h Oer ^ sellisi kiinian wir ebenbürtige
Vorlliiifcr unserer Dioskuridesbilder linden. ;
Vossianiis zu LcmiIch (4» n. 38), wo Oas TUelbild zu Tercnz'
Andria einen Mann (Terenz?) zwischen zwei wciblicheii Gestallen
sit;!entl zrIjjU einer derselben isl er im Gesjjnieh.
wahrend die andere sinnend das Kinn mii der Maiid stülzt.
Uiiil den Prolog ¿a demselben Stücke schmückl ein Bild, in
dem man einen Sdireiber uikI den ilim diktierenden Dichter
si<-hL - eine Darstellung, win sie idealisiert auf unserem
/weiten Dioskuridtsbildt: sich wiederholt '). Audi der altere
Vatikanische Vergil gehört mit seiner Didoszene hierher •).
In der christlichen Miiiiatunnalerti ist die Josuarolle =} reich
an solchen Delailszenen, die in der frühmittelalterlichen Buchmalerei,
2. ß. ir einer montucassincnsischen Benediktszene,
wiederkehren •). Ja. sie sclieineii noch im tieferen Miuelalter
ziihe fortvegellert zu haben, wie uns eine Kopie des XIII.
Jhdts. im Kod. 53 der Wiener Hofbibliothek, einen Arzt
darstellend, der von der Xalur ihre Gaben empfängt, zu
beweisen scheint. Die Vorlag« dazu dürfte mit unseren
Dioskuridesbildern gleichaltrig gewesen, jedenfalls aber aus
demselben ICulturmilieu her\'orgsgangen sein '). In der byzantinischen
Kunst linden wir beinahe ein halbes Jahrtausend
später noch immer das Verständniss für diese Typen, wonir
der berühmte I'arisei- Psalter (n, I3q). der auch nach alten
Vorlagen, wenn nicht direkt kopiert, so docli komponiert ist,
das beste Ueispiel liefen').
Wnr haben somit an der Hand des Materials die zusammenluingen<
le historisclie Entfaltung der Koraposilion>'formel unserer
Dioskuridesbilder im Allgemeinen konstatiert.
Aber selbst bei Einzelheiten hat der Künstler zn alten
Typen gegrilTen. Der einfache architektonische Hintergrund
des ersten Dioskuridesbildes ist auf hellenisüselten Rdiefs.
auf Mosaikbildem, Wandmalereien und Miniaturen — ich
verweise auf die -Wiener Genesis — so oft vorgebildet, dass
es wol überflüssig ist, die Belege einzeln aufzuzählen. In den
oben angeführten Analogien lernten wir auch solche für die
Figur des Dioskurides speziell kennen; sie ist den Dichterund
Philosophen typen nahe verwandt und aus deren Gruppe
hervorgegangen. Der Künstler hat cigenilich nur die Bewegung
dos rechten Armes der Situ.ation entsprechend gestaltet,
während alle anderen Bewegungs- und .\ktmotive luf Vorbilder
zurückgehen, aber in der l'ormensprache der Entstehungszeit
zum Ausdrucke gelangen. Die Heuresis hat ihrt^
Vorläuferinnen in den Musenhildem sowie inspirierenden Göttinnen
und I'Vauen der herangezogenen Analogien. Nach
.-\jnalov erscheint sie als L'rania in einer .Aratoskopie des
12. Jahrhunderts '), ."ilso auch wieder inspirierend.
'1 Codicet gracc! et (alini pholoEmiiliice dc|>icli, Toiri. VIII,, Tat. jX.
') Der h. Benedikt lllierrcic)!! dem Able Jolinnrn
Wiener Genesis, p-
'I Mieliel, Iii»,
l^lligorie de I'Elt
t n.cgi,ch, die Angaben
348
Ihre .\ktstellung ist sehr gewöhnlich und in der antiken
Kunst unzlihligemale zu finilen. Die vorgestreckte Ueclite mit
der Mandragorapllanze ist für den speziellen Kall unseres
Bildes gestaltet, ebenso die auf den I lund hinahweisende
Linke, wenngleicli sich verwandte Akte auch vorgebildet
linden, wie z. B. am oben besprochenen Sarkophag aus dem
Ghetto von Rom und auf dem Mittelstüoke des Bre>claner
Keliiiuiars, welch' letzterer Fall übrigens ganz iihnlich verlier
verendende Hund allein ist in dieser .Stellung in der
iilteren Kunst nicht nachweisbar uikI dürfte unsere Miniatur
unter die friihesten Quellen für diesen Tierakt gehören, wenn
sie nicht die erste überhaupt ist. die uns erhallen bliol) ').
