K lo b s giebt für diese Nerven, die er intramuskuläre Fasern nennt, 0,0003 Millim. Breite an. Aeste von
ähnlichen Durchmessern zweigen aber auch milunler von den schmäleren Formen solcher Fasern (von
0.0016 Millim. Breile) ab, welche unmittelbar aus doppeltconturirlen Nerven hervorgehen. Gewöhnlich
trelen dieselben von einer zwischen zwei Muskeln verlaufenden blassen Faser ab und nehmen einen
(lireclen Lauf nach dem rechts oder links gelegenen nächsten Muskclzug, in dem sie sich verzweigen.
Ihr uiigclhcillcr Verlauf ist dalier in den meisten Fällen ein ziemlich kurzer (Taf. VIII Fig. 3 ) und
nur milunlcr dehnt sich derselbe über beträchllicbcro Strecken aus (Taf. VIII Fig. 6 c). Die Fasern
sind ausserordcnilich zart, blass und durchsichtig und können in Präparaten, die nicht sehr sorgfältig
nach der oben angegebenen »Veise behandelt werden, gar nicht zur Ansicht gelangen. Mir wenigstens
ist nicht jedes Präparat so gelungen, dass sie slels gut hervorlralen; häufig sieht man dieselben nur
an einzelnen Slellen sehr dünner Muskclfascrschichlen, dagegen sind sie an dickeren Zügen nicht zu
erkennen. Im frischen Präparat mit Serum habe ich sic nie gesehen, während die früher beschriebenen
Formen unler günstigen »"erhällnissen auch dann wohl sichtbar sind.
In ihrem Verlauf sind diese Fasern starr, seilen findet sich in ihnen eine bedeutendere Abbeugung
nach Hechts oder Liuks, nie eine stärkere Schlängelung. An der Slelle, wo sie von einer blassen
Faser ablrelen, zeigt Icizlere meist eine geknickte und verbreiterte Slelle; niemals sab ich diese
Fasern varicös werden, sondern ihre Begrenzung Avar ganz geradlinig wie die der früher beschriebenen
Formen. Ist die Faser in der Nähe des »Iiiskelzugs, den sie versorgl, angekommen, so zeigt auch sie
wieder Theilungen und zwar sah ich dieselbe slels zunächst nur in zwei Aesle zerfallen. An der
Theiliingsstelle verbrcilcrt sie sich gewöhnlich elwas oder erscheint vielmehr knotig angeschwollen.
Jeder der Zweige Iheill sich kurz darauf ebenfalls und es finden sich dabei wieder solche Knötchen.
Dieser Vorgang scheint sich noch öfter zu wiederholen, ich habe jedoch nie mehr als 3 — 4 solcher
Theilungen übersehen können, da sich ihre Forlselzung gewöhnlich im Muskelgewebe verliert. Verfolgt
man eine solche Faser und siehl die abgehenden, zarlen Fäddien nicht, so scheint dieselbe ein
varicöses Aussehen zu haben; ich glaube jedoch nicht, dass diese Anschwellungen Varicositäten sind,
sondern dass dieselben kleinste Kernchen darslellen und als eine »Viederholung der grösseren in die
breiteren, blassen Fasern eingelagerten Kerufomien zu betrachten sind. Es spricht dafür der Umstand,
dass In den oben erwähnten blassen Faserformen driller Classe über grosse Strecken des Verlaufs
vor Abgabe von Seitcnäsicn sich keine »^aricosiläleii finden, Irolzdcm 'diese Fasern doch so ungemein
zart sind; dann aber spricht dafür auch weiter der Umstand, dass die Kernchen, welche sich bei der
Thcilung der feinsten Form finden, um so kleiner werden, je öfter sich die Tlieilung der Faser Avicdcr-
holt hal. Leber die Grössenverhällnisse dieser Kernchen und über die Breile der feinsten, durch Thcilung
