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mitgetheilt sind, andere im Folgenden bei den fossilen Hölzern selbst in Betracht genommen werden. Die Reisenden
begnügten sich in damaliger Zeit die Fundorte der meist unter dem Namen Holzstein oder bitmninöses
Holz aufgefundenen, irgend wie ausgezeichneteren Stücke zu notiren, diese selbst wohl auch etwas näher zu
bezeichnen und einen Theil den Sammlungen einzuverleiben, wo sie jet^t, oft der Bezeichnung über ihren
Ursprung entbehrend, nicht wieder erkannt werden, und nur sehen eine genauere Untersuchung erfahren haben.
Die meisten derartigen Angaben beziehen sich auf Ortschaften an der Wolga, auf die Abhänge des mittlem Urals,
auf einige südliche Gouvernements, auf die Gebirgszüge des Altai und auf die Flussgebiete des Jenisei und der
Lena. Die Kohlenformation, die später als permsche bezeichnete Schichtenbildung vom Ural nach Westen sich
erstreckend, die zahlreichen Erzgruben hierselbst sowie in Sibirien, endlich die nahe der Oberfläche liegenden,
vorzüglich an fossilen Coniferen reichen Aufschüttungen waren es, welchen schon damals die meisten fossilen
Pflanzenroste entnommen wurden. Was der höchste Norden und äusserste Osten des Reichs an solchen Schätzen
zu liefern verspricht, haben erst in neuester Zeit unermüdliche kühne Reisende sicherer nachgewiesen.
Während auch in Russland dei; Beginn der fossilen Botanik sich in Aufsammhmg und äusserer Unterscheidung
des ihr angehörigen Materials beurkundete, wurde dasselbe durch die damals schon geläuterten, paläontologischen
Begrifl'e des Westens rascher in ein wissenschaftliches Licht gestellt, und es vervollständigten sich in
kurzer Zeit die unter dem Schutz der Regierung von gelehrten Corporationen gepflegten Sammlungen. Als die
älteste, aus j e n e r Zeit stammende, muss das mineralogische Museum der Akademie der Wissenschaften zu St.
Petersburg'" , genannt werden, für welches die Petrefakten, von vielen wssenschaftlichen Reisen") mitgebracht,
bestimmt waren. Reicher an solchen, wenngleich jüngeren Ursprungs'"), ist die Sammlung des hiesigen
Bergcorps, aber an Zahl und Pracht ihrer Exemplare alle übrigen übertreffend.
Zur Zeit der wissenschaftlichen Begründung einer fossilen Flora durch Graf C. S t e r n b e r g (1821) waren,
wie aus dem Obigen hervorgebt, in Russland schon sehr bedeutende Schätze, welche zu ihrer Entwicklung
wesentlich beitragen konnten, zu Tage gefordert worden, doch harreten sie noch der Verwerthung. Wie viel
bis jetzt für dieselbe geschehen, in wie weit der neue Stand der Wissenschaft auch bei uns berücksichtigt
worden und mit welchem Masstabe die Palaeophytologie in Riissland bemessen werden muss, wird sich aus dem
Folgenden ergeben.
Mit Gründung der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg, welcher erst später die, von Universitäten
folgte, hängt die wissenschaftliche Erforschung Russlands nach allen seinen physischen und organischen
Beständen innig zusammen. Von ihr aus wurde in kürzester Zeit ein Netz ineinandergreifender Untersuchungen
über die Natur des grossen Reichs ausgebreitet und bald reiche Ausbeute ans Licht gebracht. Wie unzureichend
aber selbst der Zeitraum von 200 Jahren bei verdoppelten Kräften für die Bearbeitung eines so ungeheuren, so
verschiedenartigen und oft so schwer zugänglichen Gebietes gewesen wäre, lehrt jeder Blick auf kleinere, schon
länger im Besitz der Cultur sich befindliche Länder, beantwortet der Umfang, welchen die Naturwissenschaften
in der Neuzeit erreicht haben. Die natürliche Folge war daher, dass bestimmte Zweige rascher und reicher
erblühten, und dass die näherliegenden zuerst in Aufnahme kamen. Für die Botanik gilt das Gesagte in hohem
Grade, denn ihre Forschungen haben si<säi mit enormer Sehnelle über den Erdkreis ausgedehnt und sind ihrem
Zwecke nach so mannichfaltig, dass für den Einzelnen, wenn er der Wissenschaft förderlich sein will, es jetzt
nicht mehr möglich ist, alle mit gleichem Erfolge fortzusetzen. Auf die lebende Flora Russlands, als der näherliegenden,
concentrirten sich daher von Anfang die botanischen Forscher und durch ihr rastloses Wirken sind
nicht allein Lokalfloren einzelner, oft sehr fern liegender Länderstriche, sondern auch eine Gesammtflora des
Folgenden Cupressinoxylon Brewerni). — Bemerliungen zu einer Reise indiesiidl. Statlhallerscliaflen desruss. Reichs
in d. Jahren 1794- und 1797. Leipzig 1799 — 1801, pag. 227, 24-0.
