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Da unser fossiles Holz mit den generiscli charaklerischen Eigentliiimlichkeilen der jelzl, lebenden Birken versehen
ist und namentlich auch der Bau der an ihm noch wohl erhaltenen Rinde auf dieselbe Abstammung hinweist,
so hielten wir uns für berechtigt, es zu der Gattung Betula zu zählen, nur in der Endigung diesen Namen,
um das fossile Vorkommen zu bezeichnen, in B e t u l i n i um umändernd. Unter dieses Genus (Betulinium)
hat schon ü n g e r , der Begründer desselben, vor mehr als 1 2 Jahren, (Endl. gen. plant. Suppl. II. pag. 101)
eine andere Speeles (Betulinium tenerum) aus der Tertiärformation bei Freisladt in Oeslreich aufgenommen.
Seine Beschreibung der fossilen Gattung stimmt jedoch nicht völhg mit der, von der lebenden überein, nähert
sich jedoch mehr unserer fossilen Speeles, so dass die Differenzen, welche wie aus dem Folgenden hervorgehen
wird, nicht sehr wesentlich erscheinen, vielleicht auf eine Modification des vorwelüichen Typus hindeulen. In
jedem Fall dürfte die Beschreibung unserer Speeles auch eine Vervollständigung des Charakters der fossilen
Gattung sein, weshalb sie auch ausführlicher, als wie es sonst nöthig gewesen wäre, ausgeführt worden ist.
handensein von Holzparenchynizellen, durch die Grösse, Zahl und Gruppirung der Gefässe, sowie durch die Beschaffenheit
der Marlcslrahlen.
I . AMERIKANISCHE BIRKEN.
. Gefasse minder zahlreich, zu 2 — 4 bei einander, Holzparenchyin reichlich vorhanden.
B e t u l a carpinifolia Miohx. Holzparenchynizellen netzförmig verbunden, durch die ganze Jahressohichl verbreitet;
Gefiisse zu 2 — 4-, am Schluss des Jahres gar nicht vorhanden.
B e t u l a latifolia Tausch. (Flora t838. I l .pag. 751 — 7 5 2 ) Holzparenchym ähnlich verlheilt; Gefässe zu 2 — 3 ,
seltner zu mehr bei einander, Markslrahlen 1 — 2 , selten 3-lagerig.
I I . GERONTOGÄISCHE BIRKEN.
Gefässe zahlreich oder wenn spärlich, von grösserem Umfange; Holzparenchymzellen vereinzelt, spärlich.
B e t u l a Erniani Chamiss. Gefässe meist einzeln, seltner zu 2 — 3 , sehr gross; Markstrahlen sehr häufig, öfter
2 — 3 als t-lagerig.
(Diese sowie die folgende Species sollen auch in den nordameril;anisch russischen Besitzungen vorkommen).
B e t u l a nana L. Gefässe zahlreich, zu 2 — 1 0 in radialen Gruppen bei einander, Markslrahlen fast immer einlagerig,
Holzparenchymzellen sehr spärlich.
B e t u l a humilis Schrank. Gelasse sehr zahlreich, klein, zu 4.,— 8 bei einander; Markstrahlen zahlreich, fein, meist
einlagerig. Die scheinbar vorkommenden grossen Markstrahlen sind, wie bei A l n u s incana
und Corylus Avellana, radiale Streifen mehr lockeren, an Gefässen sehr armen
Zellgewebes, von dicht bei einander liegenden, meist einlagerigen Markstrahlen durchzogen.
B e t u l a dahurica Pallas. Holzzellen dickwandig, Gefässe und MarLstrahlen wie bei B. E rma n i , dagegen die Rinde
ausgezeichnet durch das längs und quer abblätternde, am Stamm in diesem Zustande lange
haftende, aschgraue Periderma mit kleinen zahlreichen Lenlicellen Die Zellen des Periderma
porös.