Ob aber der Künstler diesen Hund nach eigener Xaturbeobacluung
malle, oder ob ihm tloch nicht ältere Bilder
oder \'orlagen zu Gebote waren, ist natüriicli nicht zu entscheiden,
doch ist dos I^etztere glaubwürdiger. Denn est ist
schwer anzunehmen, das.s dei- Künstler den Vorgang, •
hat. nach längerer Zeit isch I
trelTend wiedergeben konnte: noch unwahrscheinlicher ist es.
da.ss er ihn für den Zweck der Miniatur studieren konnte-
L'nd natüriich ist der .Akt, sodass er auf Autopsie beruhen
mti.ss. Doch ist ein solches Cbi-rstürzen des Tieres nach
Kückwärts nur möglich, wenn es in raschem Laufe tödtlich
getroffen wird: liie Wirkung iles .-Mraiins ist nach den abergläubischen
Vorstellungen der ."yten jedoch einer \'orgiftiing
ähnlich, wobei sich der Hund nicht überkollert, sondera auf
die .Seite legi. .Allerdings wäre es möglich, dass der Künsder
einen solchen Fall im Auge gehabt ii.ätto. Ihn aber absichtlich
oder missversländlich in vertikaler Stellung zeichnete. Tiifft
dieses zu. dann dürfen wir mit grosser Wahrscheinlichkeit
auf die direkte, aber falsch reflektierte Nachbildung einer
X'oriage schliessen. In jedem Falle werden wir aber konstatieren
müssen, das der .-Vkt an und für sich auf guter Naturbeobachtung
beruht, dass er aber auf dem Bilde unrichtig
Die Kleidung ist noch entschieden klassisch, doch in
der Auffassung und mit dem künstlerischen .Apparat einer
Zeit, in der sich zivei Richtungen zu durchdringen beginnen,
dargestellt: doch ist am Chiton des Dioskurides der neue
Zug weit weniger bemerkbar, ab bei der Heuresis. Dic-se
hat der Künstler, um sie als eine höhere Erscheinung zu
charakterisieren, in GoldstolT gekleidet und sich eines Mittels
bedient, den die vorangehende Kunst nicht kennu Der Mantel
ist wol gewöhnlich, seine rote Farbe Jedoch mehr aus künstlerischen
als sj'mbolischen Gründen angewendet: er soll einen
hervorstechenden Ton in den Farbenakkord des Bildes bringen.
Den Lehnsessel haben wir in sehr wenig abweichender
Gestalt bereit-s auf einem römischen Relief von .\"eumagen
sowie auf der Florentiner Elfenbeinpyxls kon.statieren können.
Eine ähnliche I'orm zeigt der Rossaiiensi.s '), die gleiche,
wie in uns<irem Bilde, hat die Wiener Genesis dreimal
(Fol. 15", igi;, 20^), nur roh und verständnisslos gemalt ').
Die Mandragorapflanze in der Hand der Heuresis vermittelt
uns einen Begriff, wie sie auf ilen nun zwischen
3. Durgcstelll im Snpliirn
249
Fol. 226 und 227 fehlenden Blättern ausgeseh
Sie stimmt nämlich mit den beiden, in der etw
Dioskurideshandschrift der k.k. Hofbibliothek, !•'
erhaltenen Mandragorabildem '). Dieser Umstand beweist
wieder, dass der Künstler selbst in solchen Nebensädilichkeiten
haben rauss.
jüngeren
nach Vorlagen arbeitete.
Auch der Rahmen mit seinem Rautenmuster ist sicheriich
kerne Erfindimg des Miiiiators, sondern steht mit altorienalischen
. Ein
schöncs Reispiel besitzen wir im Inkrustatioi
woselbst das Ilautenmotiv als Flachenmuster und im Gerahm
darum ganz ähnlich vei-wendet ist, wie in unserer Miniatur«).
.\uf klassischen Mosaiken kehrt es wieder, wie auf dem
l'aviment von NImes'): ihre Reihe schliesst in der Markusbasilika
zu Venedig')- In der Miniaturmalerei ist eine
schlagende Analogie im Wiener Rulinuskodex, ebenfalls als
Rahmenmuster in derselben Kolorierung verwendet, zu nennen').
Xach dem letztgenannten Falle dürfen mr urteilen,
da.ss etwa zu Beginn des 6. Jahrhunderts das Rautenmotiv
als stehendes Muster für omamentale Umrahmungen in der
Miniaturmalerei eingeführt war.
Der Maler hat in der männlichen Figur Dioskurides dargestellt,
oder hatte wenigstens die Absicht, es zu tun, wie
die Beischrift bezeugt. Ebenso ist die weibliche Gestalt
boischriftlich benannt. Wie schon angedeutet«). personifiziert
sie den regen Spürsinn des Arztes, mit dessen Hilfe es ihm
gelang, der AVunderpflanze habhaft zu werden, ohne dabei
Schaden zu erleiden. Er liisst den Hund die Pflanze entwurzeln
und daran verenden; dadurch kommt aber der Alraun in seine
Gewalt beliufs wissenschaftJidicr Untersuchung und Verwertung,
welche, wie wir sehen werden, Gegenstanil des zweiten
Dioskuridesbildes Lst-
Freilich ist hiebei eine scheinbare Schwierigkeit zu überwinden.