Eichwald: JlajieoHTO.qoria Poecin 1850 erwätmt pag. 13 eines mächtigen versteinerten Urwaldes mit eingewur-
' zelten Stämmen in d. Umgegend v. Mohilew.
Eichwald: reoruosifi 184.6. pag. 4-99. «30 Faden mächtige Schichten (zum Jura gehörig) mit verkohlten und verliiesellen
Stämmen, nach Hedenström selbst ganze Berge bildend, finden sich in Neu-Sihirien und den nahegelegenen
Inseln«.
Durch den Aukauf des Kabinets des Dr. Gottwald in Danzig 1716 begründet und 1725 der Akademie übergeben.
In neuester Zeit sind einige Pflanzenversteinerungen dem botanischen Museum, von Trinius 1824 errichtet, einverleibt
worden, wohin sie eigentlich gehören.
" ) Vorzüglich Messerschmidt's und des älteren Gmelin.
Im Jahre 1772 angelegt. Diese Angaben finden sich in Georgi: Geograph. phy.sik, Beschreibung des russisch.
Reiches. Bd. III. Seite 100 — 101. Königsberg 1798.
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ganzen russischen Reichs zu Stande gebracht worden. So natürlich diese Richtung der botanischen Arbeiten in
Russland auch war, so förderhch konnten sie erst später für die Erforschung der fossilen Flora daselbst werden;
denn diese setzt die Kenntniss der lebenden voraus. Eine gleichzeitige Bearbeitung Beider gestatteten die sparsam
zugemessenen Kräfte noch nicht. In Erwägung dieser Verhältnisse leuchtet ein, wie viel wir von der
Ctiltur eines so jungen Zweiges der Botanik, der Palaeophytologie, dessen Früchte nur langsam reifen, in Russland
schon jetzt zu erwarten berechtigt sind.
In der That, verfolgt man die Bestrebungen, welche die fossilen Pflanzen Russlands zum Gegenstande
haben, so beurkundet sich wie neu und beschränkt dieser Kreis des Wissens bei uns noch ist. Dagegen ist die
Zoologie, wie in der Kenntniss der lebenden, so auch in der, von den vorweltlichen Geschöpfen, der Botanik
vorangeeilt und die meist wohlerhalteneren Ueberreste aus ihrer Sphäre gingen der Geologie früher als die
pflanzlichen leitend zur Hand; sie wiesen aber zugleich auf die grossen Lücken hin, welche in der Kenntniss
vorweltlichen Lebens entstehen, wenn nicht auch die Zeitgenossen der Thierwelt, die Pflanzen, ans Licht der
Wissenschaft gezogen würden. Es drängte sich daher zunächst den, mit vorweltlicher Fauna beschäftigten Zoologen
der Wunsch auf, auch über das verschwisterte, untergegangene Reich Aufklärung zu verbreiten, und
so konnte daher bei dieser ungünstigen Vertheilung des sich reicbhch darbietenden Materials nur ein kleiner Theil
einer näheren Untersuchung unter^A'orfen werden, welche sich lediglich auf die, durch die äussere Form angedeuteten
Unterschiede bezog, für deren allseitige und richtige Prüfung aber eine umfassendere und doch specielle
Kenntniss der lebenden Pflanzenformen, wie sie nur von dem Botaniker von Fach verlangt werden kann, unerlässhch
erscheint. Den inländischen Zoologen, insbesondere den Herren Fischer von Wa l d h e im, Eichwald und
K u t o r g a gebührt das Verdienst, diesen schwierigen Theil der Botanik zuerst bei uns in Angriff genommen zu
haben, wenngleich schon früher einzelne russische Pflanzenversteinerungen von ausländischen Gelehrten'"),
