Bl i c k in die Wi s s e n s c h a f t .
Der llrbeginn aller K u n s t uml der feste Boden, anf dem sie ruht und gedeiht nnd
sich zu einer das Gemttth eriiuickenden Blitthe entfaltet, das ist — d ie S c h iin h e it ! —
Anfang nnd Knde, Centrnm und reripherie für die W i s s e n s c h a f t und die gtlnstige
Atmosphäre, in welcher sie sich entwickelt und zur reifgcwordeneu Fruclit endlich zu gedeihen
vennag, das ist — d ie W a h r h e i t ! —
Alle Vorbilder aber für Kunst und für Wissenschaft, alle jene göttlichen Typen der
Schönheit und Wahrheit, durch welche Gott selbst vom Anbeginn an zu den Menschen gesprochen,
sie sind — wie selbst Christus gelehrt hat — u r s p r ü n g l i c h anderswo nirgends
zu finden, als — in d e r N a tu r ! —
Diese Natur ist die reine, göttliche Urquelle der ew ig e n W a h r h e i t , wie der
ew ig e n S c h ö n h e i t , sie ist die Ur-Bedinguug für die V e r e d lu n g d e r M e n s c h h e i t —
Das ganze Studium der Natur, wenn es w a h r nnd r i c l i t ig aufgefasst wird, ist nichts
anderes, als die — E r k e n n t n i s s d e r u r g e s e t z l i c l i c n S t e i g e r u n g d e r B e d e u tu n g
n n d W ü r d e d e s o r g a n i s c h e n L e h e n s ! —
Reines Gemüth, kräftiger Wille für das Wahre, Gute und Schöne und klarbewussto
Hoffnung, sind endlich in ihrem Vereine — d ie K r o n e d e s o r g a n i s c h e n L e b e n s d e r
s e l b s t b e w u s s t g ew o r d e n e n , d e n k e n d e n M e n s c h h e i t! —
Abhängig von diesen Sätzen bleibt, wie alle Wissenschaft, auch d ie s p c c i e l l e
N a tu r k u n d e — und sie insbesondere.
Ihre feste Basis ruht einzig und allein auf — S c h ö n h e i t und W a h r h e i t !
Mag icdes Individuum diese Schönheit und Wahrheit aus sich rcflectiren, so muss
doch dieser Reflex so lange für uns rätliselhaft bleiben, bis eine G o s a m m t -Anschauung des
Ganzen erlangt worden ist nnd vermocht h at, den Z u s am m e n h a n g aller seiner Thcile
k l a r z u b e l e u c h t e n .
Das Urprinzip solchen Zusammenhanges ist lUc N a tu r s e l b s t , cs ist jene In a s
alles Entstehens und Werdens, aller Entwickelung und alles Bestehens bis an das Ende, das
ist d a s a l t e R ä t h s e l d e r W e l t , d a s i s t d e r Y e r n u n f t s c b l u s s d e r d c n k f ä h ig e n
M e n s c h h e i t! — r . ■ i
Alle Zerstückelung der Natur und alles Beginnen von liinten, alles Würfelspiel mit
e in z e ln e n sogenannten C h a r a c t e r c n , führt niemals zum ruhigen und beruhigenden
schlusse h in , denn hinter dem Spieler steht wieder ein anderer uud fasst diese oder andere
e i n z e ln e Charactere, wiederholt in den Decher und würfelt wieder in anderer Stellung sic
aus nnd das Resultat ist immer wieder — e in n e u e s k ü n s t l i c h e s S tü c k w e r k !
Nur bei der strengen Beachtung a l l e r Charactere in F o rm u n d in L e b e n und bei
N a c b w e is u n g ihres ty p i s c h e n Auftretens und ihrer r e p r ä s c n t a ü v c n Ersclieiming und
Wiederholung, vorwärts und rückwärts, ist es denkbar, ein System in d e r N a tu r s e ll is l
auffinden zu können, welches das ist, was es sein soll. - e in t r e u e s A iih i d u n d e in
M i t t e l f ü r d ie E r k e n n t n i s s d e r S t e ig e r u n g d e r B e d e u tu n g u n d W u rd e des
o r g a n i s c h e n L e b e n s ! —
Die
Fo r t s e t zu n g * ' d e r S i i io 'Yö^ e l
Herrn
D*- JEAN CABANIS
in
tuis walii-er H ü c lia c h liin g
gewillniot
VOÜl
V e rfa s s e r.
D r c « i c n , D r u c k v o n E . n io c h m a n u & S o h n .