V. Premerstein macht (p. 60) darauf aufmerksam,
dass Dioskurides den .Mraun wol behandelt, die Fabel über
seine Gewinnung und Wirkung aber nicht kennt, beziehungsweise
nicht erwähnt. Aus diesem Grunde schliesst er auf ein
Portr.ät des Krateuas"). Er wäre ja nicht unmöglich, dass
dem Miniator ein solches Krateuasbild vorgelegen wäre, in
welchem er den Dargestellten dann einfach umgetauscht hStte.
Allein das Bildnis hat mit den Gesichtszügen des Krateuas in
der Galenosgruppe keine, mit Jenen des Xigros der Cheirongnippe
entsdiiedene Ähnlichkeit. Und wenn das auch nicht
der Fall waro, so wissen wir, dass der Maler auch unter
diesen Zügen Dioskurides meinte, es somit in seiner Kritiklosigkeit
gut vereinbar fand, ihm die Kenntnis der Mandragorafabel
zuschreiben zu können. Ich glaube, dass sogar
ein gut Stück Logik dahinter steckt. Hier stellte er die fabelhafte
.\rt der Gewinnung, die durch angeborenes Talent und
ausgebildeten Spürsinn ermöglicht \vurde, im zweiten Bilde
den Gegensatz, die .streng wissenschaftliche Ausbeutung
des Fundes. Die Fabel war damals eben allgemein bekannt,
er jüngere etu'n dem 7. Jnhrlnindcfl nngcl
I, Fig. 52j8.
di S, Mnrco,
in: Jntirbi.eli c
an, dass Dioskurides sie
It er dem Leser entgegennoch
einen fesselnden Zug
und der Künstler nahm einfadi
ebenfalls kennen müsse; damit is
gekommen und hat in sein Bild
des Wunderbaren einverleibt.
Das zweite Dioskuridesbild enthält noch mehr selbstständige
Züge als das erste. Er ist, wie dieses, für unser Buch komponiert
und steht mit ihm in noch engerem Verhaltni.ssc. In
seiner Zusammenstellung des Gegenständlichen steht es vereinzelt
da. Die Einzelheiten aber stützen sich auch hier auf
typische Vorbildungen.
Die in dem Luftraum hängenden Guirianden sind in tig:r
hellenistischen Reliefkunst früh heimisch. Wii- haben sie auf
dem Menanderrelief beobachtet und finden sie aufdtOT Wiener
Brunnenrelief'¡: eben.so kommen sie auf christlidien Sarkophagen
namentlich auf Jenen vor, die unter den! Einflüsse
des Ostens entstanden sind «), Auf pompejanischen Wandmalereien
sind sie besonders häutig imd auch auf dmstlichen
Katakombengemälden erscheinen sie. sehr oflais überhängendes
Astwerk oder zu Flächenmuster vervielfacht; doch fehlt es
auch hier an tj-pischen Guirianden nicht, wie z. B. in S Gennaro
zu Neapel»).
In der älteren Miniaturmalerei bietet die schon oben
herangezogene Szene mit der kumäisdien Sibj^lle. /\enea.s,
Achates und dem mit Guirianden geschmückten Tempel') das
trefflichste Beispiel. Für das Gebiet der späteren Kleinplastik
SCI auf die Konsulardipt>'cha vorwiesen, aus welchen da.s
Diptychon des Lampadius als besonders charakteristisches
Beispiel hervorgehoben sei»),
Gleichemiassen ist die dreiteilige .Architektur des I-lintergnindes
mit betonter Mitte in der klassischen und späteren
Kunst beliebt und kehrt auf den Monumenten immer wieder.
Ein Relief im Louvre zeigt einen solchen Hintergrund; vor
dem giebelbedachten MittelteU ist Homer als Hauptperson
dargestellt; zu seiner Rechten die Was, zur Linken die
Odyssee «). Ähnliche Architekturen sind auf dem Neptunrelief
im Louvre ') und auf dem Puttirelief in S. Vitale in
Ravenna '), In der jüngeren Kleinplastik bietet das oben
herangezogene Lampadiusdiptychon ein vortreffliches Analogon
Die.se Úbung, den Hintergrun.l durch eine dreiteilige
Architektur abzuscliliessen. bleibt auch beinahe unverändert
der christlichen Kunst, wie das durch die Altarschrankenskulpturen
in S. .Marco und andere belegt
werden kann.
.•\uch die Malerei konnte dieses Mittels nicht entraten:
die Darstellungen auf pompejanischen Wandgemälden erhalten
refon aberw ilich der
•r allerd
. neucrdingi in seiner grossen l>ubllba<(an: l
nuf die vorzagliciiun A
') Scìuiltzc, Die QiiWlinburí
di S. Marco, Pon V., (Dclagli,
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