häufig kommt als Bestandteil von grüner Blattfarbo
Indigo vor und nmcht stellenweise den Eindruck, als ob es
Un.
dunklen Nüanzen dürfte möglicherweise <lar:
sein. Am unklarsten bleibt das Gelb, für welches unser
Künstler Töne besitzt, welche sich vom Ocker und Auripigmenl
kaum ableiten lassen.
Das Bindemittel, welches die Maler der einleitenden
Miniaturen, der Tiere und zumeist auch der ersten Pflanzengruppe
anwenden, ist, ivie bemerkt, unbekannt, \^e!leieht
wird man an die byzantinische, von der römischen Wachstenipera
abgeleitete Glanzfarbe ") denken dürfen, die nach
Berger ') >wcgen ihrer bei|uemen Handhabung und ausgezeichneten
Haltbarkeit (aucli auf \'ergoldung) in Miniaturen
Anwendung gefunden haben mag<. .Vach Beobachtungen, die
ich, ohne experimentell vorzugehen, machen konnte, sinil
diese Farben im ^Vasser entweder gar nicht oder nur schwer
löslich; die Be.schädigung am Haupte Galenos" dürfte somit
dadurch entstanden sein, dass eine ätzende Müs.slgkeit darauf
fiel und die 1-arbe löste; tler Versuch, den Tropfen wegzuwischen,
verschmierte die l-"arbe. aber nicht ganz, wol
deswegen, weil sie zu rasch wieder eintrocknete. Die Pflanzen
der ir. Gruppe entbehren durchwegs dieses Bindemittels und
sind wol mit Wasser unter sehr bescheidenen anderweitigen
Beigaben versetzt. Das .Äussere dieser Bilder fällt gegen die
Figuren- und Tierdarsteliungen sowie gegen Pflanzen der
I- Ciruppe so sehr ab, dass man versucht ist anzunehmen,
sie stammen nicht nur von anderen Künstlern, sondern auch
aus einer späteren Zeit. Wäre die gleichzügige Herstellung
der Handschrift irgendwie anzuzweifeln, müsste sofort daran
gedacht und angenommen worden, dass der erste Künstler
die Zeichnungen noch eintrug, die ein späterer ausführte.
N'ur ein einziger l-all zeigt ein harziges oder .ähnliches
Ülndemittel: bei ri (fol. 244'). Das leuditendrote
Pigment der Blüten ist nüt einem spröden Firnissmittel versetzt:
die.se Blüten sind auch die einzige Stelle, wo ein
taisächliches Springen und Absplittern der Farben schichte zu
konstatieren ist; sonst handelt es sich, soweit ich sehen
kann, durchwegs um mechanische, von Aussen kommende
liinflüsse. Dieses letztere ISsst sich besonders bei weisszwiebeligen
und weissblütigen Pflanzen beobachten, wo das
Pigment besondere pastos aufgetragen ist '1.
Für \\\is.ser als hauptsächlichstes Bindemittel bei Pflanzen
der 11. Gruppe spricht vielleicht auch der • - allerdings nur
einmal beobachtete — Fall, dass die Farbe zusammenrinnt,
weil sie auf fettes Pergament aulgetragen war. Das geschah
beim (fol. 265') im K. wo alle Ränder zackig sind
infolge ile.s Gerinnens.
\\^^hr.schelnlil•h sind auch die Farben ohne harzige
lündemillel der chemischen Zersetzung leichter zugänglich.
Das Obfuszierenderwei'ishäUigen Blüten ist ohne jeden Zweifel
auf einen ganz .ähnlichen Prozess zurürkzufiihren, wie wir ihn
beispielsweise auf Türen, die mit lileiwcis gestrichen aber
Amoniakdünsten ausgesetzt sind, beobachler
dem hier teinölfu-nlss Dinderaitlel ist. Deshalb
blldung von getrockneten I l,:rli.-irexemplarei
halte ich für nicht angebracht.
Nac den vorangehenden Erörterungen, denen sich,
wenn Zeit und Kaum nicht mangelten, .illerdings noch manches
hinziiFügen Hesse, darf ich mich kurz fassen.
Der Kodex ist in Konstantinopel um das Jahr 51s enlstanden,
.Seine Geschichte, seine Sprache und ilie Veranlassung
seiner Entstehung verweisen ihn tlorthin. .\I,m sollte
also bildkünstlerische Darbietungen aus dem Geiste, aus dem
Kvilturmilieu. dem Leben und Weben der Metropole im
uischen und inhaltlogar
deren Genesis, '
Wir haben uns Vorurteils
liehen Analogien umgesehen
es anging, im Auge behalten. Das Kesultat di
Wanderung ergab, dass in unseren liildein orientalische und
hellenistische Elemente, friedlich vereinigt, zusammenwirken
und durch ihre vom Usus sanktionierten Mittel die eigentümliche
Wirkung hervorbringen.
Die orientalischen Elemente sind keine Originale mehr,
sondern erscheinen Im griechischen Geiste geläutert und
geschmeidig gemacht: sie sind latent und immanent, .iber
<ieullich und unzweifelhaft.
Den weitaus bedeutenderen Anteil an der Lieferung von
\'orbildem und Analogien fällt aber der hellenistischen Kunst
zu. Kompositionsformeln und Details fanden wir dort; vom
ornamentalen Elemente bis zur vollendetsten l-orni der Proskynese,
von der Kleidung bis zur Körpergeste lieferte sie
Beispiele, Analogien und Belege.
fnd doch sind unsere Darstellungen anders als die
W'andgemälde von Pompeji, sie sprechen eine witzigere aber
umständlichere Sprache, als die Bilder über den Miirt>-rergräbern:
die römischen Mosaike erscheinen in ihrer ai'isge-
«licheneii Grösse eintönig gegen diese strahlenden Farbcnphanlasien,
die s|);itTÖmischen Reliefs faflen in Ihrer düsteren
ScJiwerrälllgkeit ganz ab; trotzdem sie mitunter dieselben
Geschichten erzählen, möchte man sie nicht erkennen, Unser
Dioskurideskodex liisst sich mit keiner Miniaturhandschrift
,<ut vergleichen: Einzelheiten mögen mehrere bieten, eine
solche GesammUvirckung (Inden mr nicht. Das nächststehende
Werk, die Wiener Genesis, entfernt sich durch das purpurgetrankte
Pergamcni und durch das Wesen des blldkünsllerischen
Inhaltes von ihm; wewol sie technisch tiefer steht,
bietet sie viel mehr selbsiständlge liriindung. auch dann
natüriich, wenn sie erst aus zvceiter Hand berichtet. Auf eben
solche und noch suirker betonte Unterschiede gelangen wir
auch beim übrigen Material.
l'berblicken mr all' das Gesagte, ergibt sich für die
Stellung des Dioskurldes, dass er ein hauptsächlich auf Vorn
Kunst aufgebautes Bild-
!t, welches durch se
durch die griechische Formensprache, durch die l^-irbe. <lurch
die Verwendung des Goldes und durch die pompös-breite
Einleittmg als der konstantinopler Hofathmosphäre entstammend
bezeichnet wird.
Ich habe das Wort >byzantlnisch< absichtlich vermieden,
l.'nser Buch vereinigt zwar hauptsächlrch hellenistische Motive
tnid Vorlagen; nichtsdestoweniger kann es als >klassi.sch<
odci- >htllen!slisch< nicht angesprochen werden. Es hat In den
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