B e t u l a alba L. Gefässe zahlreich, zu 2 — 4 , nicht selten auch 10 — 2 0 in Gruppen bei einander; Marksti'ahlen sehr
zahlreich, meist 2—3-lagerig, 2 — 10-slöckig; Holzparenchymzellen vereinzelt, nicht
häufig. ,
Die Jahresringe bei allen diesen Arten sind im Allgemeinen mit unbewaffnetem Auge wenig deutlich und betragen
in den Jahren kräftigen Wuchses kaum 3 — 6 MM, in höherem Alter und bei hochnordischem Vorkommen oder in
Geb rgsgegenden kaum 1 MM.
lieber mehrere andere von mir untersuchte Arien, unter denen einige sehr ausgezeichnet waren, darf ich meine
Beobachtungen nicht veröffentlichen, da es mir nicht mehr möglich war, mich von der Richtigkeit der systematischen
Bestimmung zu überzeugen. Zu den Angeführten sind noch ein paar Bemerkungen hinzuzufügen.
Das von mir untersuchte Stammstück von B e t u l a Ermani verdanke ich nebst darauf bezüglichen Angaben, meinem
Freunde Dr. H. T i l i n g , welcher es einem Baume in der Umgebung von A j a n , dem ncnangelegten Hafen der russ.-
amerikanischen Conipagnie, circa 3 0 0 Werst südwestlich von O c h o t z k , entnommen hat. Diese au,sgezeichnete Speeles erreicht
in jener Gegend eine Höhe von 2 0 — 3 0 Fuss, bei einem Durchmesser dicht am Boden von 12 — 1 3 " . Sie wächst nie
senkrecht aufwärts, sondern steigt mehr strauchartig, schräg hin und hergebogen empor, meist 2 — 3 Stämme aus einer
Wurzel treibend oder bald über dem Boden sich verzweigend, daher der eigentliche Stamm, nie höher als 6 — 7 Fuss
ist. Das Holz ist fest, etwas ins Bräunliche gefärbt und dient wegen seiner Dauerhaftigkeit vorzüglich zu Mcubles, die
eine schöne Politur erhalten können. Mir erscheint bezeichnend für die Wachsthums-und klimiitischen Verhältnisse dieser
Species die Betrachtung der Jahresringe unseres Stammstücks. Auf seinem grössteii Radius von 0 , 0 7 5 M. wurden 131
Jahresringe gezählt, welche in folgendem Verhältniss zu einander standen:
Es muss auffallen, dass ü n g e r in denGattungscharakler von Betul inium die allen lebenden Birkenarten,
sowie auch der von ihm und der von mir bescliriebcnen fossilen Species, eigenIhümlichen leiterförmigcn Durchbrechungen
der Gefässscheidewände nicht aufgenommen hat; ferner werden von ünger als für die fossile Gattung
bezeichnend «vasa impleta» angegeben, was, soviel ich erfahren, bei den lebenden Arten niemals der Fall
ist, endlich sollen die Holzzellen, numerosae, septatae, leptotichae» sein. Was die erste dieser drei letzten
Bezeichnungen als Gattungsmerkmal bedeuten soll, ist mir nicht verständlich, dagegen die ZAveite «septatae»
nur auf Zellen des Holzparenchyms, dessen ü n g e r aber sonst nicht erwähnt und die ich auch an Betul inium
r o s s i c um nicht mit Sicherheit wahrgenommen habe, bezogen werden könnte; drittens gibt « leptot ichae» eine
Eigenschalt an, welche sich weder an allen lebenden noch fossilen Arten bewähren dürfte. Ich mache diese
Ausstellungen an ü-nger's Diagnose von B e t u l i n i um, nicht um ihre Mangelhaftigkeit darzuthun, denn ich weiss
Vom Mark aus auf den ersten 15
auf den nächst folgenden 7 MM.
MM.
MM.
I i i
. befanden sich 21 Jahresringe,
« « 6 «
« « 3 «
5 | - MM.
1 2 i MM.
19 MM.
7
2 3
6 3
Es ergab sich aus diesen Messungen, dass die Dicke der Jahresringe in den letzten 6 3 Jahren des Wach.sthums,
also im Alter von 6 8 — 1 3 1 Jahren, zusammengenommen, fast ebensoviel beträgt als in den ersten 21 Jahren (das Mark
hinzugerechnet), dass die dicksten Holzschichten (1 — 2 MM) im ersten Jugendalter des Baumes, die gleichmässigsten,
aber viel schmälern, in den dreissiger Jahren, die allerdünnsten, nicht seilen nur aus 7 — 9 Holzzellen (auf dem Radius)
bestehenden in den aller letzten Jahren gebildet wurden. Ausserdem wurde weder ein regelmässiges Steigen, noch Fallen
in den Dimensionen der benachbarten Schichten und diese überhaupt nur vermittelst der Lupe wahrgenommen — Verhältnisse,
die wohl hauptsächlich ihren Grund in der Unbeständigkeit des Klima und der kurzen Dauer (c. i Monate) der
1 — 1^ Fu,ss. Die
Vegetaüon in jenen Gegenden haben.