beschrieben worden waren. Während so im Beginn des zweiten Viertels gegenwärtigen Jahrhunderts die fossi e
Botanik nur einige Lücken in palaeontologischen Schriften ausfüllen, überhaupt nur stiefmütterlich gepflegt werden
konnte, eröffnete sie uns doch den Blick auf das grosse Feld, welches noch der Bearbeitung harrte, auf die
wissenschaftlichen Früchte, die hier geerndtet werden können und unterstützte bald darauf die Geologie in wichtigen
Fragen, was namentlich bei Begründung der permschen Formation zur Geltung kam. Nach diesen ersten,
morphologisch-systematisirenden Versuchen, die sich hauptsächhch auf die fossilen Pflanzenabdrücke bezogen,
wurde später auch eine anatomisch-mikroskopische Untersuchung an fossilen Hölzern unternommen. Die Herren
Professoren Kutorga") und E i c hwa l d ' " ) waren auch hier die ersten, welche diesen schwierigeren, aber
sichern Weg zu ihrer Erforschung einschlugen, auf den Göppert früher, auch bei Bearbeitung russischen Mate^
ials, schon so nachdrucksvoll hingewiesen hatte").
Durch alle diese Bestrebungen, an denen, ausser den Genannten sich noch folgende Gelehrte des Inlandes,
die Herren Auerbach Fahrenkohl, Frears, Pusch und Rouillier^' ) betheiligten, sind wir im Lauf von
kaum 30 Jahren mit einer, in Betracht dessen, dass den oben Erwähnten vorzüglich die Zoologie Fachswissenschaft
war, nicht geringen Zahl fossiler Pflanzen Russlands bekannt geworden. Die im Jahre 1852 von mir entworfenen
Verzeichnisse derselben, in welche alle in Schriften nur erwähnten, oder mehr oder weniger ausführlich
beschriebenen, fossilen Pflanzen Russlands aufgenommen sind, wobei eine kritische Prüfung nicht durchgeführt
werden konnte, haben specieller den jetzigen Bestand unserer fossilen Flora bezeichnen, zugleich aber auch.
S t e r n b e r g : Versuch einer geognost. bot. Darstellung der Flora der Vorwelt. Prag 1820. S. 35. LepidoJepis
aus der Umgegend von Orenburg. Farrnabdrücke zu Katherinenburg in Permien von Director Fischer in Gorenki
erhalten.
'') Kutorga: Beitrag zur Palaeontologie Russlands (in d. Verhandl. der mineral. Gesellsch. zu St. Petersburg. 1842.
S. 1 — 3 5 . Tat. II. III.
Eichwald: IlajieoHTOJiorifl Pocciii. 1850. S. 252 — 257. Taf. XIV.
Göppert: Ueber ein in Volhynien gefundenes versteintes Holz, sowie über das Studium der versleinten Hölzer
überhaupt (in Erinan Archiv zur wissensch. Kunde von Russland. 1841. Bd. I. S. 493 Taf. II. Der hier beschriebene
P i n i t e s Eichwaldianus ist das erste anatomisch-mikroskopisch untersnehte, fossüe Holz aus Russland.
Dr. Auerbach ist vorzüglich mit geologischen Untersuchungen beschäftigt und besitzt namenüich eine genaue
Kenntniss der Schichten um Moskau. Ich verdanke ihm von daher eine sehr werthvolle Sendung fossiler Hölzer.
Die Schriften dieser und anderer Gelehrten, die zur Kenntniss der fossilen Flora in Russland beigetragen haben,
sind in dieser Schrift am Schluss des Conspectus erwähnt worden.
Enumeratio plant, foss., und später, Verzeichniss aller in Russland bis jetzt aufgefundener, beschriebener, unbeschriebener
oder zweifelhafter fossiler Pflanzen, in d. Mélanges physiques el chimiques de l'Academie des sciences à Si.
Petersbourg. J'ai. Novhr. 1852.