der blassen Fasern driller Classe zu Slande kommenden zarleslen Nervenverzweigungen eine ganz
genaue Angabe zu machen, ist, wenigstens an einem Präparate vom Kanninchen, sehr schwierig, da
die Dimensionen so ungeheuer klein sind. Die durch die erste Tlieilung der blassen Faser dritter
Classe entstandenen Aeste mögen etwa 0,00015 iMillim. breit sein. Die Kernchen, welche slels oval
aussehen, sind beim (räcbligen Thiere etwa 0,00015 Millim. lang und nur 0,0002 Millim. breit. Viel
besser ist aber ihre Messung beim Menschen yorzunehmen, wo sie etwas grösser sind. Ich werde
darüber später Angaben machen. —
Diese feinsten Nervenäste trelen fiun, wio man sich an den dünnsten Muskelzügen der breilen
Multerbänder überzeugen kann, in die Kerne der Muskelfasern ein. Am deutlichsten siehl man dies
an denjenigen »luskelzellcn, welche am Rand von Muskclzügen liegen; man siehl dann oft feinste,
von einem Nerven driller Classe abgezweigle Nervenäslchen in zwei, drei neJieii einander liegende
Muskelkerne einlreten (siche Taf. VIII Fig. 7). —
Um diese Verhällnisse jedoch genauer zu erforschen, ist zuiiächsl eine genaue Unlcrsuchung der
glatten Muskelfasern nölhig, deren Slnicturvcrhältnissc, wie wir selien werden, bisher noch lange nicht
vollständig genug dargeslellt sind, deren genaueste Kennlniss aber von grösser »Vicliligkeit isl, wenn
die Nervenendigung in ihnen demonslrirl werden soll.
Die Fasern, welche ich als Nerven ilrillcr Classe hcscliriehcn liahc und deren nervöse Naliir durcli
dio genaue Veriblgimg ihres Ursprungs vollkommen feslgeslelll ist, hal B e a I e in der früher erwähnten
Arheit, also im Jahre 18G1 sehen, von der Blase heschrieben, ja, er gieht sogar eine Abbildung davon; er
zeichnet selbst Aesle, welche von diesen feinsten Fasern abgelicn und kleine Anschwellungen, welche an
der Thcilungsslcllo liegen. Diese Aeslcheii jedoch hat er nicht weiler verfolgen können, er hol keinen
Zusammenhang derselben (mit den glatten Muskelfasern nacligewiesen, ühcrliaiipt dio muskulösen
Zellen jedenfalls keiner genaueren Untersuchung iinlerzogeii, wio eine Abbildung, welche er davon in
der oben orwälintcii Arbeit gieht, vollsländig beweist. Bis zu der Grenze jedocli, die er durch seine
Untersuclinngen erreichte, slinimc ich mit iinn über den Ban der blassen Fasern vollkommen überein.
Von deutschen Forschern wurden die cigenlhümlicheii Rcsnllale der B e a l e ’sehen Untersuclinngen in
den verschiedensten Gebieten der Histologie lange Zeit bezwcifcK. Fs lässt sich nicht leugnen, dass
manche seiner Behauptungen sonderbar und unwahrsclieiiilich, Einzelnes crwicseiicrmaassen falscii gewesen
ist. Die Unlcrsiiclning jedoch über die Vcräsleliing der blassen Nervenfasern kann ich durchaus
bcsiaiigeii und ihm gebührt das entschiedene Verdienst, sic zuerst dcmoiislrirt zu haben, nicht
bloss in der Blase, sondern auch an den Gefässen, wo sic II!s und A rn o ld später ebenfalls nach-
wiescn. Auch K leb s bringt wesentlich dasselbe, und nur in einem Punkt weicht er vollständig von
B e a te ah, nämlich in der Darslellung der Formen der zuletzt besprochenen feinsten Fasern.