Von Betul a dahurica Pall. lagen mir von Turczanninow in Dahurien gesammelte und von einem im hie.sigen
Garten angepflanzten Baume genommene Abschnitte zur Untersuchung vor. Diese Species, welche auch vorzüglich dem
äussersten gebirgigen Osten Sibiriens eigen ist, stimmt mit der vorigen im Holze sehr überein, unterscheidet sich aber
leicht durch die oben beschriebene Rinde. Sie kömmt meist auf steinigem Boden, in lockeren Beständen, von Nertschin.sk
bis 150 Werst nach Osten vor, erreicht eine Höhe von 4-0 Fuss bei einem Stamnidurchmesser von
Jahresschichten sind mit unbewaffnetem Auge schwer zu erkennen.
Von Betula alba wurden Stamm, Zweige und Wurzeln untersucht, desgleichen zur Vergleichung Holz aus den
äussersten Jahresschichten eines 153 Jahr alten Baumes von 0 , 4 5 M. Durchmesser und eines andern von c. 130 Jahr
mit 0,61 M. im Durchmesser. In Stamm und Zweigen desselben Baumes fan_d ich keinen wesentlichen Unterschied in der
anatomischen Beschaffenheit; sehr altes Holz, wie von obigem Stamme, schien gewöhnlich ärmer an Gefässen, aber reicher
an Markstrahlen zu sein, dagegen besteht die Wurzel, wahrscheinlich bei allen Bäumen, wenn nicht Hemmungsbildungen
eintreten, aus einem viel lockeren, fast schwammigen, nur wenig verholzten Gewebe und ist auffallend reich an Gefässen;
ihre Jahresringe sind wenig sichtbar, die Markstrahlen nicht so zahlreich, und der Markkörper viel kleiner als im Stamme.
Ein eigenthfimlicher Wachslhumsprocess kommt nicht selten, namentlich an jungen Stämmen der Weissbirke bei
uns vor, worauf mich Herr Oberlehrer Bode im Forstcorps aufmerksam gemacht hat. Die äusserste Splintlage, also die zarteste
und saflrcichste Holzschicht, Avird von der Made eines Käfers (?) bewohnt und von ihr ringsum tief benagt, so dass sie
zahlreiche ziemlich flach an der Peripherie des Stammes von unten nach oben sich erstreckende, mit einander verschlungene,
im Umfange tialbfyliudrische Bohrgänge hinterlässt. Alljährlich und allmälig vernarben aber diese Wunden durch
eine abnorme Zellenbildung, welche von den Markstrahlen, durch das Insekt auch verietzt, auszugehen scheint, und füllen
sich mit einem unregelmä.ssig gruppirten Zellgewebe aus, welches aus stark verdickten und porösen Zellen, ähnlich denen
des Markstrahls, nur viel mannichfaltiger in der Form, aber mit ihnen zusammenhängend, besteht. Das Holz erhält dadurch,
wenn solche Narben zahlreich \orhandcn sind, ein geflecktes, maseriges Ansehen. Die echte Maserbildung, bei der Birke
so gewiihnlich, hat jedoch einen andern Ursprung. Sie besteht in einer sehr üppigen Anlage, aber dürftigen Entwicklung
zahlreicher, nahe beisammenstehender Adventivknospen, durch Verletzung des Stammes oder lokale Hemmung im regelmässigen
Wachsllium entstanden, welche mü einander verwachsen und die Regelniässigkeit der Holzschicht, in welcher
sie entstanden, störend, nieist nur einige Jahre ein dürftiges Wachsthum fortsetzen. Das geflammte Anscheu des ma.serlgcn
Holzes rührt von den unregelmässig abgelagerten und mit einander verwachsenen Holzschichtpn dieser allmälig absterbenden
Knofpenbrut her. Die bei uns sogenannte karelische Birke (aus Finnland) zeichnet sich durch ihr festeres Holz
mit Maserbilduiig aus. Sie wächst auf si hr .steinigem Boden.