K le h s giebt nämlich an, dass die feinsten „inlramuskulärcn“ Fasern gewöhnlich varicös seien, dass
sie nach einer dicholomischen Spallung stets ihre gleich breilen Aesle iu cntgegeiigcselzler Riclilimg
senden, so dass jede Zweigfaser mit der Slammfaser einen rechten AVinkcl bildet. Jeder dieser Zwclgo
soll nach längerem Verlauf wieder umbiegen und zwar parallel dem sich entfernenden Aste Zurückläufen,
darauf in derselben AA oisc verschmelzen, sich dann wieder Iheilen und so ein Nclz von langen,
schmalen Maschen bilden »). Diese Besclireihung ist mir unverständlich, Maschen sah ich an Frä-
paraleii nie, aber auch auf den Ahhildungen von K le b s sind sie niclit dargeslellt und die gegebene
Beschreibung macht sie mir deshalb nicht wahrscheinlicher. Die Anscliwellmigeii slellen seine .Abbildungen
bald als Varicositäten im Verlauf der Faser, bald als Knötchen der Thcilungssicllcn dar.
Es ist mir aber sehr wahrscheinlich, dass K leb s on einzelnen dieser knolciiarligcn Anschwellungen
den Abgang von Seilenäslclieii übersah; ich wenigstens sah dio Knötchen nur an einer Bifurcalion.
Möglicherweise aber könnten auch durch die Behandlung des Präparates hei K le b s A’aricosiläleii entstanden
sein 2) und dies wird um so walirschcinliclier, wenn man dio Maassc vergleicht, welche er für
diese Nerven angiebl, die mit meinen feinsten glatten Fasern sliimnen. AA io ich schon erwähnte, ver-
laiifcii Fasern von der angegebenen Stärke oll über weile Strecken, z. B. über die Breite eines
ganzen Mnskelfaserzugs, olme irgend einen Scileiiast abzngcbeii und niemals sah ich dann dieselben
varicös, wie K leh s sie auf Tat. VI Fig. I I und 15 abbildel. Die A'crdickungen an den Thcilungs-
stcllcii aber linden sich immer, nur erschienen sic mir nicht als dreieckige, sondern als ovale Knötchen,
die nach wicdcrhollen Tlicilimgcu der Faser an Grösse noch ahnehincn; diese ovalen Knötchen aber sind
enlscliiedcn keine Varicositäten, denn sie finden sich in Präparaten, wo dio erwähnten Nerven ganz pa-
rallelraiidig sind und linden sich überdiess, so viel ich sehe, nur an Slcllen, wo Theilungen slallfiudcii;
wie wir sehen werden, erleichtern diese Knötchen das Änfsuchen der letzten Nervenendigungen an
den Mnskclfascrn ausscrordenllich; ihre Enlfcrnung von einander helrägt be! Kaniiiclicn meist
1) K l o b s (Virchow’s Archiv- Bd. 33 S. 189) b e sp rich t w ö rtlic h dio Versw o isu n g en fo lg en d e rm aa ssen : „Sie th eilen sich
in d e r A rt , d a ss eine F a s e r in zwei solche von ziemlich gle ich h leib en d cr B re ite z e rfä llt. An d e r Tlicilungsstclle b ild e t die
F a so r g ewö hnlich eine kleine dreieckige A n schw e llu n g , un d die Aeste g eh en z u e rs t in g e ra d e en tg eg e n g e se tz te r Richtung aus
e inander, so d a ss je d e r einen rech ten AVinkel mit d e r Stamm faser b ild e t; se h r b a ld a b e r hingen sie w ie d e r in eine d e r le tz te ren
p a ra llo io Richtung um , verschmelzen dann in d e rse lb e n W e is e , th e ilen sich vo n Neuem und b ild en so ein Netz mit lan g en
schmalen Maschen,
3 ) Dor E in iv u rf H c i i l e ’s, d e r dio nervüso N atur d e r von K l e b s bescliriobcnen F a se rn b e s tre ite t, scheint mir vollkommen
o n g o rcchtfcrtigt, da K l e b s ih ren Zusammenhang mit g anz en tsch ied en en N ervenfa sern nachAveist.